Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte: | ausgegliederte Rechtsträger, Software, HotlineHomepage, Holzakkordant, Vermietung, Schule, Reisebüro, Personalgestellung, Kleinbetragsrechnung, Übergang der Steuerschuld, Verpachtung Landwirtschaft, pauschalierte Landwirte, Handymasten, Schipisten, Reiseleistungen, ausländisches Kfz |
Zur Erzielung einer bundeseinheitlichen Vorgangsweise erfolgte im Jahr 2004 wieder eine Umsatzsteuertagung des Bundesministeriums für Finanzen gemeinsam mit den Fachbereich für Umsatzsteuer und den Finanzämtern, bei der in der Praxis auftretende Zweifelsfragen im Bereich der Umsatzsteuer behandelt wurden. Als Ergebnis dieser Tagung wurde das nachstehende Umsatzsteuerprotokoll erstellt, das Ergänzungen und Klarstellungen zu den bestehenden Erlässen enthält. Die einzelnen Punkte des Umsatzsteuerprotokolls sind nach Paragraphen des Umsatzsteuergesetzes aufsteigend geordnet. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten können daraus nicht abgeleitet werden.
§§ 1; 2; 12 UStG 1994 (Rz 274 UStR 2000)
Vermietung und Verpachtung durch Gemeinde-KEG
In letzter Zeit werden verstärkt so genannte Gemeinde KEGs mit der Gemeinde als Komplementär und dem Bürgermeister als Kommanditisten (mit einer geringen Einlage) gegründet. Diese KEGs errichten meist ein Gebäude und vermieten dieses in der Regel an die Gemeinde und fallweise auch an Dritte. Nicht in jedem Fall erfolgt eine Übertragung der Liegenschaft in das Eigentum der KEG. Zum Teil wird auch versucht, Straßenbaumaßnahmen, Ortsbildgestaltungen und ähnliche hoheitliche Aufgaben auf die KEG zu übertragen.
Nach Rz 274 UStR 2000 ist im Rahmen der Ausgliederung eine der Voraussetzungen die Übertragung des Grundstückes in das Eigentum des ausgegliederten Rechtsträgers.
Ist diese Voraussetzung auch mit einem Baurechtsvertrag erfüllt?
Ist die Rz 274 UStR 2000 auch bei der Auslagerung anderer Liegenschaften als Gebäude (z.B. Straßenbauten etc.) anzuwenden?
Zusatzfragen:
Ist Rz 274 UStR 2000 auch anzuwenden, wenn das Grundstück unmittelbar durch die Gemeinde-KEG angeschafft und anschließend an die Gemeinde vermietet wird?
Nach Rz 274 UStR 2000 ist anstatt des einkommensteuerlich maßgeblichen Wertes mindestens der gesamte Einheitswert der übertragenen Liegenschaft anzusetzen, soweit für die übertragene Liegenschaft kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden konnte. Wie ist vorzugehen, wenn die Gemeinde für das Gebäude teilweise den Vorsteuerabzug geltend machen konnte?
Die in der Rz 274 UStR 2000 angeführte Voraussetzung der Eigentumsübertragung ist bei der bloßen Einräumung eines Baurechts nicht erfüllt.
Von der RZ 274 UStR 2000 sind nur jene Fälle erfasst, in denen ein Gebäude von einer z.B. Gemeinde-KEG an eine Gemeinde vermietet wird, nicht hingegen die Errichtung und anschließende Überlassung von Straßen, Parkplätzen, Ortsbildgestaltungen oder anderen grundsätzlich hoheitlichen Maßnahmen.
Zu den Zusatzfragen:
Die Grundsätze der Rz 274 UStR 2000 sind aus Gründen der Gleichbehandlung auch anzuwenden, wenn das Grundstück unmittelbar durch die z.B. Gemeinde-KEG angeschafft und anschließend an die Gemeinde vermietet wird.
Der "gesamte Einheitswert" laut Rz 274 UStR 2000 bedeutet, dass - im Gegensatz zum Ansatz des einkommensteuerlich maßgeblichen Wertes - bei Ansatz des Einheitswertes der Anteil für Grund und Boden nicht ausgeschieden werden darf.
Konnte für die ausgegliederte Liegenschaft in der Vergangenheit ein Vorsteuerabzug teilweise geltend gemacht werden, ist bei der Ermittlung des für die Berechnung der AfA-Komponente maßgeblichen Wertes eine Aufteilung vorzunehmen (soweit ein Vorsteuerabzug nicht vorgenommen werden konnte: Ansatz des anteiligen Einheitswertes; soweit ein Vorsteuerabzug vorgenommen werden konnte: Ansatz des anteiligen einkommensteuerlich maßgeblichen Wertes).
§§ 3; 3a Abs. 10 UStG 1994 (Rz 345 UStR 2000)
Überlassung von Nutzungsrechten an einer Software - Lieferung oder sonstige Leistung
Eine Schule in Deutschland kauft ein Mathematikprogramm von einem österreichischen Softwarevertreiber (S), das auf der Homepage der Vertreiberfirma unter dem Titel "Schullizenz" angeboten wird. Lieferumfang ist hiebei eine CD-Rom mit dem entsprechenden Programm, wobei die CD-Rom in Österreich hergestellt wird, weiters Handbücher und Beschreibungen des Programms. Wenn ein Schüler dieses Mathematikprogramm erwerben möchte, muss er die Kopierlizenz bei S kaufen. Das Programm wird in Folge entweder von der Schule unentgeltlich auf CD gebrannt oder auf dem Computer installiert, wobei die Freischaltung über eine von S zugesandte Registrierungskarte mit Installationscode erfolgt.
Sind diese beiden Erwerbsvorgänge (Computerprogramm für Schulen und Kopierlizenzeinräumung an Schüler) als Lieferung oder als sonstige Leistung zu beurteilen?
1) Leistungsverhältnis österreichische Firma S - deutsche Schule (Kauf der Schullizenz):
Die Schule erhält beim Kauf einer Schullizenz eine CD, Handbücher und Bücher zugeschickt sowie bestimmte Nutzungs- und Kopierberechtigungen dieses Programms.
