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Deutscher Umgründungsvorgang mit möglichem Qualifikationskonflikt

BMFT 369/4-IV/4/0012.12.20002000

EAS 1769

Wird von einem in Österreich ansässigen Steuerpflichtigen, der an einer operativen deutschen Personengesellschaft beteiligt ist, 80% dieser Beteiligung in eine deutsche Holding-Personengesellschaft eingebracht (Einbringung I), wobei diese Holding-Personengesellschaft in der Folge ihrerseits diese Beteiligung in eine von ihr neugegründete deutsche GmbH einbringt (Einbringung II) und wobei die Steuerneutralität der Einbringung II auf deutscher Seite davon abhängt, dass die in der einbringungsgeborenen GmbH-Beteiligung anwachsenden stillen Reserven in Deutschland steuerhängig bleiben, dann ist diese Bedingung aus dem Blickwinkel des österreichischen Steuerrechtes nicht erfüllt. Denn die deutsche Holding-Personengesellschaft ist nur vermögensverwaltend tätig, sodass die Beteiligung an der deutschen GmbH nicht einer deutschen Betriebstätte (nämlich einer solchen der Holding-Personengesellschaft), sondern unmittelbar dem österreichischen Steuerpflichtigen zugerechnet werden muss. Sollte dieser in späterer Folge die deutsche GmbH-Beteiligung veräußern, dann wäre aus dieser Sicht Deutschland das Besteuerungsrecht durch Artikel 7 DBA-1954 bzw. Art. 13 DBA-2000 entzogen, sodass der Einbringungsvorgang II zur Aufdeckung stiller Reserven führen würde.

Sollte es allerdings so sein, dass in Anwendung des deutschen Steuerrechtes der deutschen Holding-Personengesellschaft ein gewerbliches Gepräge gegeben wird, weil ihr als Gesellschafterin eine deutsche Komplementär-GmbH angehört, und sollten folglich die Räumlichkeiten der Holding-Personengesellschaft eine deutsche Betriebstätte darstellen, zu deren notwendigem Betriebsvermögen die Beteiligung an der durch die Einbringung II geschaffenen GmbH gehört, dann könnte Deutschland nicht entgegengetreten werden, wenn es auf Grund von Art. 4 DBA-1954 bzw. Art. 7 DBA-2000 das Besteuerungsrecht an einer allfälligen Veräußerung der GmbH-Beteiligung in Anspruch nimmt (siehe die Lösung von Qualifikationskonflikten, die durch Unterschiede im innerstaatlichen Recht verursacht worden sind, in EAS 1441). Unter diesen Gegebenheiten könnte sonach der Einbringungsvorgang II auf deutscher Seite steuerneutral abgewickelt werden.

12. Dezember 2000 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Anmerkungen:
Die Verweise auf das deutsch-österreichische "DBA-2000" beziehen sich auf das am 24. August 2000 paraphierte, nach Austausch der Ratifikationsurkunden per 18. August 2002 in Kraft getretene Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 7 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955
Art. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955

Schlagworte:

Umgründungen, Holding, stille Reserven, vermögensverwaltende Tätigkeit, steuerneutrale Einbringungen

Verweise:

Art. 7 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 13 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
EAS 1441

Stichworte