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Auflösung einer österreichischen Privatstiftung mit Zuwendungsempfängern in Spanien, Italien und der Schweiz

BMFE 21/4-IV/4/0428.6.20042004

EAS 2482

Erhält eine im DBA-Ausland ansässige Person Zuwendungen von einer österreichischen Privatstiftung, dann sind diese im allgemeinen nicht als "Dividenden" zu klassifizieren. Sie fallen daher nicht unter Artikel 10 der dem OECD-MA nachgebildeten Abkommensbestimmungen ("Dividenden"), sondern sind unter Artikel 21 ("andere Einkünfte") zu subsumieren, sodass der ausländische Zuwendungsempfänger bei den OECD-konformen Abkommen Anrecht auf vollständige Entlastung von der österreichischen Kapitalertragsteuer besitzt. Diese Betrachtung geht davon aus, dass der Begünstigte einer österreichischen Privatstiftung (die nach den OECD-konformen Begriffsbestimmungen des Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA vom Begriff "Gesellschaft" erfasst wird) keine "aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte" (im Sinn von Artikel 10 Abs. 3 OECD-MA) bezieht, sodass aus diesem Grund die Einkünfte daher nicht unter Artikel 10 des Abkommens fallen (siehe in diesem Sinn EAS.1409 betr. Zuwendungsempfänger in Liechtenstein; EAS.1450, 1519 und 1762 betreffend amerikanische Zuwendungsempfänger, EAS.2074 betreffend ungarische Zuwendungsempfänger und EAS. 2321 betreffend in der Schweiz und in Norwegen ansässige Zuwendungsempfänger). Eine andere Rechtslage besteht nur im Verhältnis zu Staaten, die in Artikel 10 Abs. 3 des anzuwendenden bilateralen Abkommens nicht dem OECD-Musterabkommen folgen, wie z.B. im Fall Deutschlands.

Die Zuordnung zu Artikel 21 ("andere Einkünfte") bezieht sich nicht nur auf Zuwendungen während des Bestandes der österreichischen Privatstiftung, sondern auch für die im Zusammenhang mit ihrer Auflösung erfolgenden Letztzuwendungen.

Diese Rechtsbeurteilung vermag allerdings nicht zu bewirken, dass damit die Grundsätze der wirtschaftlichen Betrachtungsweise unanwendbar würden. Steht nämlich - abweichend von der Grundkonzeption des österreichischen Privatstiftungsrechtes - dem Zuwendungsempfänger in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die gleiche Einflussnahme auf die Gestion der Stiftung zu wie einem wesentlich Beteiligten im Fall seiner Kapitalgesellschaft, dann würde dies im Sinn von Artikel 10 Abs. 3 der DBA als Beteiligung an der Stiftung (= abkommensrechtlich : Gesellschaft) zu werten sein, und die Zuwendungen wären dann vom Begriff "aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte" erfasst. Österreich folgt mit einer solchen Beurteilung der deutschen Rechtsbeurteilung, wie sie z.B. in EAS.1591 und 1684 aus einem Verständigungsprotokoll zitiert wurde:

"In anderen Fällen kommt eine Zurechnungsbesteuerung nur dann vor, wenn dem Begünstigten oder Letztbegünstigten durch besondere Vorkehrungen eine derartige Einflußnahme auf die Gestion der Stiftung zukommt, daß er in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als "Beteiligter" an dieser Stiftung anzusehen ist."

Im gegebenen Zusammenhang verdienen aber auch die Aussagen der EAS.1527 Beachtung. Die Steuerfreistellung bzw. eine Rückerstattung der von der Stiftung einbehaltenen Kapitalertragsteuer setzt voraus, dass die Zuwendung dem ausländischen Zuwendungsempfänger steuerlich zuzurechnen ist. Wird die Zuwendung im Ansässigkeitsstaat des Zuwendungsempfängers nicht besteuert (liegt daher kein Besteuerungsnachweis vor) dann nährt dies die Vermutung, dass die Zuwendung - zumindest nach ausländischem Recht - nicht dem Zuwendungsempfänger zugerechnet worden ist.

28. Juni 2004 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 21 OECD-MA, OECD-Musterabkommen

Schlagworte:

Privatstiftung, Zuwendungsempfänger, wirtschaftlichen Betrachtungsweise, Zurechnungsbesteuerung

Verweise:

Art. 10 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
Art. 3 OECD-MA, OECD-Musterabkommen

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