Der wesentliche wirtschaftliche Gehalt des Leistungsaustausches zwischen der Firma und der Schule ist der Erwerb des Computerprogramms, das die Schule in die Lage versetzt, mit diesem Programm zu arbeiten. Da es sich hiebei um so genannte Standard-Software handelt, ist dieser Erwerbsvorgang als Lieferung zu beurteilen (Rz 345 UStR 2000).
Der Erwerb der Benützungsberechtigung, ohne die die rechtmäßige Nutzung der CD nicht möglich ist, stellt in diesem Zusammenhang eine unselbständige Nebenleistung dar, die die in der Lieferung bestehende Hauptleistung lediglich ergänzt und abrundet.
Handelt es sich um eine öffentliche Schule (juristische Person, die nicht Unternehmer ist), ist die Versandhandelsregelung des Art. 3 Abs. 3 bis 7 UStG 1994 zu beachten.
Tritt die Schule hingegen als Unternehmer auf, ist von einer innergemeinschaftlichen Lieferung des S auszugehen.
2) Leistungsverhältnis österreichische Firma S - Schüler in Deutschland (Erwerb der Kopierlizenz):
Beim Erwerb der Kopierlizenz erhält der Schüler von S das Recht, sich von der Schule eine CD kopieren zu lassen oder das Programm auf seine Festplatte speichern zu lassen. Da er im Gegensatz zur Schule von S keine CD samt Handbücher erwirbt, sondern nur ein Recht eingeräumt erhält, liegt eine sonstige Leistung nach § 3a Abs. 10 UStG 1994 vor.
Der Leistungsort liegt hiebei nach der Generalklausel des § 3a Abs. 12 UStG 1994 (Unternehmerort) in Österreich.
§ 3a Abs. 10 UStG 1994 (Rz 577 ff UStR 2000)
Hotline eines Vertriebsunternehmens
Ein österreichisches Unternehmen, das sich mit dem Vertrieb von Magnetresonanzgeräten befasst, hat eine Hotline eingerichtet, bei der sich der Interessent erkundigen kann, ob das Gerät für seine spezifischen Gesundheitsprobleme anwendbar ist. Die Auskunft wird von Ärzten erteilt.
Der Unternehmer räumt auch ausländischen Unternehmen gegen Entgelt die Möglichkeit ein, dass deren Kunden seine Hotline in Anspruch nehmen.
Angefragt wird der Ort der Leistung (Mitbenützung der Hotline) des österreichischen Unternehmers an die ausländischen Unternehmer (Katalogleistung gemäß § 3a Abs. 10 UStG 1994 oder sonstige Leistung gemäß § 3a Abs. 12 UStG 1994).
Unter dem Begriff Werbeleistungen sind Leistungen zu verstehen, die bei den Werbeadressaten den Entschluss zum Erwerb von Gegenständen oder zur Inanspruchnahme von sonstigen Leistungen auslösen sollen (Rz 577 UStR 2000).
Die gegenständliche Hotline dient der Aufklärung von Interessenten über die Anwendungsmöglichkeiten der Magnetresonanzgeräte, sodass von einer Werbeleistung nicht gesprochen werden kann.
Um von einer Beratungsleistung ausgehen zu können, müsste entweder eine rechtliche, technische oder wirtschaftliche Beratung vorliegen. Eine solche Beratung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Die Überlassung von Informationen im Sinne des § 3a Abs. 10 Z 6 UStG 1994 kann nicht so weit ausgelegt werden, dass allgemeine telefonische Auskünfte über ein Produkt eines Unternehmers bereits als Informationsüberlassung angesehen werden können.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich daher um eine Leistung, deren Ort sich nach § 3a Abs. 12 UStG 1994 bestimmt.
§ 3a Abs. 10 UStG 1994 (Rz 602 UStR 2000)
Design einer Homepage
Der österreichische Unternehmer Ö lässt sich vom deutschen Unternehmer U eine Homepage für sein Unternehmen erstellen, auf der er das Unternehmen seinen (potentiellen) Kunden präsentieren möchte.
Ist die Leistung "Design einer Homepage" als eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung (§ 3a Abs. 10 Z 15 UStG 1994) anzusehen?
Wird die erstellte Homepage dem Auftraggeber auf elektronischem Weg zur Verfügung gestellt, liegt eine Leistung im Sinn des § 3a Abs. 10 Z 15 UStG 1994 vor. Der Umstand, dass die Leistung (auch umfangreiche) Designleistungen beinhaltet, führt zu keiner anderen Beurteilung.
§ 3a, § 22 UStG 1994 (Rz 516 ff UStR 2000)
Tätigkeit eines Holzakkordanten
Sachverhalt 1:
Ein österreichischer, pauschalierter Landwirt führt in Deutschland Holzschlägerungsarbeiten für einen österreichischen Sägewerksunternehmer durch.
Sachverhalt 2:
Ein deutsches Holzschlägerungsunternehmen wird in Österreich für einen österreichischen pauschalierten Landwirt tätig.
Wie sind die jeweiligen Umsätze zu versteuern?
Holzschlägerungsarbeiten sind Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück und gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 am Grundstücksort zu versteuern. Damit ergibt sich:
Zu Sachverhalt 1:
Die Leistungen des die Schlägerungsarbeiten durchführenden österreichischen Landwirtes in Deutschland sind im Inland nicht steuerbar (es gilt die deutsche Rechtslage).
Zu Sachverhalt 2:
Da sich der Grundstücksort nach § 3a Abs. 6 UStG 1994 in Österreich befindet, sind die Leistungen des deutschen Holzschlägerungsunternehmens im Inland steuerbar und steuerpflichtig. Soweit der deutsche Unternehmer in Österreich weder Sitz noch Betriebsstätte hat, kommt es zum Übergang der Steuerschuld auf den pauschalierten Landwirt nach § 19 UStG 1994. Die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer iSd § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 ist für ausländische Unternehmer nicht anwendbar.
§§ 6 Abs. 1 Z 9 lit. a und Z 16; § 6 Abs. 2, § 12 UStG 1994 (Rz 781 ff UStR 2000)
Kauf von Eigentumswohnungen zwecks gemeinsamer Vermietung
Ein Bauträger errichtet auf eigenem Grund und Boden ein Gebäude, an dem Wohnungseigentum begründet wird. Die Eigentumswohnungen werden an Endnutzer und Anleger verkauft. Der Bauträger optiert gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 zur Steuerpflicht.
