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Planungsarbeiten einer kanadischen Innenarchitektengemeinschaft bei einer Hotelerrichtung in Österreich

BMFBMF-010221/2605-IV/4/200810.10.20082008

EAS 3004

Werden die Planungsarbeiten für die Inneneinrichtung eines Hotels, dessen Errichtung von einer österreichischen GmbH beabsichtigt ist, an eine (in Österreich und in Kanada als transparent behandelte) kanadische "partnership" vergeben, deren Gesellschafter zwei kanadische Kapitalgesellschaften sind, dann sind bei der Beurteilung der steuerlichen Behandlung der an die kanadische Personengesellschaft fließenden Entgelte vor allem folgende Aspekte zu beachten:

Angesichts der Transparenz der kanadischen "partnership" sind die nach Kanada fließenden Einkünfte den beiden Gesellschafter-Kapitalgesellschaften der "partnership" steuerlich zuzurechnen; es liegen damit gewerbliche Einkünfte dieser beiden Kapitalgesellschaften (und nicht Einkünfte der für die Kapitalgesellschaften arbeitenden Innenarchitekten) vor. Es kommt daher auf diesen Einkünftefluss Artikel 7 und weder Artikel 14 noch Artikel 15 des DBA-Kanada zur Anwendung. Artikel 7 belässt Österreich nur dann ein Besteuerungsrecht an diesen Einkünften, wenn diese Kapitalgesellschaften ihre Einkünfte in einer österreichischen Betriebstätte im Sinn des Artikels 5 des Abkommens erzielen.

Nach Auffassung des BM für Finanzen stellt die Gestaltung der Inneneinrichtung im Zuge der Errichtung eines Hotels noch einen Teil der "Bauausführung" dieses Hotels dar und begründet daher auch für die diesbezüglichen Planungsarbeiten eine inländische Baubetriebstätte, wenn diese Planungsarbeiten an der Baubetriebstätte ganz oder teilweise für einen 12 Monate übersteigenden Zeitraum erbracht werden, wobei zwischenzeitige Abwesenheiten weder zu einer Unterbrechung noch zu einer Hemmung des Fristenlaufes führen. Ist es allerdings so, dass die gesamte Planungsarbeit in den kanadischen Büros der Innenarchitektengemeinschaft durchgeführt wird und dass in Österreich nur sporadische Kontakte mit der auftraggebenden österreichischen GmbH stattfinden und dass diese zudem von untergeordneter Relevanz sind, dann wird nicht von einer inländischen Baubetriebstätte gesprochen werden können. Sollte hingegen den Architekten der beiden kanadischen Kapitalgesellschaften dauerhaft ein Musterzimmer in Österreich zur Verfügung gestellt werden, in dem sie vor Ort die verschiedenen Einrichtungsvarianten darstellen können, dann deutet dies auf eine intenisvere Mitwirkung an der Bauausführung in Österreich hin, die betriebstättenbegründend wirken könnte. Ob der eine oder der andere Fall vorliegt, ist allerdings eine Sachverhaltsfrage, deren Beurteilung dem zuständigen Finanzamt vorbehalten bleiben muss.

Weiters ist zu klären, ob die auftraggebende österreichische GmbH eine Haftungsverpflichtung für die Einbehaltung der 20-prozentigen Abzugssteuer nach § 99 EStG 1988 treffen kann. Diese Frage ist nicht nur dann von Relevanz, wenn das Abkommen das Besteuerungsrecht wegen Bestandes einer Baubetriebstätte Österreich zuweist, sondern auch dann, wenn das DBA zur Steuerentlastung verpflichtet. Denn im zweiten Fall könnte eine Steuerfreistellung nur nach den Regeln der DBA-Entlastungsverordung, BGBl. III Nr. 92/2005, herbeigeführt werden.

Die Steuerabzugsverpflichtung trifft gemäß § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sämtliche Vergütungen, die an beschränkt steuerpflichtige "Architekten" gezahlt werden. Der Begriff "Architekt" erfasst hierbei nicht nur Ziviltechniker-Architekten, sondern auch Innenarchitekten (siehe auch VfGH 07.10.1974, B 342/73, Doralt, EStG, Rz 8 zu § 99).

