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Informationen zu der am 10. Oktober 2008 in Kraft getretenen Änderung der Arbeitsrichtlinie Pornographie (VB-0900)

BMFBMF-010311/0104-IV/8/200810.10.20082008

Aus gegebenem Anlass hat das Bundesministerium für Justiz zum Begriff "Unzucht" (VB-0900 Abschnitt 1.1.) folgende Klarstellung übermittelt:

Die Beurteilung einer Schrift, Darstellung udgl. als unzüchtig hängt von deren Eignung ab, auf den mit ihr (ungewollt) konfrontierten Durchschnittsmenschen schockierend und abstoßend zu wirken. Als allgemeiner Grundsatz gilt demnach, dass das Strafrecht erst einzugreifen hat, wenn ein Verhalten vorliegt, das das Zusammenleben grob stört. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind oder nicht, ist für jeden Einzelfall gesondert zu beurteilen (OGH 6.6.1977, 13 Os 39/77 = EvBl. 1977/186).

Seit dieser Entscheidung des OGH aus dem Jahr 1977 wird zwischen absoluter Unzüchtigkeit (harter Pornographie) und relativer Pornographie unterschieden. In dieser - durch zahlreiche Folgejudikate bestätigten - Entscheidung werden (neben pornographischen Darstellungen von Unzuchtsakten mit Unmündigen) pornographische Darstellungen sexueller Gewalttätigkeiten und von Unzuchtsakten mit Personen des gleichen Geschlechts oder mit Tieren der absoluten Unzüchtigkeit zugeordnet .

Auf Grund der durch das Jugendgerichtsgesetz 1988 , BGBl. 599/1988 (Art. VII), mit 1.1.1989 geänderten Zuständigkeiten für das Pornographiegesetz war eine Befassung des OGH im ordentlichen Rechtszug nicht mehr möglich; dies erklärt das Nichtvorhandensein einer höchstgerichtlichen Judikatur seit diesem Zeitpunkt .

Nach Ansicht von Mayerhofer (Nebenstrafrecht, 3. Teil, 2. Halbband, 5. Auflage, Anm. 6 zu § 1 PornG) seien jedoch durch die seit 1989 sukzessive erfolgte Aufhebung der §§ 209 f und 220 f StGB die davor ergangenen Entscheidungen zur gleichgeschlechtlichen Darstellung, die sich auf diese Gesetzesstellen stützen, nicht mehr aufrecht zu erhalten und gleichgeschlechtliche Darstellungen daher nicht der harten Pornographie zuzuzählen.

Auch aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz ist die vom OGH seit 1977 gepflogene Beurteilung - wie schon vom Oberlandesgericht Graz in seiner Entscheidung vom 24.11.2000 (9 Bs 304/00) umfassend dargelegt - mit der doch wesentlich geänderten gesellschaftlichen Haltung und damit auch mit der im Laufe der Zeit revidierten Einstellung des Gesetzgebers zur Gleichgeschlechtlichkeit (Entfall der §§ 209 f, 220 f StGB; Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen mit der verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaft) nicht mehr vereinbar.

Die konkrete Frage, ob gleichgeschlechtliche Pornographie generell nicht mehr der harten Pornographie zuzuzählen sei, wurde vom Bundesministerium für Justiz verneint und dazu ausgeführt:

So wird - unvorgreiflich der unabhängigen Rechtsprechung - z.B. gleichgeschlechtliche Fäkalpornographie zwar nicht im Allgemeinen, aber zumindest dann als absolut unzüchtig zu beurteilen sein, wenn die fäkalpornographische Unzuchtshandlung so dargestellt wird, dass sie ohne oder gegen den Willen eines (in der Regel passiv) Beteiligten erfolgt, zumal dabei auch eine meist strafrechtlich pönalisierte Verletzung der willentlichen und/oder körperlichen Integrität eines Menschen dargestellt wird.

Ebenso absolut pornographisch werden auch Darstellungen sein, die sexuelle Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben. Diesbezüglich ist weder von einer gegenüber dem Zeitraum der letzten oberstgerichtlichen Judikatur geänderten Gesetzeslage noch von einem gesellschaftlichen Wertewandel auszugehen (vgl. dazu auch die zitierte Entscheidung des OLG Graz).

Die Arbeitsrichtlinie Pornographie wurde im Abschnitt 1.1. im Sinne der obigen Ausführungen an die gesellschaftspolitischen und legistischen Entwicklungen angepasst.

 

Bundesministerium für Finanzen, 10. Oktober 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Zoll

betroffene Normen:

Pornographiegesetz, BGBl. Nr. 97/1950
MedienG, Mediengesetz, BGBl. Nr. 314/1981

Schlagworte:

Pornographie, Unzüchtigkeit

Verweise:

VB-0900 Abschnitt 1.1
OGH 06.06.1977, 13 Os 39/77

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