EAS 2062
Nach österreichischem Recht ist eine Beteiligung als atypischer stiller Gesellschafter an einer nur Vermögensverwaltung betreibenden Kapitalgesellschaft nicht möglich, weil eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit keinen "Betrieb" bildet. Auch im Fall einer GmbH+Still vermag die GmbH den gemeinschaftlich erzielten Einkünften keinen gewerblichen Charakter zu verleihen (ESt-RL 2000, Rz 6015).
Beteiligen sich daher österreichische Anleger in ihrem Privatvermögen an einer ausschließlich eigenes Kapitalvermögen verwaltenden deutschen Kapitalgesellschaft als stille Gesellschafter, dann erzielen sie auch dann aus ihren Beteiligungen ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn diese Beteiligungserträge nach deutschem Recht durch den kraft Rechtsform bestehenden Gewerbebetrieb der GmbH als gewerbliche Einkünfte geprägt werden; die Räumlichkeiten der deutschen GmbH stellen für sie damit aus österreichischer Sicht gesehen keine Betriebstätten im Sinn von Artikel 4 des Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland (DBA-D-1954), BGBl. Nr. 220/1955, dar, sodass alle Einkünfte, die ihnen aus ihrer stillen Beteiligung zufließen, gemäß Artikel 11 DBA-D-1954 der Besteuerung in Österreich unterliegen.
Kann allerdings nachgewiesen werden, dass Deutschland nach seinem inländischen Recht im Fall einer derartigen Konstruktion wegen der kraft Rechtsform bestehenden Gewerblichkeit der Einkünfteerzielung der GMBH von einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft ausgeht und dass folglich in den Räumlichkeiten der deutschen GMBH deutsche Betriebstätten der Mitunternehmerschaft und damit der österreichischen Beteiligten erblickt werden, dann verletzt Deutschland nicht das österreichisch-deutsche Doppelbesteuerungsabkommen, wenn es die dieser Betriebstätte zuzurechnenden Gewinne der deutschen Besteuerung unterwirft.
Gestattet das Abkommen solcherart eine steuerliche Erfassung der Einkünfte in Deutschland, dann ist die in Artikel 15 Abs. 1 DBA-D-1954 geforderte Voraussetzung erfüllt, dass das Besteuerungsrecht Deutschland "zugewiesen" worden ist und dass folglich auf österreichischer Seite Steuerfreistellung unter Progressionsvorbehalt zu gewähren ist.
Diese bereits unter EAS.1728 zum DBA-D-1954 vertretene Auffassung wird auch im Geltungsbereich des DBA-D-2000 aufrechterhalten. Damit wird auch die in Ziffer 3 des deutschen Runderlasses vom 28.12.1999, BStBl. I S. 1121, wiedergegebene Ansicht, dass in Fällen der vorliegenden Art die DBA-Bestimmungen über Unternehmensgewinne (Art. 4 DBA-D-1954 bzw. Art. 7 DBA-D-2000) anzuwenden sind, auf österreichischer Seite geteilt.
22. Mai 2002 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955 |
Schlagworte: | atypische stille Gesellschaft, Vermögensverwaltung, Beteiligungserträge, Gewerbebetrieb |