EAS 1198
Für die Beurteilung der Frage, ob ein gemeinschaftlicher Zusammenschluss von Personen im Ausland bei Anwendung des österreichischen Steuerrechts als Personengesellschaft zu behandeln ist, wird an der in der deutschen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis (Urteile des RFH vom 12.2.1930, RFHE 27 S. 73 sowie des BFH vom 17.7.1968, BStBl. II S. 695 und vom 23. 6.1992, BStBl. II S. 972) entwickelten Auffassung festgehalten, dass es in erster Linie darauf ankommt, ob die ausländische Gesellschaft sich mit einer Gesellschaft des österreichischen Rechts vergleichen lässt. Ist eine ausländische Gesellschaft hinsichtlich ihres Aufbaues und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung einer österreichischen Personengesellschaft vergleichbar, dann ist sie nach diesen Grundsätzen in Österreich als Personengesellschaft zu behandeln (z.B. EAS.303, 493, 1151). Nicht entscheidend ist die steuerliche Behandlung der Gesellschaft bzw. ihrer Gesellschafter in dem ausländischen Staat.
Solange diese Grundsätze aufrechterhalten werden, muss daher konsequenterweise eine nach außen nicht in Erscheinung tretende Beteiligung an einer australischen Kapitalgesellschaft dann, wenn sie die Wesensmerkmale einer unechten stillen Beteiligung des österreichischen Rechtes aufweist, in gleicher Weise als Mitunternehmerschaft eingestuft werden, wie eine inländische unechte stille Gesellschaft; und zwar auch dann, wenn dem australischen Recht die Einrichtung einer stillen Gesellschaft fremd ist.
Dies hat zu Folge, dass Gewinne aus dieser australischen Beteiligung dann, wenn sie - nach österreichischem Recht - für den österreichischen Investor zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, unter die Betriebstättenregel des Artikels 7 DBA-Australien zu subsumieren und der australischen Besteuerung zu überlassen sind; denn die Betriebstätten, die den Gewinn hervorbringen, befinden sich in Australien. Korrespondierend dazu wäre nach Auffassung des BM für Finanzen bei Beendigung der Beteiligung für einen hiebei erzielten Veräußerungsgewinn ebenfalls ein Besteuerungsanspruch Australiens als Betriebstättenstaat anzuerkennen.
Die Auffassung des BFH (13.9.1989, BStBl. II 1990, 57) wird geteilt, dass Gewinnanteile an ausländischen Mitunternehmerschaften nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln sind und dass daher eine analoge Anwendung der Regeln des § 5 EStG nicht möglich ist. Der Gewinnermittlungszeitraum für die australische Mitunternehmerschaft muss daher auch dann das Kalenderjahr sein, wenn die Abschlüsse der australischen Kapitalgesellschaft zu vom Kalenderjahr abweichenden Stichtagen erstellt werden.
Zu der Frage, ob die australischen Gewinne auf Grund des DBA in Österreich von der Besteuerung freizustellen sind, ist allerdings noch folgendes zu beachten:
Artikel 23 Abs. 3 lit. a DBA-Australien sieht die vorgenannten Steuerfreistellungsverpflichtungen in Österreich mit folgenden Worten vor:
"Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte und dürfen diese Einkünfte nach diesem Abkommen in Australien besteuert werden , so nimmt Österreich vorbehaltlich der lit. b.... diese Einkünfte von der Besteuerung aus."
"Lit. b" bezieht sich hiebei u.a. auf die Zuteilungsregel des Art. 10 für Dividenden und des Art. 11 für Zinsen.
Die Steuerfreistellung in Österreich hängt daher noch davon ab, dass auch aus australischer Sicht das Abkommen nicht so auszulegen ist, dass Australien die Besteuerungsrechte an den Einkünften entzogen (oder durch Art. 10 oder 11 eingeschränkt) werden. Denn es könnte durchaus der Fall eintreten, dass das inländische australische Recht dazu nötigt, die Beteiligung auf australischer Seite anders als in Österreich zu qualifizieren und folglich die Einkünfte nicht Artikel 7 des Abkommens, sondern anderen Abkommensbestimmungen zuzuordnen. Sollte daher der Fall so gelagert sein, dass man in Australien zu dem Ergebnis gelangt, dass Australien nach dem Abkommen die Einkünfte der österreichischen Investoren nicht besteuern darf (sog. "negativer Qualifikationskonflikt") oder sie dem Artikel 10 (Dividenden) oder 11 (Zinsen) zu unterstellen, dann ist Österreich nicht verpflichtet, die australischen Einkünfte von der Besteuerung freizustellen. Mit anderen Worten, ein durch unterschiedliches innerstaatliches Recht der beiden Vertragstaaten verursachter negativer Qualifikationskonflikt kann nicht zu einer Doppelnichtbesteuerung führen.
11. Jänner 1998 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 7 DBA AUS (E), Doppelbesteuerungsabkommen Australien (Einkommensteuer), BGBl. Nr. 480/1988 |
Schlagworte: | ausländische Gesellschaft, Personengesellschaft, vergleichbare inländische Gesellschaftsform, Mitunternehmerschaft, unechte stille Gesellschaft, Betriebstätte, Gewerbebetrieb, Veräußerungsgewinn, Gewinnermittlungszeitraum, Steuerfreistellung, Qualifikationskonflikt, Doppelnichtbesteuerung |
Verweise: | § 4 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |