3.3.4.1 Übertragungsmöglichkeiten
Zwischensteuerpflichtige Überschüsse (= aufgedeckte stille Reserven) aus Beteiligungsveräußerungen im Sinne des § 31 EStG 1988 können im Jahr der Realisierung zur Gänze oder teilweise übertragen werden entweder- auf eine im selben Veranlagungsjahr angeschaffte Beteiligung an einer inländischen oder ausländischen Körperschaft (zum Anteilsbegriff siehe EStR 2000 Rz 6667, zum Begriff der Anschaffung siehe EStR 2000 Rz 6620 f), deren Ausmaß mehr als 10 Prozent sein muss, oder
- auf einen steuerfreien Betrag, der innerhalb von 12 Monaten ab Beteiligungsveräußerung entweder zwischensteuerpflichtig aufgelöst werden muss oder auf eine neu angeschaffte, mehr als 10-prozentige Beteiligung übertragen werden kann.
Beispiel:
Die Privatstiftung erzielt nichts anderes als einen Überschuss aus einer Beteiligungsveräußerung von 1.500 und tätigt eine Zuwendung von a) 2.000, b) 500. Kapitalertragsteuer wird abgeführt. Im Fall a) kann es zu keiner Übertragung von stillen Reserven mehr kommen, im Fall b) können 1.000 entweder zur Gänze oder teilweise übertragen oder der Zwischenbesteuerung unterworfen werden.
Beispiel:
Die Privatstiftung erzielt einen Zinsertrag von 2.000 sowie einen Überschuss aus einer Beteiligungsveräußerung von 1.500. Die Zuwendungen betragen im selben Veranlagungsjahr 2.200. Für 2.000 Zinserträge und einen Anteil am Überschuss aus der Beteiligungsveräußerung von 200 fällt keine Zwischensteuer an. Der verbleibende Überschuss aus der Beteiligungsveräußerung in Höhe von 1.300 kann wahlweise
- zur Gänze oder teilweise auf eine im selben Veranlagungsjahr angeschaffte Beteiligung von mehr als 10 Prozent übertragen werden,
- zur Gänze oder teilweise auf einen steuerfreien Betrag übertragen werden,
- der Zwischenbesteuerung unterworfen werden.
3.3.4.2 Ersatzanschaffung
Ein Beteiligungserwerb von mehr als 10 Prozent liegt vor, wenn die Privatstiftung eine entsprechende Beteiligung im Kalenderjahr der Realisierung der stillen Reserven entgeltlich erwirbt oder zusätzlich zu einer schon bestehenden Beteiligung neue Anteile an dieser Körperschaft im genannten Mindestausmaß erwirbt. Die Gewährung eines Zuschusses an eine bereits existente Tochtergesellschaft oder Enkelgesellschaft der Privatstiftung erhöht lediglich die Anschaffungskosten dieser Gesellschaft, stellt allerdings keine Anteilsanschaffung, wie in § 13 Abs. 4 KStG 1988 gefordert, dar. Dagegen ist ein im Zuge einer Kapitalerhöhung geleistetes Agio (siehe KStR 2001 Rz 673) als Anteilsanschaffung zu qualifizieren.Beispiel:
Die Privatstiftung A gründet am 06.06.03 die Z-AG als Alleingesellschafterin. Am 22.04.04 veräußert A eine Tochterbeteiligung und deckt dabei stille Reserven in Höhe von 10.000.000 auf, die ihr am 31.05.04 zufließen. Im Jahr 04 gewährt sie der Z-AG Zuschüsse in einer Gesamthöhe von 7.000.000.
Am 11.04.05 wird eine Kapitalerhöhung in Höhe von 160.000 beschlossen.
Datum | Stille Reserven aus Veräußerung | Gründung u. Kapitalerhöhung Z-AG | Zuschuss an Z-AG |
06.06.03 | 70.000 | ||
22.04.04 | 10.000.000 | ||
28.02.04 | 3.500.000 | ||
15.11.04 | 3.500.000 | ||
11.04.05 | 160.000 |
Da die Gründung im Kalenderjahr 03 erfolgt ist und im Kalenderjahr 04 ausschließlich Zuschüsse gegeben wurden, die zwar die Anschaffungskosten der Anteile an der Z-AG von 70.000 auf 7.070.000 erhöhen, aber keinen Anschaffungsvorgang im Sinne des § 13 Abs. 4 KStG 1988 darstellen, können die realisierten stillen Reserven weder auf die im Zuge der Gründung geleistete Einlage noch auf die Zuschüsse an die Z-AG übertragen werden. Es besteht allerdings die Möglichkeit, einen steuerfreien Betrag zu bilden. Dieser kann im Jahr 05 im Ausmaß von 160.000 auf die Kapitalerhöhung übertragen werden. Die übrigen 9.840.000 unterliegen der Zwischenbesteuerung.
In die 20 Prozent-Mindestbeteiligungsquote sind auch Stifter sowie Begünstigte einzubeziehen, sodass der gesamte Nahebereich der Privatstiftung abgedeckt ist. Der Ausschluss greift daher auch dann, wenn Privatstiftung, Stifter und Begünstigte die 20 Prozent-Schwelle nur gemeinsam erreichen (überschreiten), wobei auch mittelbare Beteiligungsverhältnisse zu berücksichtigen sind. Anzuwenden ist diese Ausschlussbestimmung auf Anschaffungen nach dem 31.12.2007.
