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Sprengstoffentsorgung durch eine deutsche Gesellschaft

BMFP 8/53-IV/4/018.1.20022002

EAS 1973

 

Unter EAS 1936 wurde folgendes ausgeführt:

"Wird eine deutsche Kapitalgesellschaft damit beauftragt, in Stollen eines österreichischen Bergwerkes gelagerten Sprengstoff samt kontaminiertem Erdreich zu entsorgen, wobei das Gefahrengut in Österreich geborgen, gefahrengutgerecht umgepackt und sodann nach Deutschland zur eigentlichen Entsorgung abtransportiert wird, dann besteht bereits nach österreichischem inländischen Recht keine beschränkte Körperschaftsteuerpflicht der deutschen Gesellschaft, wenn diese Arbeiten ohne Nutzung einer inländischen Betriebstätte im Sinn von § 29 BAO ausgeführt werden (und wenn auch kein "ständiger Vertreter" des deutschen Unternehmens in Österreich auftritt). Unter diesen Umständen ist auf die sich aus dem österreichisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommen ergebenden Rechtsfolgen nicht mehr einzugehen."

Es ist richtig, dass Entwicklungen des internationalen Steuerrechts einen Einfluss auf das Verständnis von Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts entfalten können; so z.B. der deutsche BFH im Montageurteil (BFH 21.4.1999, BStBl. II, 1999,694), in dem er in Bezug auf den Beginn einer Montagebetriebstätte auf abkommensrechtliche Kriterien verweist und beifügt, dass "deren Übertragung auf das nationale Recht schon aus Gründen der Einheitlichkeit der Kriterien sachgerecht erscheint". Aus dieser Sicht kommt daher den OECD-Entwicklungen, die tendenziell einen weiten Betriebstättenbegriff vor Augen haben, auch eine gewisse Rückwirkung auf das Verständnis des in § 29 BAO verwendeten Betriebstättenbegriffes zu.

Doch auch nach Abkommensrecht können bloße Reinigungsarbeiten, zu denen auch die Entsorgung von gefährlichen Stoffen zählt, für sich alleine betrachtet nicht als Bauausführung angesehen werden. Daher wird eine Lagerhalle, die länger als 6 Monate von dem deutschen Unternehmen genutzt wird, als solche nach dem Grundtatbestand des Betriebstättenbegriffes in § 29 BAO, der auch dem Schlussprotokoll zu Artikel 4 des DBA-Deutschland Abkommensrecht inhärent ist, eine österreichische Betriebstätte begründen. Es wird nicht ins Treffen geführt werden können, dass die Lagerhalle als Behelfseinrichtung einer Baustelle deren abkommensrechtliches Schicksal teilt und bei Nichtüberschreiten der 12monatigen Baustellenfrist daher keine Betriebstätte begründet.

Die Anwendung einer 6-Monatsfrist zur Beurteilung der erforderlichen Dauerhaftigkeit der Nutzung einer festen örtlichen Einrichtung (Betriebstätten-Grundtatbestand) entspricht der österreichisch-deutschen Verständigung vom 7. Juni 1991; diese Auffassung wird im Übrigen von den meisten OECD-Staaten geteilt und wird daher auch in das geplante OECD-Update 2002 Eingang finden.

Die Dinge wären nur dann anders zu beurteilen, wenn die Entsorgungsarbeiten einen integrierenden Teil einer Bauausführung darstellten, mögen sie auch nur der unmittelbaren Vorbereitung der eigentlichen Bautätigkeit dienen.

08. Jänner 2002 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 29 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955

Schlagworte:

ständiger Vertreter, Betriebstätte, Montagebetriebstätte, Entsorgung von gefährlichen Stoffen, Lagerhalle, Baustellenfrist, 6-Monats-Frist, Betriebstätten-Grundtatbestand, Dauerhaftigkeit, Vorbereitungshandlungen

Verweise:

EAS 1936

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