Dem Steuerpflichtigen steht es frei, seinen Betrieb mit Eigen- oder Fremdkapital auszustatten (Grundsatz der Finanzierungsfreiheit). Ob ein Finanzierungsaufwand zu Betriebsausgaben führt, entscheidet sich - ungeachtet der betriebswirtschaftlichen Betrachtung - für Zwecke der Einkommensbesteuerung nach der Mittelverwendung. Dienen die Mittel der Finanzierung von Aufwendungen, die der betrieblichen Sphäre zuzuordnen sind, liegen Betriebsausgaben vor; dienen die Mittel der privaten Lebensführung, liegt eine Privatverbindlichkeit vor und die Zinsen sind nicht abzugsfähig (vgl.
VwGH 30.9.1999, 99/15/0106;
VwGH 23.3.2000, 97/15/0164). Ein enger zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung von Wirtschaftsgütern rechtfertigt den Schluss, dass die Kreditschuld mit der Anschaffung in ursächlichem Zusammenhang steht (
VwGH 26.6.1984, 83/14/0204). Aus einer für frühere Zeiträume durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung ergibt sich hinsichtlich der Zuordnung der Schulden zum Betrieb bzw. zum Privatbereich keine Bindung für nachfolgende Zeiträume, in denen die Zinsaufwendungen anfallen (
VwGH 23.3.2000, 97/15/0164).
Wird ein betrieblich veranlasster Aufwand durch Fremdmittel finanziert, so sind die Zinsen auch dann Betriebsausgaben, wenn der Abgabepflichtige in der Lage gewesen wäre, den Aufwand durch Eigenmittel zu finanzieren (
VwGH 19.9.1990, 89/13/0112). Gleiches gilt, wenn betriebliche Eigenmittel für die Privatsphäre verwendet und deshalb betriebliche Aufwendungen fremdfinanziert werden müssen (
VwGH 16.11.1993, 89/14/0158).
Für jeden fremdfinanzierten Aufwand ist gesondert zu prüfen, ob der Finanzierungsaufwand der Betriebssphäre zuzurechnen ist (vgl.
VwGH 16.11.1993, 89/14/0158). Zinsen für betriebsbedingt aufgenommene Schulden sind auch dann Betriebsausgaben, wenn den durch die laufenden Geschäftsfälle entstehenden oder sich vergrößernden Betriebsverbindlichkeiten Privatentnahmen im Ausmaß der angemessenen regelmäßigen persönlichen Aufwendungen des Unternehmers gegenüberstehen.
Wird ein mit Fremdkapital finanziertes Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen für private Zwecke entzogen, gelangen auch die Verbindlichkeiten ins Privatvermögen und die Zinsen sind nach der Entnahme nicht mehr als Betriebsausgaben absetzbar (
VwGH 30.9.1999, 99/15/0106, 99/15/0107). Umgekehrt wird bei Einlage eines fremdfinanzierten Wirtschaftsgutes das in der Privatsphäre aufgenommene Fremdkapital zum Betriebsvermögen (
VwGH 12.9.1989, 88/14/0188;
VwGH 30.11.1999, 94/14/0166). Verbindlichkeiten allein kommen als gewillkürtes Betriebsvermögen nicht in Betracht.
Wird ein betriebliches fremdfinanziertes Wirtschaftsgut veräußert oder scheidet es (nicht in Form einer Entnahme) aus der Vermögenssphäre des Steuerpflichtigen aus, bleibt die zur Finanzierung des Wirtschaftsgutes aufgenommene Schuld weiterhin eine betrieblich veranlasste Schuld.
Ist für einen Teil eines ursprünglich aus betrieblichen Gründen aufgenommenen Darlehens die betriebliche Veranlassung nicht mehr gegeben (zB Privatnutzung eines Wirtschaftsgutes, die zu keiner Entnahme führt), so ist insoweit ein weiterer Abzug der Zinsen als Betriebsausgaben ausgeschlossen. Ungeachtet einer überwiegenden Verwendung des Darlehens für betriebliche Zwecke, ist der nichtbetriebliche Prozentsatz zu ermitteln und es sind die Ausgaben entsprechend zu kürzen. Eine Automatik dahingehend, dass zuerst die (privaten) Altschulden durch die Rückzahlungen getilgt worden seien, gibt es nicht. Es ist vielmehr der Aufwand Jahr für Jahr anteilig zu korrigieren (vgl.
