EAS 1818
Gewährt eine österreichische Muttergesellschaft ihrer italienischen Tochtergesellschaft, an der sie 90% der Anteile hält, ein Darlehen und wird diese Kapitalüberlassung weder in Italien noch in Österreich als verdeckte Einlage, sondern in beiden Staaten als eine fremdübliche konzerninterne Kreditgewährung gewertet, dann ist bei Zugrundelegung des "Fremdverhaltensgrundsatzes" zu erwarten, dass von der Muttergesellschaft ihrer Tochtergesellschaft fremdübliche Zinsen angelastet werden. Geschieht dies nicht, und lässt sich diese Unterlassung nicht durch besondere Gegebenheiten rechtfertigen, dann ist auf der Grundlage von Artikel 9 DBA-Italien eine entsprechende Gewinnberichtigung in Italien herbeizuführen. Denn die genannte Abkommensbestimmung enthält kein dispositives Recht dergestalt, dass es Italien freigestellt wäre, den Fremdverhaltensgrundsatz anzuwenden oder zu missachten.
Ist aber in Italien - notfalls unter Mithilfe der italienischen Gerichte - die Durchsetzung von Artikel 9 und damit der steuerliche Betriebsausgabenabzug fremdüblicher Zinsen herbeiführbar, dann würde sich Österreich einer "unfairen Steuerpraxis" bedienen, wenn es in solchen Fällen darauf verzichtet, die in Italien gewinnmindernd zu berücksichtigenden Zinsen einer Besteuerung zuzuführen. Österreich würde sich in solchen Fällen geradezu als Standort für solche Möglichkeiten nutzende Finanzierungs-Holdings anbieten.
Es sieht daher bereits EAS 1090 und auf ihr aufbauend der EStR 2000 Rz 2510 vor, dass § 6 Z 6 EStG so auszulegen ist, dass diese Bestimmung auch auf die Überlassung von sonstigen Leistungen, im vorliegenden Fall sonach auf eine Darlehensgewährung, anzuwenden ist. Auf das Problem, dass in einer unentgeltlichen Darlehensgewährung eine Nutzungseinlage der österreichischen Muttergesellschaft in ihre italienische Tochtergesellschaft gesehen werden könnte, wobei die Unentgeltlichkeit der Finanzierung als solche kein einlagefähiges Wirtschaftsgut darstellt, ist damit im gegebenen Zusammenhang nicht weiter einzugehen.
Sollte die österreichische Kapitalgesellschaft auf die Einforderung ihrer kraft Gesetzes entstandenen steuerlichen Verrechnungspreisforderung gegenüber der italienischen Tochtergesellschaft verzichten, dann wäre in diesem Verzicht auf den Vermögenswert "Forderung" (und in der durch Befreiung von ihrer steuerlichen Verrechnungspreisverbindlichkeit eintretenden Bereicherung des steuerlichen Betriebsvermögens der Tochtergesellschaft) eine Vermögenszuführung auf Gesellschafterebene, sonach eine verdeckte Einlage in die italienische Tochtergesellschaft zu erblicken.
Im gegebenen Zusammenhang verdient im Übrigen festgehalten zu werden, dass auch der Verwaltungsgerichtshof im Fall einer unverzinslichen Gesellschafterkaufpreisforderung im Hinblick auf die Angehörigen-Rechtsprechung davon ausgeht, dass in den betreffenden Jahren jeweils eine Forderung auf Bezahlung der Zinsen entstanden ist (VwGH 31.3.1998, 93/13/0024, ÖStZB 1998, 560).
12. März 2001 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 9 DBA I (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Italien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 125/1985 |
Schlagworte: | Darlehen, Kapitalüberlassung, Fremdverhaltensgrundsatz, Gewinnberichtigung, Finanzierungs-Holding, Nutzungseinlage, Verrechnungspreise, verbundene Unternehmen, verdeckte Einlage, unverzinsliche Gesellschafterkaufpreisforderung |
Verweise: |