Beispiel:
a) Der Stifter A (natürliche Person) hält 15 Prozent an der ungarischen X-Kft. Die von ihm errichtete Privatstiftung B (B-PS) hält 100 Prozent an der Z-GmbH und 100 Prozent an der Holding-GmbH, die wiederum ihrerseits 10 Prozent an der ungarischen X-Kft hält. Im Jahr 08 veräußert die B-PS die 100 Prozent-Beteiligung an der Z-GmbH und lukriert stille Reserven in Höhe von 1.000. Im selben Jahr kauft die B-PS vom Stifter die 15 Prozent und die 10 Prozent von ihrer Holding-GmbH.
Auf die von der Holding-GmbH erworbene 10 Prozent-Beteiligung ist eine Übertragung der stillen Reserven nicht möglich, da die Holding-GmbH eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Privatstiftung ist.
b) Der Stifter A (natürliche Person) hält 0,9 Prozent an der ungarischen X-Kft. Die von ihm errichtete Privatstiftung B (B-PS) hält 100 Prozent an der Z-GmbH. Im Jahr 08 veräußert die B-PS die 100 Prozent-Beteiligung an der Z-GmbH und lukriert stille Reserven in Höhe von 1.000. Im selben Jahr kauft die B-PS von einem fremden Dritten 10 Prozent Anteile an der ungarischen X-Kft sowie die 0,9 Prozent vom Stifter um 1.000. Da die für den Ausschluss maßgebliche Verflechtung von mindestens 20 Prozent nicht erreicht ist, können die aufgedeckten stillen Reserven übertragen werden.
- ein Anteilserwerb von mehr als 10 Prozent im Rahmen der Gründung einer Kapitalgesellschaft bzw. Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft
- ein Anteilserwerb im Rahmen einer ordentlichen Kapitalerhöhung, wenn dadurch
- ein Beteiligungsausmaß von mehr als 10 Prozent erreicht wird oder
- das bestehende Beteiligungsausmaß um mehr als 10 Prozent erhöht wird, oder
- bei einer schon bestehenden mehr als 10-prozentigen Beteiligung nur vom Bezugsrecht Gebrauch gemacht wird und eine verhältniswahrende Kapitalerhöhung, bezogen auf das Grund- oder Stammkapital vor der Kapitalerhöhung, um mehr als 10 Prozent erfolgt.
- Als Anschaffungszeitpunkt gilt (bereits) der Beschluss zur Kapitalerhöhung, wenn die Teilnahme der Privatstiftung im entsprechenden Ausmaß gesichert ist.
Der Erwerb einer Beteiligung von mehr als 10 Prozent an einer Körperschaft ist auch dann gegeben, wenn das Ausmaß durch mehrfache Anschaffungsvorgänge an ein und derselben Kapitalgesellschaft bzw. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft im Veranlagungsjahr oder im Wege einer Teilübertragung eines Fehlbestandes bis zum Ablauf der Zwölfmonatsfrist erreicht wird.
Das Erfordernis einer fristgerechten Ersatzanschaffung im Sinne des Vorabsatzes von mehr als 10 Prozent ist nur dann als erfüllt zu betrachten, wenn die Ersatzbeteiligung zumindest bis zum Ende des Kalenderjahres der (abgeschlossenen) Anschaffung gehalten wird.Die Übertragung der stillen Reserven vermindert die Anschaffungskosten der neu erworbenen Beteiligung. Sind die Anschaffungskosten für die im selben Jahr erworbene mehr als 10-prozentige Beteiligung geringer als die übertragungsfähigen stillen Reserven, können die restlichen stillen Reserven einem steuerfreien Betrag zugeführt werden.Beispiel:
Die Privatstiftung erzielt einen Zinsertrag von 2.000 sowie einen Überschuss aus einer Beteiligungsveräußerung von 1.500. Die Zuwendungen betragen im selben Veranlagungsjahr 2.200. Im selben Veranlagungsjahr wird eine mehr als 10-prozentige Beteiligung um 400 angeschafft. Für 2.000 Zinserträge und einen Anteil des Veräußerungsüberschusses von 200 fällt keine Zwischensteuer an. Der verbleibende Überschuss aus der Beteiligungsveräußerung in Höhe von 1.300 kann wahlweise
- auf die neuangeschaffte Beteiligung übertragen und der Rest von 900 einem steuerfreien Betrag zugeführt werden oder
- der Zwischenbesteuerung unterworfen werden, oder
- sofort zur Gänze der Zwischenbesteuerung unterworfen werden.
Beispiel:
Der Überschuss aus der Veräußerung einer Beteiligung beträgt 1.000. Die Privatstiftung zeichnet im Rahmen einer ordentlichen Kapitalerhöhung nach Bezugsrechtserwerb Aktien im Ausmaß von 12 Prozent um 500 und hat ein Agio in Höhe von 600 zu leisten. Die Übertragung stiller Reserven ist damit gegeben, da Anschaffungskosten von 1.100 angefallen sind. Die steuerlich maßgebenden Anschaffungen der Aktien betragen 100.
Kommen anlässlich der Anteilszeichnung der Körperschaft freiwillig erbrachte Mehrleistungen (Einlagen) zu, kann auch dadurch die Übertragung stiller Rücklagen erreicht werden.
Beispiel:
Der Überschuss aus der Veräußerung einer Beteiligung beträgt 10.000 €. Die Privatstiftung nimmt bei der ihr zu 100 Prozent gehörenden Tochter-GmbH (Nennkapital 35.000 €) eine ordentliche Kapitalerhöhung von 3.600 € vor und leistet - um die gesamten aufgedeckten stillen Reserven übertragen zu können - im Rahmen der Kapitalerhöhung einen freiwilligen Gesellschafterzuschuss in Höhe von 6.400 €, der auf ungebundene Kapitalrücklage eingestellt wird. Die steuerlich maßgebenden Anschaffungskosten der neuen Beteiligung betragen diesfalls Null.