VwGH 15.5.1997, 94/15/0223).
Die hypothekarische Besicherung von Verbindlichkeiten ändert nichts an der Zugehörigkeit zum Betriebs- oder Privatvermögen. Wird eine Privatschuld mit einem betrieblichen Wirtschaftsgut abgesichert (betriebliche Sicherungsübereignung), bleibt sie im privaten Vermögen. Wird eine Betriebsschuld mit einem privaten Wirtschaftsgut abgesichert (private Sicherungsübereignung), bleibt sie Betriebsschuld.
Zinsen sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig:
- Soweit sie durch steuerfreie Zinsenzuschüsse (§ 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, siehe Rz 303) abgedeckt werden oder die Schulden der Anschaffung endbesteuerter Kapitalanlagen dienten (siehe Rz 4853 ff.) bzw. im Zusammenhang mit nicht steuerpflichtigen Erträgen stehen. Der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Finanzierungsaufwendungen und nicht steuerpflichtigen Vermögenswerten (Einnahmen) muss von der Abgabenbehörde konkret erwiesen werden. Ein Abstellen auf Bilanzrelationen ist nicht zulässig. Wenn sich ein Kaufmann nämlich dessen bewusst ist, dass er Zinsen für aufgenommenes Fremdkapital nicht als Betriebsausgaben absetzen kann, wenn er das Fremdkapital unmittelbar für die Erzielung nicht steuerpflichtiger Einkünfte verwendet, so wird er bestrebt sein, die Fremdmittel vorrangig für andere Zwecke zu verwenden, um die begünstigten Einkünfte mit Eigenmitteln zu finanzieren. Ein solches aus steuerlicher Sicht sinnvolles Verhalten kann grundsätzlich unterstellt werden. Der Gegenbeweis der (anteiligen) Fremdfinanzierung von nicht steuerpflichtigen Einkunftsquellen wäre demgegenüber von der Abgabenbehörde zu führen (VwGH 20.10.1999, 94/13/0027).
- Wenn die Schuldaufnahme die betriebliche Sphäre nicht betrifft. Dies ist zB der Fall bei Unterstützung eines Not leidenden Klienten durch einen Rechtsanwalt (VwGH 18.12.1996, 94/15/0157); bei Aufnahme eines Kredites für Pflichtteilsschulden (VwGH 5.8.1993, 88/14/0060), und zwar auch dann nicht, wenn das Nachlassvermögen zu einem Betriebsvermögen gehört; wenn die Schuldaufnahme der Finanzierung einer nichtbetrieblichen Steuer dient (zB Einkommensteuer, VwGH 17.9.1997, 93/13/0027).
- Soweit sie auf den nichtbetrieblichen Anteil bei Verbindlichkeiten entfallen, die von vornherein sowohl eine betriebliche, als auch eine private Veranlassung aufweisen (die Verbindlichkeit entfällt zB teils auf betriebliche, teils auf private Wirtschaftsgüter oder auf den betrieblichen und privaten Teil eines Wirtschaftsgutes). In diesem Fall ist eine Aufteilung vorzunehmen, siehe dazu auch Rz 1429 ff.
- Soweit das gesetzliche Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 (Angemessenheitsprüfung) Platz greift. Bei der Angemessenheitsprüfung unterliegenden Wirtschaftsgütern mit Anschaffungskosten über der steuerlichen Angemessenheitsgrenze (zB PKW) unterliegen Zinsen für einen Kredit auch dann der anteiligen Kürzung (Luxustangente), wenn die Kreditsumme die Angemessenheitsgrenze nicht erreicht (VwGH 16.12.1999, 96/15/0116).
- Wenn dem Betrieb Fremdmittel 24.2.2005, 2000/15/0057; VwGH 20.11.1996, 89/13/0259), weiters wenn mittels eines Bausparkassenkredites in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der private Hausbau finanziert wird (VwGH 18.1.1989, 88/13/0081, betreffend privater Grundstückskauf; VwGH 10.9.1998, 93/15/0051).