Die Anleger schließen sich zu einer Vermietungsgemeinschaft (Gesellschaft nach bürgerlichem Recht) zum Zweck der gemeinsamen Vermietung ihrer Eigentumswohnungen zusammen. Die Wohnungseigentümer (Anleger) überlassen dazu der Vermietungsgemeinschaft ihre Wohnungen zur Vermietung. Die Vermietungsgemeinschaft vermietet die überlassenen Wohnungen im eigenen Namen. Das Ergebnis aus der Vermietung wird auf die einzelnen Anleger entsprechend ihrem Wohnungseigentumsanteil aufgeteilt (demnach erhält ein Anleger auch dann einen Anteil am Ergebnis, wenn seine Wohnung nicht vermietet wurde).
Die Vorsteuerbeträge aus dem Wohnungskauf der Anleger werden von der Vermietungs-gemeinschaft auf Grund einer Rechnung vom Bauträger an die Vermietungsgemeinschaft unter Hinweis auf den jeweiligen Käufer des Liegenschaftsanteiles geltend gemacht.
Die Betriebskosten hinsichtlich der Wohneinheiten der Anleger werden von der Wohnungseigentumsgemeinschaft direkt an die Vermietungsgemeinschaft verrechnet.
Die Vermietungsgemeinschaft beansprucht den Vorsteuerabzug aus den weiterverrechneten Betriebskosten.
Kann die Vermietungsgemeinschaft die Vorsteuern aus der Anschaffung der Wohnungen und den Betriebskosten geltend machen?
Der Bauträger tätigt einen Grundstücksumsatz an die Käufer (Anleger). Nur an diese Leistungsempfänger kann eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis gelegt werden. Im Falle einer Rechnungslegung an die Vermietungsgemeinschaft schuldet der Bauträger die Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung und die Vermietungsgemeinschaft kann daraus keinen Vorsteuerabzug geltend machen.
Der Käufer (Anleger) kann einen Vorsteuerabzug aus einer solchen Rechnung nur dann vornehmen, wenn er die Wohnung für unternehmerische Zwecke verwendet.
Überlässt der Käufer (Anleger) die Eigentumswohnung der Vermietungsgemeinschaft gegen Gewährung eines Anteiles am Ergebnis, der seinem Wohnungsanteil entspricht, liegt keine steuerbare Nutzungsüberlassung an die Vermietungsgemeinschaft vor. Der Anleger ist daher nicht unternehmerisch tätig und hat keinen Vorsteuerabzug hinsichtlich der Anschaffungskosten.
Die Vermietungsgemeinschaft ist mit der Vermietung der Eigentumswohnungen unternehmerisch tätig.
Die Wohnungseigentumsgemeinschaft wird hinsichtlich der den Betriebskosten zu Grunde liegenden Leistungen gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer unternehmerisch tätig.
Eine Rechnung hinsichtlich der Betriebskosten kann daher nur an den einzelnen Wohnungseigentümer und nicht an die Vermietungsgemeinschaft gelegt werden. Werden die Betriebskosten der Vermietungsgemeinschaft in Rechnung gestellt, kommt es zu einer Steuerschuld kraft Rechnungslegung.
Der Anleger kann hinsichtlich der Betriebskosten nur dann einen Vorsteuerabzug geltend machen, wenn er die Wohnung unternehmerisch nutzt (s. oben).
§ 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 (Rz 874 ff UStR 2000)
Anwendung der Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 auch für natürliche Personen
Eine Einzelperson betreibt eine Privatschule, bei der der vorgetragene Lehrstoff dem Umfang und dem Lehrziel nach annähernd dem von öffentlichen Schulen Gebotenen entspricht. Die organisatorischen Voraussetzungen für einen schulähnlichen Betrieb (wie Räumlichkeiten mit entsprechender Ausstattung; Sekretariat; fixer Lehrplan; Personal nach Art eines Lehrkörpers etc.) sind vorhanden.
Ist für die Inanspruchnahme der Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 erforderlich, dass der Leistungserbringer eine juristische Person ist?
Zusatzfrage:
Ist die Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 bei grundsätzlichem Vorliegen der Voraussetzungen zwingend anzuwenden oder kann der Unternehmer z.B. durch bewusstes Nichterbringen des Nachweises der mit einer öffentlichen Schule vergleichbaren Tätigkeit zur Regelbesteuerung "optieren"?
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 7. 9. 1999, Rs. C-216/97 ("Gregg") unter Rn. 15 ausgeführt, dass entgegen seiner Entscheidung im Urteil Bulthuis-Griffioen (Urteil vom 11. 8. 1995, Rs. C-453/93 , Rn. 20) aus dem Umstand, dass in Art. 13 Teil A Abs. 1 der 6. EG-RL unterschiedliche Bezeichnungen für die dort erwähnten Wirtschaftsteilnehmer benutzt werden, nicht geschlossen werden kann, dass die in dieser Bestimmung vorgesehenen Steuerbefreiungen - soweit ausdrücklich von Umsätzen einer "Einrichtung" die Rede ist - nur juristischen Personen vorbehalten wären, während sie in den anderen Fällen auch von natürlichen Personen in Anspruch genommen werden könnten (vgl. auch Rn. 24 im Urteil vom 3. 4. 2003, Rs. C-144/00 ("Hoffmann") ). Nach der nunmehrigen Rechtsauffassung des EuGH legt der Begriff der Einrichtung zwar die Existenz einer abgegrenzten Einheit nahe, die eine bestimmte Funktion erfüllt. Dieses Merkmal trifft aber nicht nur auf juristische Personen zu, sondern auch auf eine oder mehrere natürliche Personen, die ein Unternehmen betreiben. Eine andere Auffassung würde dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität widersprechen, der es verbietet, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleiche Umsätze bewirken, bei deren Besteuerung unterschiedlich behandelt werden (vgl. Urteil "Gregg", a.a.O., Rn. 18 u. 19).
Maßgeblich für das Vorliegen einer Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 ist daher - unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens - das Vorhandensein eines schulähnlichen Betriebes (vgl. Rz 875 UStR 2000).
Zur Zusatzfrage:
Die dem § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 entsprechende Befreiungsbestimmung im Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. i der 6. EG-RL lautet:
"Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten ..... von der Steuer:
i) die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts , die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung".
