EAS 2807
Schüttet eine Wiener GmbH ihre Gewinne an eine Salzburger KG aus, der eine deutsche GmbH als Gesellschafterin angehört, dann fließt diese Gewinnausschüttung über die Salzburger Personengesellschaftsbetriebstätte anteilig der in Deutschland ansässigen GmbH zu. Artikel 10 Abs. 4 DBA-Deutschland weist Österreich daran das Besteuerungsrecht zu und verpflichtet in Artikel 23 Abs. 1 lit. a des Abkommens Deutschland dazu, die deutsche GmbH hinsichtlich ihrer in Österreich erzielten Betriebstättengewinne, sonach auch hinsichtlich der darin enthaltenen Gewinnausschüttung, von der deutschen Besteuerung freizustellen.
Dieses abkommensrechtlich Österreich zugeteilte Besteuerungsrecht kann aber auf der Grundlage des innerstaatlichen Steuerrechts in Österreich nicht ausgeübt werden. Denn § 21 Abs. 1 Z 2 lit. a KStG eröffnet Zugang zu § 10 KStG, sodass auf den in Rede stehenden Gewinnausschüttungsanteil der Salzburger KG die Beteiligungsertragsbefreiung zur Anwendung kommt. Diese im Veranlagungsverfahren des Dividendenempfängers wirksame Beteiligungsertragsbefreiung entbindet aber gemäß § 94 Z 2 EStG die ausschüttende Wiener Gesellschaft nur dann vom KESt-Abzug, wenn der begünstigte Dividendenempfänger "unmittelbar" an der ausschüttenden Gesellschaft beteiligt ist. Dem Gesetzeszweck entsprechend kann dieses "Unmittelbarkeitserfordernis" bei Beteiligung im Wege einer Personengesellschaft nicht als erfüllt angesehen werden, weil bei der KESt-Abrechnung sonst weiterführende Recherchen getätigt werden müssten, in welchem Ausmaß der Personengesellschaft beteiligungsertragsbegünstigte Kapitalgesellschaften und nicht begünstigte natürliche Personen angehören. Eine allfällige Entlastung vom KESt-Abzug muss daher in solchen Fällen im Veranlagungsverfahren der Personengesellschafter durch KESt-Anrechnung erfolgen.
Die in EAS 2630 vertretene Auffassung, dass das in § 94a EStG ebenfalls enthaltene "Unmittelbarkeitserfordernis" im Hinblick auf die EG-Mutter-Tochterrichtlinie auch bei grenzüberschreitenden Gewinnausschüttungen über Personengesellschaftsbetriebstätten innerhalb der EU gewahrt bleibt, hat keine Ausstrahlwirkung auf die Auslegung des Unmittelbarkeitserfordernisses in § 94 Z 2 EStG, weil die Mutter-Tochterrichtlinie auf diese Fälle keine Anwendung findet. Denn die Einbeziehung von Gewinnausschüttungen an Betriebstätten (und damit auch an Personengesellschaftsbetriebstätten) in das System der Mutter-Tochterrichtlinie ist durch die Ratsrichtlinie vom 22.12.2003 nur für einen grenzüberschreitenden Dividendenfluss an Auslandsbetriebstätten angeordnet worden (Art. 1 Abs. 1 dritter und vierter Teilstrich MU-TO-RL).
Wenn aber § 94a EStG auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden ist, weil das EG-rechtlich gebotene Erfordernis der erweiternden Auslegung des Begriffes "unmittelbar" in § 94a EStG nicht den gegenständlichen Tatbestand, sondern nur die von der EG-Richtlinie betroffenen Tatbestände betrifft, dann muss die Entlastung von der KESt beim Salzburger Finanzamt stattfinden, das die deutsche Gesellschaft mit ihrem Personengesellschaftsanteil veranlagt und kann nicht auf der Grundlage von § 94a EStG durch das Wiener Finanzamt, das nur für die KESt-Erhebung der ausschüttenden Gesellschaft verantwortlich ist, erfolgen.
Bundesministerium für Finanzen, 5. Februar 2007
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 10 Abs. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 |
Schlagworte: | § 94a EStG, Mutter-Tochterrichtlinie, unmittelbare Beteiligungshaltung, Personengesellschaftsbetriebstätte |
Verweise: |