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Konzernrestrukturierung mit Marketingfunktionsverlagerung

BMFBMF-010221/0696-IV/4/201015.3.20102010

EAS 3140

Beachte:
Die gegenständliche EAS-Auskunft wurde mit Inkrafttreten der Verrechnungspreisrichtlinien 2021 zur Gänze unanwendbar (vgl. VPR 2021 Abschnitt 5.1.).

Bezieht eine österreichische Vertriebstochtergesellschaft nach einer großräumigen Konzernreorganisation die Konzernprodukte nicht mehr von ihrem bisherigen Konzernlieferanten, sondern von einer schweizerischen Konzerngesellschaft, auf die im Zuge der Reorganisation bisher von Österreich aus wahrgenommene Marketingfunktionen übergegangen sind und vermindert sich dadurch der Reingewinnsatz der österreichischen Gesellschaft von bisher durchschnittlich 10% auf 2,5%, so wird zu prüfen sein, ob diese Reorganisation unter Wahrung des sich aus Artikel 9 DBA-Schweiz ergebenden Fremdvergleichsgrundsatzes erfolgt ist.

Wird nach Belieferung aus der Schweiz eine wesentliche Erhöhung der Wareneingangspreise festgestellt, dann liegt ein offenkundiger Verstoß gegen den Fremdvergleichsgrundsatz vor. Denn es entbehrt jeder kommerziellen Logik, dass ein und dasselbe Produkt nur deshalb wertvoller und demzufolge teurer wird, weil es von einer anderen Konzerngesellschaft bezogen wird. Eine solche gravierende Preissteigerung kann auch nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass im Zuge der Reorganisation wichtige Marketingfunktionen von Österreich in die Schweiz verlegt worden sind.

Im Übrigen wird bei einer Übertragung solcher wichtiger Funktionen von einem ordentlichen Geschäftsführer in einer fremdüblichen Situation darauf Bedacht genommen, dass der mit der Funktion betraute Marketingdienstleister (hier: das schweizerische Unternehmen) den Charakter als Dienstleister bewahrt und dass die Verhandlungsposition des die Funktion übertragenden Unternehmens (hier: der österreichischen Vertriebstochtergesellschaft) für die Preisgestaltung erhalten wird und sich damit seine Ertragskraft nicht verschlechtert, sondern im Gegenteil verbessert.

Es ist aber einzuräumen, dass in dem Ausmaß, in dem es zu einer solchen Funktionsverlagerung gekommen ist, eine Entlastung der österreichischen Vertriebsgesellschaft von diesen für sie wichtigen Funktionen eintritt und dass daher die österreichische Gesellschaft eine für sie notwendige und daher abzugeltende Dienstleistung von der schweizerischen Gesellschaft bezieht. Die hierfür zu leistende Abgeltung wird sich aber an den der österreichischen Gesellschaft ersparten Marketingkosten zu orientieren haben.

Bei dem hier behandelten Sachverhaltsbild wird sich daher dann, wenn dieselben Produkte wie vor der Konzernumstellung in Österreich vertrieben werden und wenn die Verrechnungspreise in der Vergangenheit als fremdüblich anzuerkennen waren, an den Warenbezugspreisen nichts Wesentliches ändern dürfen. Es wird allerdings nicht zu beanstanden sein, wenn diese Bezugskosten im Wege eines offenzulegenden Vorteilsausgleiches so erhöht werden, dass damit die (kostenorientierte) Abgeltung der für die Vertriebstochter wichtigen Marketingleistungen stattfindet.

Bundesministerium für Finanzen, 15. März 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 9 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975

Schlagworte:

Funktionsverlagerung, Vorteilsausgleich, Fremdvergleich, Verrechnungspreise

Verweise:

VPR 2021, Verrechnungspreisrichtlinien 2021 Abschnitt 5.1.

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