EAS 2741
Verlegt eine Schweizerin (X), die zu 0,9% an einer schweizerischen börsennotierten AG beteiligt ist, ihren Lebensmittelpunkt nach Österreich und steht auf Grund eines Syndikatsvertrages einer Aktionärsgruppe bereits fest, dass sie von ihrer Großmutter zusätzliche Anteile im Ausmaß von 0,5% erben wird, dann tritt ihre Beteiligung nach einem solchen Erbanfall in die potentielle Steuerpflicht des § 31 EStG ein, die bei einer späteren Anteilsveräußerung schlagend wird. Für die Ermittlung des bei einer solchen Veräußerung steuerpflichtigen Wertzuwachses sind gemäß § 31 Abs. 2 EStG die tatsächlichen Anschaffungskosten der beiden Beteiligungen und nicht der gemeine Wert der Anteile im Zeitpunkt des Eintrittes in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich (hier: zum Todestag der Großmutter) maßgebend.
Sollte X in der Folge in Österreich versterben und sollte ihre 1,4% betragende Beteiligung an ihre in der Schweiz lebende Schwester im Erbweg übergehen, dann löst dieser Übergang im Erbweg die Wegzugsbesteuerung in Österreich aus. Die Bezugnahme auf unentgeltliche Übertragungen in EStR 2000 Rz 6677 betrifft daher nicht nur Übertragungen im Schenkungsweg, sondern auch Vermögensübergänge von Todes wegen.
In Bezug auf die vorbeschriebenen Gegebenheiten zeitigen die in das Revisionsprotokoll zum DBA-Schweiz neu aufgenommenen Regelungen über die Wegzugsbesteuerung keine Auswirkung. Denn die Neuregelung bezieht sich ausschließlich nur auf Vorgänge, bei denen ein Ansässigkeitswechsel die Wegzugsbesteuerung auslöst. Bei unentgeltlichen Übertragungen an in der Schweiz ansässige Personen geht hingegen nach Artikel 13 das Besteuerungsrecht Österreichs an der Wertzuwachsbesteuerung von Beteiligungen an schweizerischen Gesellschaften verloren, sodass der Tatbestand der Wegzugsbesteuerung verwirklicht ist.
Sollte X ihren Wohnsitz wieder in die Schweiz zurückverlegen und damit in die beschränkte Steuerpflicht in Österreich eintreten, dann würde dadurch (und nicht durch spätere Weitervererbungen in der Schweiz) ein Wegzugsbesteuerungstatbestand im Sinn von § 31 EStG gesetzt, weil durch diese Wegzugsmaßnahme (nach innerstaatlichem Recht) die Wertzuwachsbesteuerungsmöglichkeit an den Anteilen an der schweizerischen Gesellschaft verloren geht. Das Revisionsprotokoll zum DBA-Schweiz untersagt zwar eine Behinderung dieser Wohnsitzrückverlegung durch eine Wegzugsbesteuerung, untersagt aber nicht, bei einer nach dem Wegzug stattfindenden Veräußerung die Steuerpflicht in Österreich wahrzunehmen. Es wird daher die neue Wegzugsregelung im DBA-Schweiz in der Weise umzusetzen sein, dass - wie bei einem Wegzug in ein Land des EU-Raumes - über die Wegzugssteuerschuld im Abgabenbescheid abgesprochen wird, wobei aber bis zur tatsächlichen Veräußerung keine Festsetzung erfolgt. Rechtsgrundlage für diese Vorgangsweise ist § 31 EStG, dessen Anwendungsmodalitäten durch das (derogierende) DBA auf den vorbeschriebenen Durchführungsweg zurückgedrängt werden. Das Revisionsprotokoll zum DBA steht im Übrigen einem Verlangen der Abgabenbehörde nach Sicherung dieses Besteuerungsanspruches nicht entgegen, da die Schweiz - anders als die EU-Staaten - in den gegenständlichen Fällen keine Vollstreckungsamtshilfe gewährt.
Bundesministerium für Finanzen, 19. Juli 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 13 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 |
Schlagworte: | Wegzugsbesteuerung |
Verweise: | EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 6677 |