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Niederländisches Operngastspiel

BMFB 1016/10/1-IV/4/956.12.19951995

EAS 773

Gastiert ein niederländisches Opernhaus an 5 Abenden mit einer Opernproduktion auf Grund eines mit einem österreichischen Festspielveranstalter abgeschlossenen Werkvertrages in Österreich, dann unterliegt das hiefür gezahlte Pauschalentgelt der Abzugsbesteuerung gemäß § 99 EStG. Ob auf der Grundlage von Artikel 18 des österreichisch-niederländischen Doppelbesteuerungsabkommens (entspricht Art. 17 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens) eine Steuerfreistellung in Anspruch genommen werden kann, hängt von der Auslegung einer solchen Abkommensbestimmung ab, die länderweise uneinheitlich ist, wenn - wie im Fall des DBA-Niederlande - eine dem Art. 17 Abs. 2 OECD-Musterabkommen nachgebildete Abkommensbestimmung fehlt.

Zieht man Absatz 8 des OECD-Kommentars zu Artikel 17 des OECD-Musterabkommens als Auslegungshilfe heran, so ist jener Teil des Pauschalentgeltes, der auf die gemäß Art. 18 DBA-Niederlande in Österreich steuerpflichtigen Künstler entfällt (gemäß VwGH 27.7.1994, 91/13/0222, kann dieser mit 50% geschätzt werden), auf Grund des DBA-Niederlande in Österreich zu besteuern. Legt man indessen das DBA-Niederlande in der gleichen Weise wie das österreichisch-deutsche Doppelbesteuerungsabkommen aus, ergäbe sich aus dem DBA eine Steuerbefreiung (Hinweis auf BFH 20.6.1984, BStBl II 1984, 828). Einer zur Steuerbefreiung führenden DBA-Auslegung könnte sich das BM für Finanzen aber nur dann anschließen, wenn auf niederländischer Seite Bereitschaft zu einer reziproken Interpretation besteht. Diese ist Österreich bisher aber noch nicht notifiziert worden.

Will sich daher der österreichische Veranstalter vor Haftungsfolgen schützen, muss nach der geltenden Rechtslage 50% des Pauschalentgeltes an das niederländische Opernhaus der 20-prozentigen Abzugsbesteuerung gemäß § 99 EStG unterzogen werden. Dem niederländischen Opernhaus steht es diesfalls frei - falls es der Auffassung ist, dass ihm eine abkommensgemäße Steuerentlastung gebührt - dies im Wege eines auf § 240 BAO gestützten Rückerstattungsverfahren geltend zu machen; in diesem Verfahren wird von der österreichischen Finanzverwaltung eine vom niederländischen Finanzministerium auszustellende Reziprozitätsbescheinigung gefordert werden müssen.

6. Dezember 1995 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 18 DBA NL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Niederlande (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 191/1971

Schlagworte:

Gastspiel, Gastspielvergütung, Festivalveranstalter, Musiker, Künstlerbesteuerung, künstlerische Tätigkeit, Werkvertrag, Abzugssteuer, Unterhaltungsdarbietung, Rückerstattung, Unterhaltungsdarbietungen

Verweise:

§ 99 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 17 Abs. 1 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
Art. 17 Abs. 2 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
§ 240 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
VwGH 27.07.1994, 91/13/0222
BFH 20.06.1984, I R 283/81, BStBl II 1984, 828

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