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Erwerb ungarischer GmbH-Beteiligungen durch deutsche Investoren über inländische Niederlassungen

BMFF 82/1-IV/4/9721.4.19971997

EAS 1053

1. Beteiligungserwerb durch einen deutschen Einzelunternehmer:

Erwirbt ein in Deutschland ansässiger Einzelunternehmer im Wege seiner in Österreich unterhaltenen und im Firmenbuch protokollierten Zweigniederlassung eine wesentliche Beteiligung an einer ungarischen GmbH und gehört diese Beteiligung zum sogenannten "gewillkürten Betriebsvermögen" dieser österreichischen Betriebstätte, dann sind die aus dieser ungarischen Beteiligung erzielten Gewinnausschüttungen dem steuerpflichtigen Gewinn der inländischen Betriebstätteneinkünfte zuzurechnen.

Der Umstand, dass der deutsche Einzelunternehmer in Österreich über einen Zweitwohnsitz verfügt, bewirkt, dass nicht nur das deutsch-ungarische (DBA-D/H), sondern auch das österreichisch-ungarische Doppelbesteuerungsabkommen (DBA-Ö/H) zur Anwendung gelangt. Ungarn ist demzufolge verpflichtet, seine Quellenbesteuerung hinsichtlich der Gewinnausschüttungen auf 5% (nach dem günstigeren DBA-D/H) herabzusetzen; diese ungarische Quellensteuer ist sodann gemäß Artikel 23 DBA-Ö/H auf die österreichische Einkommensteuer anzurechnen. Deutschland ist gemäß Artikel 4 DBA-Ö/D verpflichtet, die im österreichischen Betriebstättengewinn enthaltenen ungarischen Gewinnausschüttungen von der deutschen Besteuerung freizustellen.

Wird die ungarische Beteiligung veräußert, dann ist Ungarn gemäß Artikel 13 Abs. 4 DBA-Ö/H und Deutschland gemäß Artikel 4 DBA-Ö/D zur Steuerfreistellung verpflichtet; der Veräußerungsgewinn ist als Teil des inländischen Betriebstättengewinnes daher ausschließlich in Österreich steuerpflichtig; die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 37 EStG ist hiebei für die Veräußerung von Auslandsbeteiligungen allerdings nicht vorgesehen.

2. Erwerb durch eine deutsche AG:

Eine andere Rechtslage gilt, wenn die Beteiligung an der operativ tätigen ungarischen GmbH durch die inländische Betriebstätte einer deutschen Aktiengesellschaft erworben wird. Da die deutsche Kapitalgesellschaft in Österreich nur der beschränkten Steuerpflicht unterliegt, ist sie im Sinn des DBA-Ö/H nicht in Österreich ansässig, sodass dieses Abkommen unanwendbar ist. Ungarn ist aber auch in diesem Fall an das DBA-D/H gebunden und folglich zur dementsprechenden Herabsetzung der Quellenbesteuerung auf Dividenden sowie zur Steuerfreistellung allfälliger Veräußerungsgewinne verpflichtet.

Sowohl die aus Ungarn an die österreichische Betriebstätte fließenden Gewinnausschüttungen als auch ein allfälliger künftiger ungarischer Veräußerungsgewinn sind gemäß Artikel 4 DBA-Ö/D in Deutschland und gemäß dem österreichischen inländischen Recht auch in Österreich von der Besteuerung freizustellen. Die Steuerfreistellung in Österreich gründet sich auf § 21 Abs. 2 lit. a KStG; denn nach dieser Gesetzesbestimmung steht den in EU-Staaten ansässigen Kapitalgesellschaften das internationale Schachtelprivileg des § 10 KStG in gleicher Weise wie den in Österreich unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften zu. Infolge der Steuerfreistellung der ungarischen Gewinnausschüttungen in Österreich kommt eine Anrechnung der ungarischen Quellensteuer nicht in Betracht.

21. April 1997 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

OECD-MA, OECD-Musterabkommen

Schlagworte:

Beteiligung, Zurechnung von Einkünften, Inlandsbetriebstätte, Beteiligungserträge, inländischer Zweitwohnsitz, Gewinnausschüttung, Anrechnung, Freistellung, Betriebstättengewinn, Beteiligungsveräußerung, ausländische Gesellschaft, Ansässigkeit, Anrechnung der ausländischen Steuer, Schachteldividende, Schachtelbeteiligung

Verweise:

§ 37 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 21 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 10 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988

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