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Fremdunübliche unverzinsliche Stundung von Lieferverbindlichkeiten

BMFSch 690/1-IV/4/022.9.20022002

EAS 2109

Verzichtet die schweizerische Muttergesellschaft gegenüber ihrer österreichischen Tochtergesellschaft in fremdunüblicher Weise laufend durch zwei Jahre hindurch auf eine Verzinsung ihrer Lieferforderungen, dann ist die schweizerische Steuerverwaltung gemäß Artikel 9 DBA-Schweiz berechtigt, eine Gewinnerhöhung im Ausmaß der fremdunüblich nicht verrechneten Zinsen anzusetzen; die Abkommensbestimmung verpflichtet in einem solchen Fall Österreich den Gewinn korrespondierend gegenzuberichtigen.

Wenn allerdings die eidgenössische Steuerverwaltung keine Gewinnberichtigung wegen Verstosses gegen den Fremdverhaltensgrundsatz vornimmt, erscheint die Ansicht vertretbar, dass sich aus Artikel 9 des DBA-Schweiz keine abkommensrechtliche Verpflichtung für Österreich ableitet, seinerseits fiktiven Zinsenaufwand gewinnmindernd zu berücksichtigen.

§ 6 Z. 6 EStG wird im Auslegungsweg so verstanden, dass es sich hierbei um die innerstaatliche Rechtsgrundlage für die Umsetzung des abkommensrechtlichen Fremdverhaltensgrundsatzes handelt. Die Bestimmung soll daher im Gleichklang mit den Erfordernissen des Artikels 9 DBA-Schweiz die innerstaatliche Rechtsgrundlage darstellen, die nötig ist, um die Inlandsgewinne international verbundener Unternehmen durch Ansatz von Verrechnungpreisen in korrespondierender Weise von den Auslandsgewinnen abzugrenzen. Die Bestimmung soll auf diese Weise den Eintritt sowohl internationaler Doppelbesteuerungen als auch internationaler Keinmalbesteuerungen vermeiden. Eine inländische Gewinnminderung durch Ansatz fremdüblicher fiktiver Zinsen kann daher nur dann als im Sinn des Art. 9 DBA-Schweiz und des § 6 Z. 6 EStG gelegen sein, wenn diese Zinsen im Verrechnungspreisweg in der Schweiz gewinnerhöhend angesetzt werden.

Wird unter den gegebenen Umständen seitens der österreichischen Betriebsprüfung ein einseitiger Ansatz gewinnmindernder Fiktivzinsen verweigert, so kann dem nicht entgegengetreten werden; es steht aber der schweizerischen Muttergesellschaft frei, im Wege eines gemäß Artikel 25 des Abkommens auf schweizerischer Seite einzuleitenden Verständigungsverfahrens die Frage bilateral abzuklären.

2. September 2002 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 9 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
§ 6 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 25 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975

Schlagworte:

verbundene Unternehmen, Verrechnungspreise, Gewinnberichtigung, Fremdverhaltensgrundsatz, Keinmalbesteuerung, fremdübliche fiktive Zinsen, Verständigungsverfahren

Stichworte