EAS 2653
Gemäß Artikel 11 Abs. 2 DBA-Deutschland wird das uneingeschränkte Besteuerungsrecht an "Einkünften eines stillen Gesellschafters aus seiner Beteiligung als stiller Gesellschafter" dem Quellenstaat der Einkünfte zugeteilt. Der Begriff der "Einkünfte" setzt im Allgemeinen den Eintritt eines Vermögenszuwachses beim Einkünfteempfänger voraus. Die bloße Restitution eines hingegebenen Vermögenswertes vermag diesem Begriff daher nicht gerecht zu werden.
Somit liegen keine "Einkünfte" im Sinn des Abkommens vor, wenn ein (echter) stiller Gesellschafter bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses lediglich seine Einlage zurückerhält.
Eine differenzierte Betrachtung ist allerdings dann anzustellen, wenn das hingegebene Kapital durch Verluste steuerwirksam aufgezehrt wurde und in der Folge der bei Beendigung der stillen Gesellschaft geleistete Abschichtungsbetrag den steuerwirksam geminderten Buchwert übersteigt; denn in diesem Fall findet steuerrechtlich gesehen sehr wohl ein Wertzuwachs statt, nämlich vom abgeschriebenen Wert auf den Wert des Abschichtungsbetrages.
Wurde daher von einer österreichischen GmbH mit einer deutschen GmbH & Co KG ein Vertrag über eine stille Beteiligung abgeschlossen und vertragsgemäß ein Betrag von 200 investiert, der jedoch in der Folge durch Verluste auf einen Wert von 3 herabgemindert worden ist, dann kann eine Abschichtung mit einem Betrag von 53 nicht als Erzielung deutscher Einkünfte gewertet werden, wenn sich die Wertminderung der Beteiligung auf deutscher Seite nicht steuermindernd ausgewirkt hat; denn diesfalls liegt lediglich eine teilweise Rückzahlung der seinerzeitigen Kapitalhingabe vor.
Ein Rückgriff auf deutsches innerstaatliches Recht auf der Grundlage von Artikel 3 Abs. 2 des Abkommens wird durch die "Kontextklausel" dieser Bestimmung versperrt. Denn die Kontextklausel gestattet nicht, dem Begriff der "Einkünfte" eine Bedeutung zu verleihen, die dem Abkommenszusammenhang nicht gerecht wird. Aus dem Abkommenszusammenhang ist nämlich abzuleiten, dass durch das Abkommen nicht Besteuerungsrechte an bloßen Vermögensübertragungen, sondern nur an den dabei erzielten Einkünften zwischen den Staaten aufgeteilt werden. Es kann daher ein bloßer Vermögenstransfer (die Rückgabe einer seinerzeit hingegebenen Vermögenssubstanz) nicht unter Berufung auf innerstaatliches Recht in Einkünfte umqualifiziert werden und einem Abkommensartikel unterstellt werden, der ein Quellenbesteuerungsrecht vorsieht.
Der Umstand, dass der Abschichtungsbetrag auf österreichischer Seite als Betriebseinnahme steuerlich insoweit erfasst wird, als er den Buchwert von 3 übersteigt, ist darauf zurückzuführen, dass sich die Wertminderung von 197 (200 - 3) im Wege einer Teilwertabschreibung in Österreich steuermindernd ausgewirkt hat und dass daher auf österreichischer Seite ein steuerlich stattfindender Wertzuwachs erfasst wird.
Unter den gegebenen Umständen ist daher nicht erkennbar, dass das österreichisch-deutsche DBA Deutschland zur Erhebung einer Kapitalertragsteuer von dem Abschichtungsbetrag berechtigt und dass folglich auch keine österreichische Abkommensverpflichtung besteht, eine deutsche Kapitalertragsteuer anzurechnen.
19. August 2005 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 11 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 |
Schlagworte: | Kapitalrückzahlung, Kontextklausel, stille Beteiligung |