EAS 1484
Die Grundkonzeption des § 31 EStG ist darauf ausgerichtet sicherzustellen, daß Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nicht der inländischen Steuerpflicht entzogen werden, wenn ein Wegzug in ein Land erfolgt, demgegenüber sich Österreich in einem Doppelbesteuerungsabkommen zum Verzicht auf die Veräußerungsgewinnbesteuerung verpflichtet hat. Diese Form der Wegzugsbesteuerung greift unabhängig davon ein, ob möglicherweise das Doppelbesteuerungsabkommen nach dem Wegzug nach wie vor eine (begrenzte) Besteuerung der aus den Kapitalanteilen fließenden Gewinnausschüttungen gestattet oder nicht. Denn der Tatbestand des § 31 Abs. 2 Z. 2 EStG, der mit den Worten "Maßnahmen des Steuerpflichtigen, die zum Verlust des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten hinsichtlich eines Anteiles im Sinne des Abs. 1 führen" umschrieben wird, ist erfüllt, sobald im Fall eines Wegzuges aus Österreich ein Doppelbesteuerungsabkommen den Verlust des Besteuerungsrechtes an Veräußerungsgewinnen bewirkt.
In gleicher Weise ist der umgekehrte Fall zu sehen, in dem jemand nach Österreich zuzieht. Auch in diesem Fall bezieht sich die Wendung des § 31 Abs. 3 EStG "Im Falle des Eintritts in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten" nur auf das Besteuerungsrecht an den Veräußerungsgewinnen, nicht aber auf jenes an den Gewinnausschüttungen; denn die Bestimmung des § 31 EStG ist insgesamt nur auf die Besteuerung des Wertzuwachses am Vermögensstamm ausgerichtet und hat daher auch in seinen Absätzen 2 und 3 lediglich die Auswirkung von Doppelbesteuerungsabkommen in diesem Besteuerungssektor vor Augen.
Verlegt daher ein in Deutschland ansässiger Steuerpflichtiger seinen Hauptwohnsitz aus Deutschland nach Österreich, dann wechselt damit das im gegebenen Zusammenhang maßgebende Besteuerungsrecht an Veräußerungsgewinnen von Deutschland nach Österreich; er tritt damit "in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich" ein. Im Fall eines nach dem Zuzug stattfindenden Verkaufes seiner Kapitalanteile ist daher der Veräußerungsgewinn durch Gegenüberstellung des Veräußerungserlöses zum gemeinen Wert der Anteile anläßlich des Zuzuges nach Österreich zu ermitteln. Der Umstand, daß die Gewinnausschüttungen der inländischen Kapitalgesellschaften bereits vor seinem Zuzug nach Österreich der inländischen Besteuerung unterlagen, kann nicht bewirken, daß der österreichische Veräußerungsgewinn durch Gegenüberstellung mit den seinerzeitigen tatsächlichen Anschaffungskosten ermittelt werden müßte. Das BM für Finanzen schließt sich daher der in dieser Hinsicht der gegenteiligen Literaturansicht (Toifl, Die Wegzugsbesteuerung, Wien 1996, 110 ff) nicht an.
05. Juli 1999 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 31 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Wegzugsbesteuerung |