Eine Option zur Steuerpflicht ist für diese Befreiungsbestimmung nicht vorgesehen (vgl. Art. 13 Teil C der 6. EG-RL). Dies gilt daher in richtlinienkonformer Auslegung auch für die Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994.
§§ 6 Abs. 1 Z 16, 10 Abs. 2 Z 4, 23 UStG 1994 (Rz 894, 1187 und 2948 UStR 2000)
Pauschalvermietung eines Hotelbetriebes an ein ausländisches Reisebüro
Der österreichische Unternehmer (Ö) vermietet ein für eine Fremdenbeherbergung voll ausgestattetes Haus (voll eingerichtete Fremdenzimmer, voll eingerichtete Küche, Sauna, Gefriergeräte, Küchengeräte usw.) an ein englisches Reisebüro (R) um einen Fixpreis. Das Objekt wird vom Mieter als Chalet mit voller Verpflegung geführt. Das Personal wird vom Mieter selbst gestellt. Die Mietdauer beträgt 2 bzw. 3 Jahre, wobei der Mietzeitraum jeweils die Wintersaison (z.B. vom 6. 12. 2000 bis 22. 4. 2001 usw.) betrifft.
Im Mietpreis sind enthalten: Bettwäsche, Handtücher, Badetücher und Geschirrtücher, Heizung, allgemeine Instandhaltung und normale Abnützung des Mietobjektes während des Mietzeitraumes, Strom, Waschen der Bettwäsche und Müllentsorgung. Getränke und Mahlzeiten werden vom Vermieter nicht verabreicht. Der Mieter ist für die folgenden Kosten verantwortlich: Kurtaxe, Schäden oder Verluste in dem Mietobjekt (nach Inventar), Säuberung der Räumlichkeiten, Mülltrennung.
Frage 1:
Liegt im konkreten Fall eine steuerfreie Vermietung von Grundstücken im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 (mit Optionsmöglichkeit), eine Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke oder eine Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen (§ 10 Abs. 2 Z 4 UStG 1994) durch Ö vor?
Frage 2:
Ist die Vermietung als Reisevorleistung zu beurteilen mit der Folge, dass die Bestimmungen des § 23 UStG 1994 für R zur Anwendung gelangen?
Frage 3:
Für den Fall, dass die Frage 2 bejaht wird: Liegt in Österreich eine Betriebsstätte des R im Sinne des § 3a Abs. 12 UStG UStG 1994 (feste Niederlassung iS des Art. 26 Abs. 2 der 6. EG-RL) vor?
Zu Frage 1:
Beherbergung ist mehr als bloße Gebrauchsüberlassung. Sie beinhaltet zusätzliche Leistungen, wie die Überlassung eingerichteter Räume, Reinigung, Bereitstellung von Wäsche und anderen Utensilien, Erbringung von Dienstleistungen, die es dem Gast ermöglichen, ohne umfangreiche eigene Vorkehrungen an einem Ort vorübergehend Aufenthalt zu nehmen (vgl. Ruppe , Kommentar zum UStG 1994, 2. Aufl., Tz. 72 ff zu § 10).
Im vorliegenden Fall wird die Beherbergungsleistung an den Gast durch jenes Reisebüro erbracht, das das Hotel pauschal - unter Miteinbeziehung bestimmter Nebenleistungen - angemietet hat. Da der letztendliche Verwendungszweck des Mietobjektes nicht in der Vermietung für Wohnzwecke liegt und die Beherbergungsleistung nicht durch den Vermieter erbracht wird, kommt der ermäßigte Steuersatz nicht zur Anwendung. Vielmehr ist eine steuerfreie Vermietung durch Ö an R gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 gegeben, wobei jedoch zur Steuerpflicht optiert werden kann. Nicht unter diese Befreiung fällt die Vermietung und Verpachtung von Maschinen, Betriebsvorrichtungen und sonstigen beweglichen Gegenständen (z.B. das Hotelinventar, wie die Zimmereinrichtung und Hotelküche, Teppiche, Hotelwäsche u. dgl.). Ebenso wenig fallen jene Leistungen unter die Steuerbefreiung, die nicht unmittelbar die Vermietung und Verpachtung bzw. Nutzungsüberlassung betreffen, sondern eigenständige Leistungen des Vermieters darstellen (z.B. Lieferung von Strom, Lieferung von Wärme, Waschen der Hotelwäsche). Wird von Ö nicht zur Steuerpflicht optiert, ist eine entsprechende Aufteilung des pauschal verrechneten Entgelts vorzunehmen.
Zu Frage 2:
Die Margenbesteuerung gemäß § 23 UStG 1994 gelangt zur Anwendung für Reiseleistungen,
- die nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind
- soweit der Unternehmer dabei gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und
- Reisevorleistungen in Anspruch nimmt.
Reisevorleistungen sind alle Leistungen, die von einem Dritten erbracht werden und dem Reisenden u n m i t t e l b a r zugute kommen (vgl. Rz 2996 UStR 2000). Durch die pauschale Anmietung eines gesamten Hotels wird die eigentliche Beherbergungsleistung vom Reisebüro in der Folge als Eigenleistung (im eigenen Namen und auf eigene Rechnung) erbracht. Mangels Anwendbarkeit des § 23 hat die Besteuerung der Beherbergungsleistung daher nach den allgemeinen Vorschriften zu erfolgen.
Zu Frage 3:
Da die Frage 2 verneint wird, ist die Frage 3 gegenstandslos. Zur Besteuerung des englischen Reisebüros R wird jedoch der Vollständigkeit halber bemerkt:
Bei der Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen bestimmt sich der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 nach dem Lageort des Grundstückes.
Steuerschuldner ist das englische Reisebüro R.
Gemäß § 12 AVOG ist die Sonderzuständigkeit des Finanzamt Graz-Stadt nur für Unternehmer gegeben, die ihr Unternehmen vom Ausland aus betreiben und im Inland weder eine Betriebsstätte haben, noch Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes erzielen.
Damit ist das Lagefinanzamt des Hotels für das ausländische Reisebüro zuständig.
