EAS 2489
"Unternehmensgewinne" im Sinn von Artikel 7 DBA-Liechtenstein und Einkünfte aus "unselbständiger Arbeit" im Sinn von Artikel 15 DBA-Liechtenstein unterliegen bei in Österreich Ansässigen auch dann der inländischen Besteuerung, wenn die Einkunftsquelle (Betriebstätte bzw. Tätigkeitsort) in Liechtenstein gelegen ist. Werden hingegen Einkünfte aus "selbständiger Arbeit" im Sinn von Artikel 14 DBA-Liechtenstein erzielt, verpflichtet das DBA, solche Einkünfte in Österreich von der Besteuerung freizustellen. Angesichts des beachtlichen Steuergefälles zwischen Österreich und Liechtenstein besteht ein starker fiskalischer Anreiz, Einkünfte möglichst dem Artikel 14 zuzuordnen und die Einkunftsquelle von Österreich nach Liechtenstein zu verlagern, um solcherart die österreichische Steuerbelastung zu vermeiden.
Der Begriff der "Selbständigen Arbeit" ist im Abkommen selbst nicht definiert; in Artikel 14 Abs. 2 sind lediglich Beispielsfälle aufgezählt, die aber durchwegs auch von § 22 EStG 1988 erfasst werden. Angesichts der fehlenden Abkommensdefinition findet Artikel 3 Abs. 2 des DBA Anwendung; zufolge dieser Bestimmung ist - soferne sich aus dem Abkommenszusammenhang nichts Anderes ergibt ("Kontextklausel") - von dem das DBA anwendenden Staat auf das nationale Steuerrecht zurückzugreifen. Daraus ergibt sich, dass nur die unter § 22 EStG 1988 fallenden Einkünfte von Artikel 14 erfasst sind, vorausgesetzt, dass dies mit der genannten "Kontextklausel" vereinbar ist.
Bisher wurde nur im Fall von Gesellschafter-Dienstnehmern in einem internationalen Verständigungsverfahren mit Liechtenstein unter Berufung auf die Kontextklausel eine Abweichung zum österreichischen Recht festgestellt: denn in diesem Verfahren wurden die Einkünfte der Gesellschafter-Dienstnehmer abweichend vom innerstaatlichen Recht den Einkünften aus unselbständiger Arbeit im Sinn von Artikel 15 zugerechnet (BGBl. II Nr. 215/2001).
Von diesem Fall abgesehen, wird daher der sachliche Anwendungsbereich des Artikels 14 des Abkommens mit jenem des § 22 EStG 1988 gleichgestellt. Dies bedeutet, dass auch die im innerstaatlichen Recht entwickelten Abgrenzungskriterien gegenüber den gewerblichen Einkünften (EAS 1775 betr. "Baukünstler"; EAS 1964 betr. Unternehmensberater; EAS 2127 betr. Finanzdienstleister) und gegenüber den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für die zwischenstaatliche Zuordnung maßgebend sind.
Erhält daher ein bisher im Dienstverhältnis tätig gewesener österreichischer Psychologe in Liechtenstein die Konzession, eine Ordination zu eröffnen, und wird er dort im Wesentlichen nur als Geschäftsführer von sechs im Sozialbereich arbeitenden Institutionen tätig, dann bedarf es einer sorgfältigen Sachverhaltsprüfung, ob er seine Einkünfte aus der Sicht der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht als "Arbeitnehmer" im Sinn von § 47 EStG 1988 erzielt und folglich damit gemäß Artikel 15 der österreichischen Besteuerung unterliegt. Sollte sich in seinem hier maßgebenden Tätigkeitsbild nichts Wesentliches gegenüber seiner bisher im Angestelltenverhältnis unternommenen Betätigung verändern, wird eine steuerliche Anerkennung als freiberufliche Tätigkeit jedenfalls nicht möglich sein. Da es sich hierbei aber um Sachverhaltsbeurteilungen handelt, können diese nicht im ministeriellen Auskunftsverfahren geklärt, sondern müssten bei Bedarf vom zuständigen Finanzamt entschieden werden.
05. Juli 2004 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 7 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971 |
Schlagworte: | Einkünfte aus unselbständiger Arbeit, Betriebstätte, Tätigkeitsort, Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Geschäftsführer, Abkommenszusammenhang, Kontextklausel, Gesellschafter-Dienstnehmer, Arbeitnehmer, Tätigkeitsbild, freiberufliche Tätigkeit |
Verweise: | Besteuerung von Einkünften der Gesellschafter-Dienstnehmer liechtensteinischer Kapitalgesellschaften, BGBl. II Nr. 215/2001 |