EAS 1046
Wird ein Rumäne für die Dauer von zwei Jahren von einer rumänischen Schwestergesellschaft zur österreichischen Konzerngesellschaft zu Ausbildungszwecken entsandt, wobei die entsendende Gesellschaft weiterhin Arbeitgeberfunktionen (einschl. Sozialversicherung) wahrnimmt und auch die Bezüge (unter Abzug einer rumänischen Steuer) weiterhin auszahlt, wohingegen die österreichische Gesellschaft eine Wohnung sowie einen PKW zur Verfügung stellt und monatlich S 11.000,- zur Deckung der Lebenskosten auszahlt, dann muss vorweg eine Beurteilung der im gegebenen Zusammenhang steuerlich relevanten Gegebenheiten des Falles vorgenommen werden. Hiebei dürfen die ertragsteuerlichen und lohnsteuerlichen Komponenten nicht isoliert voneinander betrachtet werden.
Vor allem ist folgende Frage von entscheidender Bedeutung:
- Übernimmt die österreichische Gesellschaft eine Ausbildungsfunktion nach Art eines Praxis-Schulungszentrums (konzerninterne Assistenzleistung) oder
- wird der Rumäne in wirtschaftlicher Betrachtungsweise wie ein zusätzlicher Mitarbeiter in den Personalstand des österreichischen Betriebes aufgenommen (steuerliches Arbeitsverhältnis zur österr. Konzerngesellschaft).
Im ersten Fall (Assistenzleistung der inländischen Konzerngesellschaft gegenüber ihrer rumänischen Schwestergesellschaft) würde die inländische Konzerngesellschaft genauso wenig "Arbeitgeber" des Rumänen werden, wie dies etwa bei einer Ausbildungseinrichtung in Bezug auf deren Schüler der Fall ist; und zwar auch dann nicht, wenn es zu dem Ausbildungsprogramm gehört, den Auszubildenden produktive Arbeit abzuverlangen, die nicht nur dem Auszubildenden, sondern auch der Ausbildungseinrichtung zugutekommt und von ihr verwertet werden kann (solche Gegebenheiten könnten zwar die Ausbildungskosten reduzieren, nicht aber die Ausbildungseinrichtung zum Arbeitgeber machen). In ertragsteuerlicher Hinsicht hätte die österreichische Konzerngesellschaft nach den Grundsätzen der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien Anspruch auf fremdüblichen Ersatz der Ausbildungskosten (zu denen diesfalls auch der Aufwand für die Unterbringung, den PKW und den Lebenhaltungszuschuss zählt); der Wert der vom auszubildenden Rumänen erbrachten Arbeitsleistung würde hiebei fremdüblich als ausbildungskostenmindernd mitzuberücksichtigen sein. Unterlässt die österreichische Gesellschaft bewusst diese Weiterbelastung an die rumänische Schwestergesellschaft oder anerkennt die rumänische Konzerngesellschaft nicht ihre Vergütungsverpflichtung, dann läge eine verdeckte Gewinnausschüttung an die gemeinsame Muttergesellschaft vor.
Hinzu kommt aber nun noch folgendes: Während der Ausbildungszeit kommt der Rumäne ausschließlich seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber der rumänischen Konzerngesellschaft nach; seine (aktive) Arbeitsleistung besteht sonach in der Absolvierung des gebotenen Ausbildungsprogrammes. Da diese Arbeitsleistung auf österreichischem Staatsgebiet erbracht wurde, steht Österreich gemäß Artikel 15 Abs. 1 DBA-Rumänien das Recht zu, seinen Arbeitslohn (= rumänischer + österreichischer Arbeitslohn) zu besteuern. Da der rumänische Arbeitgeber über keine inländische Betriebstätte verfügt, hat die Besteuerung im Wege der Veranlagung zu erfolgen. Gleichzeitig wäre dafür zu sorgen, dass korrespondierend dazu Steuerfreistellung in Rumänien erwirkt wird (erforderlichenfalls im Wege eines Verständigungsverfahrens).
Im zweiten Fall (zweites steuerliches Dienstverhältnis zur inländischen Konzerngesellschaft) wäre es richtig, Sachbezugswerte und bar ausgezahlte Bezüge dem inländischen Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Allerdings wird in diesem Fall - vor allem weil in Rumänien weiterhin ebenfalls Bezüge zur Auszahlung gelangen - festzustellen sein, in welcher Höhe der österreichische Arbeitgeber bei Einstellung einer vergleichbaren fremden Arbeitskraft Bezüge zu leisten hätte, um auf diese Weise festzustellen, in welcher Höhe die tatsächlich von dem Rumänen erbrachten Arbeitsleistungen fremdüblich abzugelten sind. Soweit es zur Auffüllung auf diesen fremdüblichen Bezug erforderlich ist, wird in den in Rumänien ausgezahlten Beträgen ein "Entgelt von dritter Seite" zu sehen sein. Auch für diesen in die österreichische Besteuerungsgrundlage nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Rumänien einzubeziehenden Entgeltteil ist auf rumänischer Seite korrespondierend Steuerfreistellung zu gewähren.
Im Bereich der Ertragsbesteuerung wäre schließlich jener Aufwandsteil des rumänischen Konzernunternehmens, der als "Entgelt von dritter Seite" zur Auffüllung der unzureichenden Entlohnung in Österreich anzusehen ist, diesem vom österreichischen Unternehmen steuerwirksam zu ersetzen.
Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass in derartigen Fällen konzerninterner Personalentsendungen von Anbeginn darauf zu achten ist, dass eine den Erfordernissen des internationalen Steuerrechts genügende Vertragsgestaltung gewählt wird, um nachträgliche grenzüberschreitend wirkende Berichtigungsmaßnahmen der geschilderten Art zu vermeiden.
24. März 1997 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | DBA RO (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Rumänien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 6/1979 |
Schlagworte: | Dienstnehmerentsendung, Auslandsentsendung, Dienstverhältnis, Gesellschaft, Fremdüblichkeit, OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Inlandsbetriebsstätte, Verständigungsverfahren, Freistellung, Abzugsbesteuerung, Fremdvergleich, Fremdverhaltenskonformität |