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6.3 Gewinnverwirklichung

BMFBMF-010203/0704-VI/6/200911.12.2009

6.3.1 Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung

Rz 2153
Aus § 6 EStG 1988 ergibt sich, dass nur verwirklichte Gewinne der Besteuerung unterliegen. Die Gewinnverwirklichung tritt grundsätzlich bei der Veräußerung oder dem sonstigen Ausscheiden eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen ein.

Gewinnrealisierung tritt ein, wenn der Abnehmer das wirtschaftliche Eigentum erwirbt (VwGH 8.3.1994, 93/14/0179).

6.3.2 Schwebende Rechtsverhältnisse

Rz 2162
Bei zweiseitig verbindlichen Verträgen, die noch von keiner Seite erfüllt wurden (schwebende Geschäfte), gilt der Grundsatz, dass sich die gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten wechselseitig ausgleichen und daher buch- und bilanzmäßig nicht zu berücksichtigen sind (VwGH 6.11.1968, 1637/66; VwGH 28.4.1970, 1296/68). Die bilanzmäßige Erfassung der Anzahlungen hat keinen Einfluss auf den Schwebezustand (siehe Rz 2327 f).

6.3.3 Dauerschuldverhältnisse

Rz 2163
Im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen erfolgt die Gewinnrealisierung im Umfang der anteiligen Leistungserbringung. Es ist daher wesentlich, ob Leistungen zeitpunkt- oder zeitraumbezogen erbracht werden (VwGH 18.1.1994, 90/14/0124).

Mieterträge sind unabhängig vom Abrechnungs- und Zahlungszeitpunkt zeitanteilig zu realisieren.

Wird das Entgelt leistungsabhängig berechnet (zB nach den gefahrenen Kilometern), sind bei der Bilanzierung Kenntnisse über das Ausmaß der Nutzung durch den Mieter zu verwerten.

Einzelfälle:

Abgrenzbare Teilleistungen

Rz 2154
Die allgemeinen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung umfassen auch die Bewertungsgrundsätze, wozu auch das Realisationsprinzip zählt. Danach dürfen Gewinne erst ausgewiesen werden, wenn sie realisiert sind. Gewinnrealisierung darf erst angenommen werden, wenn der Gewinn durch einen Umsatz verwirklicht, also die Leistung erbracht ist. Bei Dauerschuldverhältnissen erfolgt sie pro rata temporis; die Gewinne werden bei solchen durch kontinuierliche Leistungserbringung gekennzeichneten Vertragsverhältnissen laufend nach Maßgabe der Leistungserbringung realisiert und sind daher jedenfalls zum jeweiligen Bilanzstichtag auszuweisen (VwGH 29.04.2003, 99/14/0112VwGH 06.07.2006, 2003/15/0123).

Bei Erbringung abgrenzbarer Teilleistungen wird mit dem Abschluss jeder einzelnen Teilleistung der darauf entfallende Gewinnanteil verwirklicht.

Die von einem Wirtschaftstreuhänder besorgte laufende Führung von Büchern, die Lohnverrechnung und die Errechnung monatlich abzuführender Abgaben stellen abgrenzbare Teilleistungen dar; dies selbst dann, wenn sich an diese Tätigkeiten die Erstellung des Jahresabschlusses und die Ausfertigung der Abgabenerklärungen anschließen. Der auf die genannten Teilleistungen entfallende Gewinnanteil ist bei buchführenden Wirtschaftstreuhändern ungeachtet des Zeitpunktes der Ausstellung der Honorarnote jeweils am Ende des betreffenden Kalenderjahres zu aktivieren (VwGH 1.12.1981, 81/14/0017).

Dies gilt sinngemäß für abgrenzbare und abrechenbare Teilleistungen anderer buchführender Freiberufler (zB VwGH 16.2.1962, 0005/59).

Abgrenzbare und abrechenbare Teilleistungen sind auch bei Wiederkehrschuldverhältnissen, Sukzessivlieferungsverträgen und Dauerwartungsverträgen anzunehmen.

Bei Bauleistungen ist für die Gewinnrealisierung auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums in Form der Übertragung der faktischen Verfügungsmöglichkeit abzustellen. Der Zeitpunkt der Legung der Schlussrechnung ist nicht maßgeblich. Vielmehr ist aus dem Gesamtbild der Verhältnisse der Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht zu ermitteln (VwGH 6.7.2006, 2003/15/0123).

Werden im Rahmen langfristiger Fertigungen (insbesondere Bauleistungen, die in mehrere Wirtschaftsjahre fallen) keine abgrenzbaren Teilleistungen erbracht, ist im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 eine Gewinnrealisierung erst im Zeitpunkt der Lieferung (Abnahme) vorzunehmen.