Der Begriff kann sich aber nur auf natürliche Personen, nicht auch auf Kapitalgesellschaften beziehen; und zwar auch dann nicht, wenn diese durch ihre Dienstnehmer oder durch Subauftragnehmer Architektenleistungen erbringen. Eine Kapitalgesellschaft kann daher wohl Architektenleistungen erbringen, kann indessen nicht selbst als "Architekt" angesprochen werden.

Allerdings ist weiters zu beachten, dass auch dann, wenn die Vergütungen den beiden kanadischen Kapitalgesellschaften als deren Einkünfte zuzurechnen sind, sich aus dem letzten Satzteil des § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 ein "Architektendurchgriff" ergibt, der zur Folge hat, dass der "Architektenanteil" in den nach Kanada gezahlten Vergütungen der Abzugsbesteuerung unterliegt (siehe die vergleichbare Situation bei einem "Künstlerdurchgriff" nach § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 in EStR 2000 Rz 8013). Dieser "Architektendurchgriff" kann allerdings auch dann, wenn die kanadischen Kapitalgesellschaften ihre Leistungen durch Subauftragnehmer erbringen, nicht zur Anwendung kommen, weil die als Subauftragnehmer wirkenden Innenarchitekten Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen und daher - bei Fehlen einer inländischen Betriebstätte - nach § 98 EStG 1988 keiner beschränkten Steuerpflicht unterliegen, sodass der "Architektendurchgriff" ins Leere läuft. Denn § 99 EStG 1988 kann den in § 98 EStG 1988 festgelegten Umfang der beschränkten Steuerpflicht nicht erweitern.

Doch selbst dann, wenn eine inländische Baubetriebstätte besteht, würde das DBA-Betriebstättendiskriminierungsverbot eine Freistellung vom Steuerabzug zur Folge haben. Da in diesem Fall die Steuerabzugspflicht aber nicht durch innerstaatliches Recht, sondern durch Abkommensrecht entfällt, trifft allerdings in diesem Fall die auftraggebende österreichische GmbH die in Absatz 20 vierter Unterpunkt des Durchführungserlasses zur DBA-Entlastungsverordnung (AÖF Nr. 127/2006) aufgezeigte Dokumentationspflicht (Angabe bei welchem Finanzamt und unter welcher Steuernummer die Betriebstätteneinkünfte erfasst werden).

Zusammenfassend ist daher zu sagen, dass nur bei Bestand einer inländischen Baubetriebstätte im Sinn von Art. 5 DBA-Kanada eine inländische Steuerpflicht hinsichtlich der gezahlten Vergütungen eintreten könnte, die sodann im Veranlagungsweg wahrzunehmen ist. Bei Bestand einer Baubetriebstätte, in der im Subauftragsweg engagierte kanadische Innenarchitekten tätig sind, wäre die auftraggebende österreichische GmbH nach inländischem Recht für den "Architektenanteil" steuerabzugspflichtig; diese Abzugspflicht entfällt aber, wenn die GmbH die steuerliche Erfassung der Betriebstätteneinkünfte in Österreich durch Angabe des zuständigen Finanzamtes und der dort hierfür vergebenen Steuernummer nachweisen kann.

 

Bundesministerium für Finanzen, 10. Oktober 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 7 DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
Art. 6 DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
Art. 14 DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
Art. 15 DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
§ 99 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 98 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Innenarchitekten, Einkünftezurechnung, Steuerabzug bei beschränkter Steuerpflicht, Abzugsbesteuerung, Bauausführungen, Baubetriebstätten, 12-Monats-Frist, Architektendurchgriff, Transparenzprinzip, Betriebstättendiskriminierungsverbot

Verweise:

DBA-Entlastungsverordnung, BGBl. III Nr. 92/2005
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 8013
BMF 10.03.2006, BMF-010221/0101-IV/4/2006, AÖF Nr. 127/2006

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