EAS 2402
Übernimmt eine deutsche Architekten-ARGE (mit österreichischen und deutschen Architekten-Gesellschaftern) die Generalplanung bei österreichischen Bauprojekten mit einer 12 Monate übersteigenden Mitwirkungsdauer, dann liegt ab 2003 auch dann eine zur Betriebstättenbegründung und damit zur Steuerpflicht führende Mitwirkung an einer inländischen Bauausführung vor, wenn für die ARGE-Architekten keinerlei inländische festen örtlichen Einrichtungen zur Verfügung stehen. Dies ergibt sich aus dem Update des OECD-Kommentars vom 28. Jänner 2003 (Z. 17 zu Artikel 5 des OECD-Musterabkommens), mit dem die bisherige gegenteilige Kommentarauffassung geändert wurde (siehe hierzu EAS.2274).
Die abkommensrechtlich Österreich überlassenenen Besteuerungsrechte können auf der Ebene des innerstaatlichen Steuerrechts nicht nur gegenüber den unbeschränkt steuerpflichtigen österreichischen ARGE-Architekten, sondern auch gegenüber den nur der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden deutschen Architekten wahrgenommen werden. Denn erzielt die deutsche Architektengemeinschaft Einkünfte aus selbständiger Arbeit, dann steht außer Frage, dass deren Tätigkeit in Österreich verwertet wird und damit gemäß § 98 EStG der inländischen Steuerpflicht unterliegt. Sollten die Einkünfte als gewerblich einzustufen sein, dann würde wegen einer inländischen "Baubetriebstätte" beschränkte Steuerpflicht bestehen. Denn alle ausländischen Gewerbetreibenden, die durch mehr als 6 Monate an einer inländischen Bauausführung mitwirken, treten in die österreichische beschränkte Steuerpflicht ein. Diese Steuerpflicht konnte in der Vergangenheit wegen der abkommensrechtlichen Schrankenwirkung bei bauplanenden und bauüberwachenden Subauftragnehmern nicht wahrgenommen werden; diese Schranke ist aber ab 2003 weggefallen.
Es ist wohl richtig, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30.10.1964, 1707/63, zum Ausdruck gebracht hat, dass die Tätigkeit der Bauüberwachung Bauausführungen begrifflich nicht zugeordnet werden könne. Diese Entscheidung ist aber zum DBA-Deutschland ex 1954 ergangen und trägt damit nicht der gewandelten internationalen Rechtsentwicklung Rechnung. Dass die internationale Rechtsentwicklung auf die Auslegung des innerstaatlichen Steuerrechtes Einfluss nehmen kann, wird im Übrigen auch vom deutschen Bundesfinanzhof bestätigt (BFH vom 21.4.1999, BStBl. II, 694 betr. Beginn einer Montagebetriebstätte). Würde das innerstaatliche Steuerrecht - ohne rechtliche Notwendigkeit - in einer der internationalen Entwicklung entgegenstehenden Weise ausgelegt, würde dies zu einer Doppelnichtbesteuerung führen: Deutschland müsste auf Grund des DBA von der Besteuerung freistellen, Österreich würde wegen fehlgeleiteter Interpretation des nationalen Rechtes keine Besteuerung vornehmen. Ein solches Auslegungsergebnis kann nicht als den Intentionen des Gesetzes entsprechend angesehen werden und ist daher als gesetzwidrig abzulehnen.
05. Jänner 2004 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 5 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 |
Schlagworte: | Bauplanung, Subauftragnehmer |
Verweise: | Art. 5 Z 17 OECD-MA, OECD-Musterabkommen |