§ 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 (Rz 641 ff UStR 2000)
Personalgestellung von Ärzten an das Rote Kreuz und andere Arztpraxen
An einer Vermittlungsagentur für Ärzte und Notärzte (= OEG) sind ein Arzt und ein Nichtmediziner beteiligt. Auf Grund eines Vertrages zwischen der OEG und dem Österreichischen Roten Kreuz (ÖRK) werden dem ÖRK Ärzte und Notärzte für Bereitschaftsdienste und Rettungseinsätze zur Verfügung gestellt. Von dem pauschal als Jahresfixum in Rechnung gestellten Betrag entfallen ca. 94% auf die Abgeltung der erbrachten ärztlichen Leistungen. Mit den restlichen 6% werden Kosten für die Dienstplanerstellung- und -kontrolle und das Betreiben einer Hotline sowie anteilige Lohn-, Buchhaltungs-, Telefon- und sonstige Verwaltungskosten in Rechnung gestellt. Sämtliche Geräte und notwendigen Ausrüstungsgegenstände werden vom ÖRK zur Verfügung gestellt.
Die OEG erbringt auch ärztliche Vertretungsdienste für niedergelassene Ärzte. Weiters werden auch ärztliche Betreuungsdienste für diverse Großveranstalter übernommen. Im letzten Fall obliegt die Bereitstellung der notwendigen Geräte und Ausrüstung der OEG.
Die Vermittlungsagentur schließt ihrerseits mit Ärzten und ausgebildeten Notärzten so bezeichnete "Vermittlungsverträge" ab, wonach sich diese verpflichten, beim ÖRK oder bei bestimmten Veranstaltungen zu genau festgelegten Zeiten ihre Tätigkeit als Notarzt auszuüben bzw. einen niedergelassenen Arzt zu vertreten. Bei ärztlichen Bereitschaftsdiensten im Zusammenhang mit Großveranstaltungen verpflichten sich die Ärzte außerdem, den Weisungen des Veranstalters im Rahmen der Einsatzplanung zu folgen. Die für die Tätigkeit bei Veranstaltungen notwendigen Geräte und Ausrüstungsgegenstände werden von der Vermittlungsagentur beigestellt. Für die erbrachten ärztlichen Leistungen übernimmt die Vermittlungsagentur ausdrücklich keine Haftung.
In allen Fällen stellen die eingesetzten Ärzte ihre tatsächlich geleisteten Stunden der Vermittlungsagentur in Rechnung. Die Vermittlungsagentur wiederum verrechnet die erbrachten ärztlichen Leistungen ohne Aufschlag weiter. Ein geringfügiger Aufschlag wird im Bereich der Verwaltungskosten angesetzt.
Ist hinsichtlich der Überlassung der Ärzte in den genannten Fällen die Umsatzsteuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 anzuwenden?
Handelt es sich bei der Bereitstellung der erforderlichen Geräte bzw. Ausrüstung um eine unselbständige Nebenleistung zur ärztlichen Tätigkeit?
Da die Vermittlungsagentur nach Lage des Sachverhaltes nicht im fremden Namen und auf fremde Rechnung handelt, ist das Vorliegen einer Vermittlungsleistung trotz der Bezeichnung des Vertrages als Vermittlungsvertrag auszuschließen.
Die Frage ist, ob im vorliegenden Fall eine Besorgung von ärztlichen Leistungen vorliegt. Diesfalls wäre § 3a Abs. 4 UStG 1994 zu beachten, wonach die für die besorgte Leistung geltenden Rechtsvorschriften (z.B. Steuerbefreiung) für die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden sind.
Ein Besorgen liegt vor, wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen durch einen Dritten erbringen lässt oder wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen an Dritte erbringt (Rz 500 UStR 2000). Handeln auf fremde Rechnung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das wirtschaftliche Risiko, das mit der besorgten Leistung verbunden ist, nicht vom Besorgenden getragen wird. Der Besorger wird daher im Regelfall neben dem Kostenersatz ein eigenes Besorgungsentgelt verrechnen.
Weiters ist für das Vorliegen einer Besorgungsleistung maßgeblich, dass der Leistungsinhalt der Besorgungsleistung und jener der besorgten Leistung nahezu ident sind. Werden neben der eigentlichen Besorgungsleistung weitere Leistungen mit eigenem wirtschaftlichen Gewicht erbracht, kann dies dazu führen, dass die Besorgungstätigkeit nur einen unselbstständigen Teil einer einheitlichen sonstigen Leistung darstellt (vgl. Kolacny/Mayer, UStG 1994, 2. Aufl., Anm. 60 zu § 3a Abs. 4 und 5 m.w.V.).
Im vorliegenden Fall ist nicht davon auszugehen, dass die von der OEG erbrachten Verwaltungsleistungen bzw. im Fall des Bereitschaftsdienstes bei Großveranstaltungen auch die Überlassung der Geräte und Ausrüstung von derart wirtschaftlichem Gewicht sind, dass eigenständige Hauptleistungen vorliegen. Dafür spricht auch das Verhältnis der Zuordnung der Entgelte (94% für ärztliche Leistungen - 6% für übrige Leistungen der Agentur). Auch aus der Tatsache, dass die erbrachten Verwaltungsleistungen (z.B. die Dienstplaneinteilung, die Abrechnung der ärztlichen Leistungen etc.) in wirtschaftlicher Betrachtungsweise eng mit der eigentlichen ärztlichen Leistung zusammenhängen und diese ergänzen bzw. abrunden, ist auf das Vorliegen von unselbständigen Nebenleistungen zu schließen, die das Schicksal der Hauptleistung teilen.
§ 11 Abs. 12 UStG 1994 (Rz 1137 ff UStR 2000)
Steuerschuld kraft Rechnungslegung bei Kleinbetragsrechnungen
Ein Chor legt für die von ihm veranstalteten Konzerte Eintrittskarten auf, die sämtliche Merkmale von Kleinbetragsrechnungen aufweisen (ua. Eintrittspreis "inklusive 10% Umsatzsteuer"). Der Chor ist Kleinunternehmer im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994.
Schuldet der Chor aufgrund der Eintrittskarten (=Kleinbetragsrechnungen) die Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994?
Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 12 UStG 1994 setzt die Entstehung der Steuerschuld nach dieser Bestimmung voraus, dass der Unternehmer in einer Rechnung über eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach dem UStG für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausweist. Diese Voraussetzung wäre bei reiner Wortinterpretation bei Kleinbetragsrechnungen im Sinne des § 11 Abs. 6 UStG 1994 nicht erfüllt. Nach der Rechtsprechung des VwGH bezweckt jedoch die Bestimmung des § 11 Abs. 12 UStG 1994 die betragsmäßige Identität zwischen der Steuerschuld des leistenden Unternehmers und dem Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers (vgl. z.B. Erkenntnis des VwGH vom 25. 2. 1998, Zl. 97/14/0107, zur Gleichstellung einer Gutschrift mit einer Rechnung).
Da im Falle einer ordnungsgemäßen Kleinbetragsrechnung der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ist demgemäß die Bestimmung des § 11 Abs. 12 UStG 1994 so auszulegen, dass es auch bei Kleinbetragsrechnungen mit unrichtiger Steuersatzangabe zu einer Steuerschuld aufgrund der Rechnungslegung kommt. Die Angabe des Bruttoentgeltes in Verbindung mit dem Steuersatz hat bei Kleinbetragsrechnungen die Wirkung eines gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages.
Als Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 2 UStG 1994 ist - unabhängig von ihrer Bezeichnung - jede Urkunde zu verstehen, mit der ein Unternehmer über eine Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet. Auch Eintrittskarten kommen grundsätzlich als Rechnungen im Sinne des § 11 Abs. 2 UStG 1994 in Betracht (vgl. Scheiner/Kolacny/Caganek , Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 11, Anm. 39). Wesentlich ist jedoch, dass einer Rechnung die Funktion einer Abrechnung über eine Lieferung oder sonstige Leistung zukommt; es muss also der Leistende dem Leistungsempfänger unter Angabe des wesentlichen Inhaltes der Leistung deren Preis in Rechnung stellen und so die Zahlung anfordern. Ob eine bestimmte Urkunde (hier: die genannten Eintrittskarten) diese Funktion erfüllt, kann nur nach der Lage des Einzelfalles beurteilt werden (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 17. 2. 1992, Zl. 90/15/0144).
§ 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 (Rz 2601 UStR 2000)
Haftung beim Übergang der Steuerschuld
Eine deutsche KG vermietet ein Bürohaus in Wien.
Findet die Regelung des § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 Anwendung und kommt es zum Übergang der Steuerschuld auf die Mieter (Unternehmer) bzw. haftet die deutsche KG für die übergegangene Steuerschuld?
§ 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 kommt zur Anwendung, wenn der leistende Unternehmer im Inland keinen Wohnsitz (Sitz), gewöhnlichen Aufenthalt oder Betriebsstätte hat.
Ob eine Betriebsstätte im Sinne des § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 vorliegt, richtet sich nach § 29 BAO. Vermietete oder verpachtete Gebäude(teile) begründen keine Betriebsstätte im Sinne des § 29 BAO (vgl. Ritz , Bundesabgabenordnung, Kommentar, 2. Auflage, § 29, Rz 4).
Unternehmer, die Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes erzielen, sind beim Lagefinanzamt zur Umsatzsteuer zu erfassen.
Es erscheint zweckmäßig, Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und steuerpflichtig vermieten, insoweit als inländische Unternehmer zu behandeln (kein Übergang der Steuerschuld, Rechnung mit Steuerausweis). Sie haben daher diese Umsätze im Veranlagungsverfahren zu erklären. Der Leistungsempfänger schuldet nicht die Steuer für diese Umsätze.
Die UStR 2000 werden entsprechend ergänzt werden.
§ 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 (Rz 2601 ff UStR 2000)
Nachweis der Unternehmereigenschaft beim Übergang der Steuerschuld
Ein Unternehmer mit Sitz in der Schweiz organisiert in Österreich eine Fortbildungsveranstaltung, an der Unternehmer aus Österreich, Deutschland und der Schweiz teilnehmen. Hinsichtlich der Leistungen des Schweizer Veranstalters geht die Steuerschuld auf die Leistungsempfänger über.
Nach § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 kommt es auch dann zum Übergang der Steuerschuld, wenn die Dienstleistung von einem ausländischen Unternehmer an einen anderen ausländischen Unternehmer erbracht wird.
Auf welche Art und Weise ist der Nachweis über die Unternehmereigenschaft des ausländischen Leistungsempfängers zu erbringen?
Gemäß Rz 562 UStR 2000 kann der Nachweis, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist, durch die UID-Nummer und eine Bestätigung des Leistungsempfängers erbracht werden, dass er Unternehmer im Sinne des § 2 UStG 1994 ist und die Leistung für sein Unternehmen ausgeführt wird.
Die Unternehmereigenschaft kann aber auch auf andere Weise nachgewiesen werden, z.B. durch eine Unternehmerbestätigung des Staates, in dem der Unternehmer ansässig und zur Umsatzsteuer erfasst ist.
§ 22 UStG 1994 (Rz 2881 UStR 2000)
Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes
Ein Landwirt versteuert seine Umsätze nach § 22 UStG 1994. Mit 1. 1. 2003 verpachtet er sein Unternehmen an einen anderen Unternehmer, der allerdings seine Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des UStG versteuert.
Darf der Unternehmer die 12%ige Mehrwertsteuer in Rechnung stellen?
Miet- und Pachtzinse für im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in Bestand gegebene Flächen sind solange in die Durchschnittssatzbesteuerung einzubeziehen und gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 steuerfrei (ohne Optionsmöglichkeit), als für diese Flächen aufgrund der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung durch den Pächter weiterhin eine Bewertung als land- und forstwirtschaftliches Vermögen im Sinne des § 29 BewG 1955 erfolgt. Dies wird insbesondere auch dann zutreffen, wenn nicht buchführungspflichtige Land- und Forstwirte den landwirtschaftlichen Betrieb (Teilbetrieb) zur Gänze auf Dauer in Bestand geben und nur die Forstwirtschaft weiterhin selbst bewirtschaften (vgl. Rz 2881 UStR 2000).
Eine Rechnungslegung mit Steuerausweis (Durchschnittssteuersatz) ist jedoch auch in diesen Fällen nur für jene Pachtentgelte zulässig, die sich auf die Nutzungsüberlassung von landwirtschaftlichen Maschinen und Betriebsvorrichtungen beziehen. Für die Überlassung der Grundstücksflächen und Gebäude gilt im Rahmen der Besteuerung nach § 22 UStG 1994 die unechte Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 ohne Optionsmöglichkeit zur Steuerpflicht.
