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Vertrieb deutscher Softwareprodukte über die Schweiz und Österreich in Osteuropa und im Nahen Osten

BMFA 13/2-IV/4/021.3.20022002

EAS 1998

Wurde von einer deutschen Kapitalgesellschaft der Vertrieb der von ihr entwickelten und urheberrechtlich in ihren Händen geschützten Softwareprodukte in die Schweiz ausgelagert und werden von dort über eine österreichische Untervertriebsgesellschaft die Softwareprodukte in Österreich, in Osteuropa und im Nahen Osten an Endverbraucher vertrieben, dann dürfte nach erster Beurteilung keinem der ablaufenden Zahlungsströme Lizenzgebührencharakter im Sinn von Artikel 12 des OECD-MA zukommen. Dies vor allem deshalb, weil der Vertrieb in der Weise erfolgt, dass die in Deutschland hergestellten "Werkstücke" (= Originaldatenträger mit einer Kopie der Software und einem Exemplar der dazugehörigen schriftlichen Unterlagen) unbearbeitet an die Endverbraucher ausgeliefert werden, wobei die Endverbraucher das Softwareprodukt zwar nutzen, nicht aber vervielfältigen dürfen und weil sie das ausschließliche Urheberrecht der deutschen Herstellerfirma anerkennen müssen.

Das Wesen einer Lizenzgebühr (einer Gebühr für ein "copyright") liegt in der Abgeltung der Erlaubnis, einen immateriellen Vermögenswert zu kopieren und auf diese Weise kommerziell zu nutzen (siehe insb. Z. 13.1 des OECD-Kommentars zu Art. 12 OECD-MA 2000); das Entgelt für die bloß bestimmungsgemäße Verwendung eines Softwareproduktes stellt aber genausowenig eine Lizenzgebühr dar, wie etwa das Entgelt für das mit dem Erwerb eines (urheberrechtlich geschützten) Buches verbundene Recht, dieses lesen zu dürfen.

Das eingangs geschilderte Sachverhaltsbild, in dem niemand ein Vervielfältigungsrecht erlangt, deutet damit darauf hin, dass weder den Zahlungen der Endverbraucher an die österreichische Gesellschaft, noch jenen, die die österreichische Untervertriebsgesellschaft an die schweizerische Hauptvertriebsgesellschaft weitergibt, der Charakter von Lizenzgebühren zuzumessen ist; und zwar weder nach inländischem Recht noch nach Art. 12 DBA-Schweiz, sodass keine Steuerpflicht der schweizerischen Gesellschaft in Österreich besteht.

Jener Differenzbetrag, der der österreichischen Gesellschaft nach Abzug der an die Schweiz abzuliefernden Beträge von den Leistungsentgelten der Endverbraucher verbleibt, müsste aber eine fremdverhaltenskonforme Abgeltung der Dienstleistungsfunktionen der österreichischen Gesellschaft im Vertriebsbereich darstellen.

01. März 2002 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 12 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975

Schlagworte:

Copyright, Fremdvergleich, fremdverhaltenskonform, Vervielfältigungsrecht

Stichworte