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Frage der Abkommensberechtigung inländischer Immobilienfonds

BMFBMF-010221/0331-IV/4/20053.6.20052005

EAS 2615

Die Frage der Abkommensberechtigung von Investmentfonds ist derzeit Gegenstand einer OECD-Untersuchung, die voraussichtlich erst 2007 zu international akkordierten Ergebnissen führen wird. Allerdings ist diese Frage bei der Besteuerung von Immobilieninvestmentfonds nur von untergeordneter Bedeutung, da das Besteuerungsrecht an den Erträgnissen der vom Fonds erworbenen Auslandsimmobilien im Allgemeinen nach Artikel 6 der DBA dem Lagestaat der Grundstücke überlassen wird.

Hat daher eine österreichische Kapitalanlagegesellschaft einen offenen Immobilienfonds aufgelegt, der in deutschen Immobilien investiert, steht das Besteuerungsrecht an den Immobilienerträgnissen Deutschland zu. Ob diese Erträgnisse dem österreichischen Fonds oder den Zertifikatsinhabern steuerlich zuzurechnen ist (wobei eine steuerliche Erfassung in den Händen von tausenden Investoren vermutlich kaum möglich sein wird), wird durch das Doppelbesteuerungsabkommen nicht angesprochen und ist ausschließlich nach deutschem innerstaatlichen Recht zu entscheiden.

Sollte allerdings auf deutscher Seite auf die österreichischen Investoren durchgegriffen werden, ist ein weiterer Aspekt zu beachten: Die Dividendendefinition des Artikels 10 Abs. 3 DBA-Deutschland sieht vor, dass auch "Ausschüttungen auf Anteilscheine an einem Investmentvermögen" als Dividende im Sinn des DBA gelten. Aus Absatz 12 der Anwendungsgrundsätze zum DBA-Deutschland ist in diesem Zusammenhang der Schluss zu ziehen, dass der Begriff "Investmentvermögen" nicht nur auf Wertpapierfonds, sondern auch auf Immobilienfonds Anwendung findet. Denn das Anwendungsschreiben verweist darauf, dass in Österreich ansässige Steuerpflichtige, die Geld in einem offenen deutschen Immobilienfonds anlegen, mit den von der deutschen Kapitalgesellschaft ausgeschütteten Erträgnissen von der Zuteilungsregel des Artikels 10 erfasst werden. Dieses österreichisch-deutsche Anwendungsschreiben ist zwar bereits am 25. September 2000 unterzeichnet worden, doch möchte sich die deutsche Seite derzeit noch nicht daran gebunden sehen. Die Rechtslage ist daher zurzeit noch nicht abschließend international akkordiert. Unter den gegebenen Umständen muss das BM für Finanzen daher den Standpunkt vertreten, dass Beteiligungen von österreichischen Anlegern an den deutschen offenen Immobilieninvestmentfonds gemäß dem DBA auch dann gemäß Artikel 10 des Abkommens der österreichischen Besteuerung unterzogen werden dürfen, wenn das Fondsvermögen ausschließlich aus deutschen Liegenschaften besteht; die Doppelbesteuerung wird hierbei im Rahmen des Art. 10 des Abkommens nicht durch Steuerfreistellung, sondern im Anrechnungsweg beseitigt (EAS 2409).

Aus dem Vorhergesagten müsste daher für den hier vorliegenden Fall (anders als in EAS 2409 liegt kein deutscher, sondern ein österreichischer Immobilienfonds vor) der Schluss gezogen werden, dass dann, wenn Deutschland auf die Investoren durchgreifen sollte und damit die "Ausschüttungen" des Fonds besteuern möchte, der deutsche Besteuerungsanspruch nicht mehr auf die allgemeine Vorschrift des Artikels 6, sondern auf die Spezialvorschrift des Artikels 10 zu stützen und folglich auf 15% einzuschränken ist.

3. Juni 2005 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

OECD-MA, OECD-Musterabkommen
Art. 10 Abs. 3 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002

Schlagworte:

Immobilien, Investmentfonds, Einkünftezurechnung, Durchgriffsbesteuerung

Verweise:

EAS 2409

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