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Standardisiertes Bestellverfahren bei ausländischen Versandhäusern

BMFSch 53/1-IV/4/9630.4.19961996

EAS 877

 

Sind im internationalen Versandhandel in Österreich Außendienstmitarbeiter ohne formelle Abschlussvollmacht tätig,

und ist es tatsächlich so, dass der österreichische Kunde nicht wirklich davon ausgehen kann, dass er mit Unterfertigung des Bestellscheines das Produkt bereits gekauft hat, insb. weil noch keine umfassende Einigung über "Preis und Ware" zustandegekommen ist, dann kann in einem solchen Fall keine "Abschlussvollmacht" unterstellt werden. Keine Abschlussvollmacht kann daher gegeben sein, wenn der Außendienstmitarbeiter nicht berechtigt ist, über diverse wichtige Einzelfragen zu entscheiden, wie zB die Frage der Rabatt- oder Skontogewährung, die Währungsfrage die Spezifizierung des zu liefernden Produktmodells. In Fällen dieser Art ist sonach der österreichische Kunde genötigt, für das finale Zustandekommen des Kaufvertrages noch weitere Schritte im unmittelbaren Kontakt mit dem ausländischen Unternehmen zu setzen.

Anders ist es, wenn ein standardisiertes Bestellverfahren abläuft, bei dem der österreichische Kunde mit seiner Unterschrift auf dem Bestellschein davon ausgehen kann, dass er damit die Ware oder Dienstleistung gekauft hat und er jetzt nur mehr auf die Auslieferung zu warten hat. Diese Auffassung stützt sich auf Z. 33 des OECD-Kommentars zu Art. 5 OECD-MA, in der es heißt:

"Ist eine Person bevollmächtigt, alle Einzelheiten eines Vertrags verbindlich für das Unternehmen auszuhandeln, kann davon ausgegangen werden, dass sie die Vollmacht in diesem Staat ausübt, auch wenn der Vertrag von einer anderen Person in dem Staat unterzeichnet wird, in dem sich das Unternehmen befindet."

Werden daher von einem ausländischen Versandhandelshaus im Inland Vertreter eingesetzt, die auf Grund der vorgegebenen Bestellkataloge, Musterkollektionen, Produktpreislisten, Rabattstaffeln, Liefer- und Zahlungsbedingungen und der zu verwendenden Formulare Einigung über Beschaffenheit und Preis der angebotenen Waren herstellen und sind die Vertragsbedingungen sonach mit dem ausländischen Versandhandelshaus im allgemeinen nicht mehr weiter verhandelbar, dann spricht vieles dafür, dass hiedurch die Voraussetzung für die Annahme einer inländischen Betriebstätte im vorgenannten Sinn erfüllt wird; die bloß formale "Annahme" des Vertrages im Ausland, sowie die potentielle Gefahr der Nichtannahme vermag nicht zu bewirken, das wirtschaftliche Schwergewicht der Tätigkeit der Außendienstmitarbeiter nicht mehr im inländischen Verkauf der Waren des Versandhandelshauses zu erblicken.

Die vorstehende Beurteilung ist im Grundsätzlichen Anfang Februar 1996 mit der deutschen Steuerverwaltung akkordiert worden.

30. April 1996 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

OECD-MA, OECD-Musterabkommen

Schlagworte:

Vollmacht, Vertreterbetriebstätte

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