Wird hingegen der gesamte land- und forstwirtschaftliche Betrieb auf Dauer verpachtet und somit keine land- bzw. forstwirtschaftliche Tätigkeit mehr entfaltet (Betriebsaufgabe), liegen keine Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mehr vor und § 22 UStG 1994 ist nicht anwendbar. Die Pachteinnahmen sind nach den allgemeinen Regeln des Umsatzsteuergesetzes zu versteuern. Für die Verpachtung der Grundstücksflächen und Gebäude gilt die unechte Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994, wobei jedoch die Option zur Steuerpflicht gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 möglich ist. Für die Nutzungsüberlassung von landwirtschaftlichen Maschinen und Betriebsvorrichtungen kommt der Normalsteuersatz zur Anwendung, sofern nicht die Kleinunternehmerregelung gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 zum Tragen kommt.
Das jüngste Urteil des EuGH vom 15. Juli 2004, Rs C-321/02 , ist in den vorstehenden Ausführungen noch nicht berücksichtigt. Die Auswirkungen dieses Urteils auf den österreichischen Rechtsbereich werden zu einem späteren Zeitpunkt behandelt und in den Fällen einer für den Steuerpflichtigen ungünstigeren Auswirkung erst für zukünftige Zeiträume relevant sein.
§ 22 UStG 1994 (Rz 2882 UStR 2000)
Entschädigungen für die Überlassung von Grundstücken zur Nutzung von Sport- und Freizeiteinrichtungen (Schipisten, Lifttrassen und Langlaufloipen) sowie für das Aufstellen von Handymasten an pauschalierte Land- und Forstwirte
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 30. 10. 2003, Zl. 2000/15/0109, entschieden, dass die Einräumung einer Dienstbarkeit zur Nutzung einer Schiabfahrt und von Lifttrassen von der Pauschalierung des § 22 UStG 1994 nicht erfasst wird. Dementsprechend wurde auch die Rz 2882 UStR 2000 abgeändert. Desgleichen wurde festgehalten, dass auch die Überlassung eines Grundstücks für Handymasten nicht unter § 22 UStG 1994 zu subsumieren ist.
Ist die Grundstücksüberlassung als Vermietung und Verpachtung (§ 6 Abs. 1 Z 16 UStG) oder als Einräumung einer Dienstbarkeit (Normalsteuersatz) zu qualifizieren bzw. muss in richtlinienkonformer Betrachtungsweise überhaupt eine Abgrenzung zwischen einer steuerfreien "Vermietung und Verpachtung" im Sinne des Art. 13 Teil B lit. b 6. EG-RL bzw. des § 6 Abs. 1 Z 16 UStG und der Einräumung einer steuerpflichtigen Dienstbarkeit (etwa der zur Nutzung einer Schiabfahrt und von Lifttrassen) vorgenommen werden ( EuGH-Urteil vom 4. 10. 2001, Rs. C-326/99 "Goed Wonen")?
Auf Grund des zitierten VwGH-Erkenntnisses können die genannten Leistungen nicht mehr unter § 22 UStG 1994 subsumiert werden.
Da nach der bisherigen Auslegung die Überlassungen von Grundstücken durch einen Land- oder Forstwirt zur Nutzung von Schipisten, Langlaufloipen und dergleichen sowie für das Aufstellen von Handymasten als Umsätze im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes beurteilt wurden und somit die Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 22 UStG 1994 anwendbar war (Rz 2882 UStR 2000 bezüglich Schipisten und Langlaufloipen und Umsatzsteuerprotokoll 2001 bezüglich Handymasten), die Änderung der Rz 2882 UStR 2000 im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erst am 9. Juni 2004 im AÖFV Nr. 161/2004 verlautbart wurde und überdies teilweise bereits vor der Richtlinienänderung Anzahlungen für das gesamte Jahr 2004 geleistet wurden, bestehen keine Einwände, wenn die neue Auslegung erst für Umsätze nach dem 31. 12. 2004 angewendet wird.
Bezüglich der Abgrenzung Dienstbarkeit - Vermietung/Verpachtung wird die Rechtsprechung des EuGH zu beachten sein. Danach liegt eine Vermietung von Grundstücken vor, wenn der Vermieter des Grundstücks dem Mieter gegen Zahlung des Mietzinses für eine bestimmte Dauer das Recht überträgt, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (EuGH vom 12. 6. 2003, Rs C-275/01 ).
Bei der Überlassung von Grundstücken für das Aufstellen von Handymasten wird grundsätzlich von Vermietung und Verpachtung auszugehen sein. Die Leistung des pauschalierten Landwirtes ist daher (falls nicht zur Steuerpflicht optiert wird) unecht steuerfrei. Der Landwirt braucht keine Umsatzsteuer entrichten, wenn in der Rechnung (Gutschrift) keine Umsatzsteuer ausgewiesen ist.
Bei der Überlassung von Grundstücken zur Nutzung als Schipisten, Lifttrassen, Langlaufloipen und dergleichen liegen grundsätzlich Dienstbarkeiten vor. Diese Umsätze des pauschalierten Landwirtes unterliegen der normalen Umsatzbesteuerung. Der Landwirt muss daher grundsätzlich die 20%ige Umsatzsteuer an das Finanzamt entrichten. Aus Gründen der Verwaltungsökonomie wird allerdings bei Nutzungsentgelten bis zu einem Gesamtbetrag von 2.000 € jährlich pro Leistungsempfänger von einer Besteuerung Abstand genommen, wenn in der Rechnung (Gutschrift) keine Umsatzsteuer ausgewiesen ist.
§ 22, Art. 7 UStG 1994 (Rz 2854 und 3988 UStR 2000)
Innergemeinschaftliche Lieferungen durch einen pauschalierten Land- und Forstwirt
Ein seine Umsätze nach den Bestimmungen des § 22 UStG 1994 versteuernder Forstwirt liefert Rundholz um 100.000 € von Kärnten nach Italien.
Darf eine 12%ige Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt werden, also keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung angenommen werden bzw. - falls eine Mehrwertsteuer verrechnet werden darf - welcher Wert muss in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) angegeben werden?
Pauschalierte Land- und Forstwirte können die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht in Anspruch nehmen, da nur die im § 22 Abs. 1 UStG 1994 genannten Steuerbefreiungen anzuwenden sind. Der Landwirt muss daher für die Holzlieferung an einen Binnenmarktunternehmer 12% Umsatzsteuer in Rechnung stellen, die für den ausländischen unternehmerischen Erwerber eine im Inland erstattungsfähige Vorsteuer darstellt (vgl. Rz 2854 und 3988 UStR 2000).
Gemäß Art. 28 Abs. 1 UStG 1994 hat das Finanzamt Unternehmern, die ihre Umsätze ausschließlich gemäß § 22 versteuern, auf Antrag eine UID-Nummer zu erteilen, wenn sie diese für innergemeinschaftliche Lieferungen oder innergemeinschaftliche Erwerbe benötigen (vgl. auch Rz 4339 UStR 2000). Führt der Landwirt innergemeinschaftliche Lieferungen durch, so hat er als Unternehmer, obwohl die innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht umsatzsteuerbefreit sind, vierteljährlich eine ZM bei dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen (vgl. Rz 4152 UStR 2000). In der ZM ist das auf die Holzlieferung entfallende Entgelt gemäß § 4 UStG 1994 anzuführen.
§ 22, Art. 6 Abs. 2 Z 3 UStG 1994 (Rz 3941 UStR 2000)
Zusätzliche Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen durch österreichische Landwirte in den neuen EU-Mitgliedstaaten (z.B. Ungarn und Tschechien)
Pauschalierte sowie buchführungspflichtige österreichische Landwirte bewirtschaften von ihrer Hofstelle im Inland landwirtschaftliche Grundstücke in Ungarn oder Tschechien. Die geernteten Feldfrüchte werden in das Inland verbracht und verkauft.
Wie ist das Verbringen der Früchte nach Österreich umsatzsteuerrechtlich zu behandeln?
Bis zum EU-Beitritt dieser Nachbarstaaten war die Einfuhr der Ernte gemäß Art. 39 Zollbefreiungs-Verordnung von der Einfuhrumsatzsteuer befreit. Ab 1. Mai 2004 kommt für das innergemeinschaftliche Verbringen durch den jeweiligen Landwirt (Unternehmeridentität vorausgesetzt) die Befreiungsbestimmung des Art. 6 Abs. 2 Z 3 UStG 1994 zur Anwendung. Diese Regelung befreit den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen, deren Einfuhr nach den zollrechtlichen Bestimmungen befreit wäre.
§ 23 Abs. 7 UStG 1994 (Rz 3058 UStR 2000)
Schätzung der Bemessungsgrundlage bei Reiseleistungen
Abgabepflichtige verschiedener Wirtschaftsräume reklamieren unter Berufung auf
- AÖF Nr. 87/1995 (s.a. Ruppe, UStG 1994 Kommentar, Rz 31 zu § 23) und
- die Verwaltungspraxis (die zu einem guten Teil dieser Argumentation folgt)
ein Wahlrecht auf Schätzung der gesamten steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage der Marge mit 10% der von den Leistungsempfängern aufgewendeten Beträge zu haben, auch wenn die genaue Ermittlung der Bemessungsgrundlage möglich ist/wäre.
Besteht ein solches Wahlrecht?
Wenn die Bemessungsgrundlage der Marge genau ermittelt werden kann, besteht keine Option auf Schätzung der Bemessungsgrundlage. Ein Wahlrecht auf Schätzung der Bemessungsgrundlage für die Marge ist weder durch das Gesetz noch die Umsatzsteuerrichtlinien gedeckt.
Erhebung der Normverbrauchsabgabe im Zusammenhang mit ausländischen Zulassungsbesitzern
Ein in Deutschland ansässiger Privater verbringt seinen neuen PKW mit deutschem Kennzeichen nach Österreich und überlässt diesen dem in Österreich ansässigen Hotelier zur Nutzung. Der deutsche Eigentümer und Zulassungsbesitzer verfügt selbst über keinen Wohnsitz in Österreich (verbringt nur ab und zu ein Wochenende in Österreich). Bei diesen Gelegenheiten verbringt der Deutsche in regelmäßigen Abständen (alle drei Monate) den PKW für kurze Zeit nach Deutschland und stellt ihn dann wieder dem Hotelier (zu dessen Nutzung) zurück. Der österreichische Hotelier hat - abgesehen vom Treibstoff für die laufende Nutzung - keinerlei Kosten zu tragen. Auch die Versicherungskosten werden vom Deutschen übernommen. Im gegenständlichen Fall liegt weder ein entgeltlicher Mietvertrag noch ein unentgeltlicher Leihvertrag vor. Vielmehr ist von einem Präkarium (Bittleihe) auszugehen.
Auf welcher Rechtsgrundlage kann im gegenständlichen Fall die Normverbrauchsabgabe erhoben werden?
Gemäß § 1 Z 3 NoVAG unterliegt die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, ausgenommen von Vorführfahrzeugen, der Normverbrauchsabgabe, soweit nicht ohnehin eine Lieferung oder eine gewerbliche Vermietung vorliegt. Als erstmalige Zulassung gilt ua. auch die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, es sei denn, es wird ein Nachweis über die bereits erfolgte Entrichtung der NoVA erbracht.
Nach § 79 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 267/1967, idgF., ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Nach § 82 Abs. 8 des KFG 1967 sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeuge mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne inländische Zulassung ist nur während eines Monates ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig.
Nach diesen Vorschriften wäre das gegenständliche KFZ daher im Hinblick auf die nahezu ausschließliche Nutzung im Inland durch eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland nach Ablauf der Monatsfrist in Österreich zuzulassen. Der Steuertatbestand des § 1 Z 3 NoVAG ist verwirklicht.
6. Oktober 2004 Für den Bundesminister: Mag. Scheiner
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte: | ausgegliederte Rechtsträger, Software, HotlineHomepage, Holzakkordant, Vermietung, Schule, Reisebüro, Personalgestellung, Kleinbetragsrechnung, Übergang der Steuerschuld, Verpachtung Landwirtschaft, pauschalierte Landwirte, Handymasten, Schipisten, Reiseleistungen, ausländisches Kfz |