EAS 3002
Engagiert ein österreichischer Veranstaltungsbetrieb über eine deutsche Künstleragentur eine australische Musikgruppe für eine Auftrittsveranstaltung, ist für die Beurteilung der ertragsteuerlichen Folgen vorweg zu klären, ob die deutsche Agentur als bloßer Vermittler handelt und daher Leistungsbeziehungen zwischen den Mitgliedern der australischen Musikgruppe und dem österreichischen Veranstalter zustande kommen oder ob die deutsche Agentur in eigenständige Leistungsbeziehungen mit dem österreichischen Veranstalter eintritt und ihrerseits - zwecks Erfüllung der mit dem österreichischen Veranstalter vereinbarten Vertragspflichten - selbst einen weiteren Vertrag mit der australischen Musikgruppe (bzw. deren Mitgliedern) abschließt.
Im ersten Fall liegt ein Einkünftefluss zwischen dem österreichischen Veranstalter und der australische Gruppe (bzw. ihren Mitgliedern) vor, wobei der Zahlungsstrom durchaus über die deutsche Agentur laufen mag. In diesem ersten Fall sind sonach die vom österreichischen Veranstalter gezahlten Vergütungen als Einkünfte der australischen Musikgruppe (ihrer Mitglieder) zu werten und es wird das Besteuerungsrecht an diesem Einkünftefluss nach Artikel 17 Abs. 1 des österreichisch-australischen Doppelbesteuerungsabkommens Österreich zugeteilt. Dieses Besteuerungsrecht ist durch den österreichischen Veranstalter auf der Grundlage von § 99 EStG 1988 im Wege des Steuerabzuges wahrzunehmen. Die deutsche Agentur trifft keine österreichische Steuerabzugspflicht. Umfassen die nach Deutschland fließenden Zahlungen nicht nur das namens der australischen Gruppe von der Agentur entgegengenommene Auftrittsentgelt, sondern auch eine der deutschen Agentur selbst verbleibende Provision, ist auch dieser Provisionsbetrag in die Bemessungsgrundlage des Steuerabzuges einzubeziehen, weil es sich hierbei ebenfalls um ein Entgelt des österreichischen Veranstalters an seine Vertragspartner (an die in Australien ansässigen Personen) handelt und daher Provisionskosten der australischen Einkünfteempfänger gegenüber ihrem deutschen Agenten vorliegen, die im System einer Bruttoabzugsbesteuerung nicht abzugsfähig sind.
Im zweiten Fall hingegen, wenn die Vergütungen des österreichischen Veranstalters als Entgelt für eine unmittelbare Vertragsbeziehung mit der deutschen Agentur (die in diesem Fall sonach nicht als "Vermittler" auftritt) zu leisten sind, wird das Besteuerungsrecht daran gemäß Artikel 17 Abs. 2 des österreichisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommens zwar ebenfalls Österreich zugeteilt (sogenannter "unechter Künstlerdurchgriff"). Allerdings kann dieses Besteuerungsrecht auf Grund des VwGH-Erkenntnisses vom 27.11.2003, 2000/15/0033, nicht ausgeübt werden. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes fallen ausländische Künstleragenturen nicht unter den Begriff "Mitwirkender an einer inländischen Unterhaltungsdarbietung", sodass die Agentur keiner beschränkten Steuerpflicht in Österreich unterliegt und daher von den an die Künstleragentur gezahlten Vergütungen nur mehr der "Künstleranteil" der inländischen Abzugsbesteuerung unterzogen werden darf. Damit ist der Steuerpflichtige, dessen Einkünfte der Abzugsbesteuerung unterzogen werden, aber nicht mehr die deutsche Künstleragentur, sondern die Steuerpflichtigen sind die australischen Künstler (EAS 2567).
Wenn in einem solchen Fall daher dem österreichischen Veranstalter Angaben über die Höhe des "Künstleranteils" vorliegen und die Identität und Anschrift der ausländischen Künstler in Evidenz genommen wird, kann der Steuerabzug auf diesen "Künstleranteil" eingeschränkt werden. Diese Reduktion der Bemessungsgrundlage auf den "Künstleranteil" gründet sich hierbei nicht auf Abkommensrecht (denn dieses würde nach Art. 17 Abs. 2 DBA-Deutschland eine Besteuerung des gesamten nach Deutschland fließenden Entgeltes gestatten), sondern ausschließlich auf innerstaatliches Recht.
Es ist wohl richtig, dass die deutsche Künstleragentur in diesem Fall Vergütungen an in Österreich beschränkt steuerpflichtige Künstler auszahlt und daher ebenfalls für die Einbehaltung der österreichischen Abzugssteuer (20% der an die Künstler gezahlten Beträge = "Künstleranteil") haftet. In solchen Fällen einer "Doppelhaftung" kann allerdings die deutsche Künstleragentur nicht mehr zur Haftung herangezogen werden, sobald der haftungsgegenständliche Steuerbetrag (20% des "Künstleranteils") bei der österreichischen Abgabenbehörde entrichtet wird.
Bundesministerium für Finanzen, 26. September 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 17 DBA AUS (E), Doppelbesteuerungsabkommen Australien (Einkommensteuer), BGBl. Nr. 480/1988 |
Schlagworte: | Künstleranteil, Künstleragenturen, Doppelhaftung, Vermittler, Vermittlungstätigkeit, Steuerabzugspflicht, Provisionen, unechter Künstlerdurchgriff |
Verweise: |