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Grenzüberschreitende Wertpapierleihe an die eigene Bankfiliale

BMFBMF-010221/0321-IV/4/200525.4.20052005

EAS 2596

Bei der Wertpapierleihe handelt es sich um ein Sachdarlehen im Sinne des § 983 ABGB. Dabei gehen Wertpapiere des Verleihers in das zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentum des Entleihers über, wobei letzterer nach Ablauf der Leihefrist oder bei Kündigung Wertpapiere derselben Art und Güte zurückzuübertragen hat. Damit verbleibt das mit den verliehenen Wertpapieren verbundene Preis- und Wertrisiko beim Verleiher, denn der Entleiher hat bei Ende der Laufzeit - unabhängig von der Wertentwicklung - an den Verleiher lediglich Wertpapiere derselben Art und Güte rückzuübertragen. Anders als beim Pensionsgeschäft kommt es daher zu keinem Veräußerungsvorgang (EStR 2000 Rz 6199) und sonach nicht zur Realisierung der in den Wertpapieren enthaltenen stillen Reserven; und zwar weder bei der Verleihtransaktion noch bei der Rückgabetransaktion.

Diese Grundsätze müssen auch bei der grenzüberschreitenden Wertpapierleihe gelten. Vereinbart daher eine deutsche Bank-AG mit ihrer österreichische Tochter-AG zu fremdüblichen Konditionen eine derartige Wertpapierleihe, dann gehen wohl die Wertpapiere in das Betriebsvermögen der österreichischen Tochter-AG über und die Kapitalerträge bilden Betriebseinnahmen der österreichischen Tochter-AG, doch sind die Wertpapiere und die korrespondierende Rückgabeverpflichtung mit den deutschen Buchwerten anzusetzen. § 6 Z 6 EStG gestattet daher im gegebenen Zusammenhang keine Aufwertung. Dementsprechenderfolgt die Ausbuchung der Wertpapiere anlässlich der Rückgabe ebenfalls steuerneutral zu Buchwerten. Es ist damit die europarechtliche Gleichbehandlung von rein innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Wertpapierleihegeschäften sichergestellt.

Diese Grundsätze finden aber auch auf der Ebene des Abkommensrechtes Anwendung, wenn die Transaktion nicht mit einer inländischen Tochtergesellschaft, sondern mit einer inländischen Betriebstätte der deutschen Bank stattfindet, und wenn darauf daher Artikel 7 DBA-Deutschland anzuwenden ist. Die Wertpapiere bilden Betriebsvermögen der inländischen Betriebstätte und die vereinnahmten Kapitalerträge zählen zu den Betriebseinnahmen dieser Betriebstätte; der inbound- und outbound-Transfer der Wertpapiere erfolgt steuerneutral. Diese Sichtweise deckt sich mit dem derzeit in der OECD für die Gewinnabgrenzung zwischen Hauptsitz und Betriebstätte entwickelten "Separate Entity Approach"; darnach sollen die innerbetrieblichen grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebstätte in gleicher Weise wie zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft abgewickelt werden, wobei bereits der derzeitige OECD-Kommentar zu Artikel 7 im Bankenbereich eine Hinwendung zu diesem Prinzip erkennen lässt, weil nach der Kommentarauffassung in diesem besonderen Wirtschaftssektor rein innerbetriebliche Zinsenzahlungen - so wie zwischen einander fremd gegenüberstehenden Bankunternehmen - mit steuerliche Wirkung anerkannt werden (Z 19 des OECD-Kommentars zu Art. 7 OECD-MA).

25. April 2005 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 6 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 7 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002

Schlagworte:

Wertpapierleihe, separate entity approach, Betriebstättengewinnaufteilung, Gewinnrealisierung

Verweise:

§ 983 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
Art. 7 OECD-MA, OECD-Musterabkommen

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