Eine abgrenzbare Teilleistung liegt bspw. bei der Fertigstellung eines von mehreren herzustellenden Reihenhäusern vor. Vor der Fertigstellung sind unvollendete, nicht abgerechnete Bauvorhaben mit den Herstellungskosten der teilfertigen Bauten anzusetzen. Von einer Fertigstellung kann nur ausgegangen werden, wenn im Gesamtgefüge des Geschäfts den ausstehenden Arbeiten eine zu vernachlässigende Bedeutung zukommt und der auf die ausstehenden Arbeiten entfallende Betrag eine zu vernachlässigende Höhe ausmacht (VwGH 15.2.1994, 93/14/0175). Der tatsächlichen Abrechnung kommt für die Realisation keine besondere Bedeutung zu (VwGH 19.9.1989, 89/14/0119).

Die ausständige Montageüberwachung über den Zeitpunkt des Eigentumsüberganges hinaus rechtfertigt ein Hinausschieben des Realisierungszeitpunkts nicht. Dafür ist durch eine Rückstellung vorzusorgen.

Annahmeverweigerung durch den Abnehmer

Rz 2155
Im Fall der Annahmeverweigerung durch den Abnehmer tritt keine Gewinnrealisierung ein.

Ergebnisse aus Mitunternehmeranteilen

Rz 2156
Ergebnisse aus Anteilen an Mitunternehmerschaften, die in einem Betriebsvermögen gehalten werden, sind dem Mitunternehmer unmittelbar zuzurechnen und beeinflussen in der jeweiligen Höhe den Beteiligungsansatz im Jahresabschluss (Spiegelbildtheorie); siehe Rz 2249 und 2341.

Kauf unter aufschiebender Bedingung

Rz 2157
Beim Kauf unter aufschiebender Bedingung (bspw. Kauf auf Probe) tritt Gewinnrealisierung erst mit Eintritt der Bedingung ein (VwGH 28.4.1967, 1818/66), es sei denn, das wirtschaftliche Eigentum ist schon vorher auf den Käufer übergegangen (VwGH 26.3.2003, 97/13/0052; VwGH 22.9.1981, 0217/80).

Kaufvertrag

Rz 2158
Bei Kaufverträgen ist der Zeitpunkt der Realisierung im Regelfall jener der Übertragung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht. Dies gilt auch für den Kauf unter auflösender Bedingung (VwGH 3.5.1983, 82/14/0243, betr. Kauf unter Eigentumsvorbehalt).

Realisierung der Gewinne aus Kapitalgesellschaften

Rz 2159
Siehe Rz 2339.

Tausch

Rz 2160
Der Tausch eines Wirtschaftsgutes gegen ein anderes stellt steuerlich eine Veräußerung des hingegebenen und eine Anschaffung des im Tauschwege erworbenen Wirtschaftsgutes dar. Das erworbene Wirtschaftsgut ist gemäß § 6 EStG 1988 mit den Anschaffungskosten zu bewerten, wobei die Anschaffungskosten gleich sind dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes (siehe Rz 2588 ff). Durch den Tausch wird in der Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Buchwert des hingegebenen Wirtschaftsgutes und seinem gemeinen Wert ein Gewinn realisiert (VwGH 22.6.1976, 0529/74).

Zuschüsse von dritter Seite, Subventionen

Rz 2161
Zuschüsse von dritter Seite (zB Subventionen) sind bei Vorliegen aller Voraussetzungen zu realisieren. Dies gilt auch für Zuschüsse in Form von Wirtschaftsgütern. Sind Zuschüsse an eine Leistungserbringung geknüpft, wird mit der Leistungserfüllung auch der Zuschuss realisiert (zB Zuschüsse zur Preisauffüllung). Dienen Zuschüsse zur Deckung eines bestimmten Aufwandes, ist der Zuschuss im Aufwandsentstehungszeitpunkt zu realisieren (zB Zinsenzuschüsse). Werden Zuschüsse ohne Rückzahlungsverpflichtungen für bestimmte Zwecke gewährt, fallen Zufluss- und Realisierungszeitpunkt zusammen (VwGH 29.10.1974, 1141/74). Private Zuschüsse (zB Baukostenzuschüsse, Investitionszuschüsse einer Getränkefirma, Umzugskostenvergütungen) sind unabhängig von ihrer unternehmensrechtlichen Beurteilung steuerlich als Ertrag auszuweisen (VwGH 18.1.1994, 90/14/0124; VwGH 6.5.1975, 1703/74; VwGH 25.10.1994, 94/14/0080).

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