vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Verlustvortrag und Progressionsvorbehalt

BMFE 366/57/1-IV/4/9418.2.19941994

EAS 387

 

Aus der Sicht des BM für Finanzen liegt eine entlastungsbedürftige internationale Doppelbesteuerung nicht nur dann vor, wenn zwei Staaten bei einem Steuerpflichtigen dessen Einnahmen (doppelt) besteuern, sondern in einem weiteren Sinn auch dann, wenn beide Staaten dem Grunde nach abzugsfähige Ausgaben unberücksichtigt lassen. Härten, die sich daraus ergeben, dass durch ein nach dem Befreiungssystem arbeitendes DBA Auslandsverluste unberücksichtigt bleiben, können daher durch Ansatz solcher Auslandsverluste für Zwecke des negativen Progressionsvorbehaltes beseitigt bzw. gemildert werden.

Voraussetzung für einen Verlustvortrag für Progressionszwecke ist aber nicht nur, dass die Verluste im Ausland von der Verwertbarkeit ausgeschlossen sind, sondern auch, dass sie einwandfrei nach österreichischem Recht ermittelt werden können und dass auch sonst die Verlustvortragsvoraussetzungen des österreichischen Rechts erfüllt sind (EAS 289).

Wollen Steuerpflichtige unter Berufung auf Abschn. 105 Abs. 7 der Einkommensteuerrichtlinien 1984 Billigkeitsmaßnahmen beim BM für Finanzen in Anspruch nehmen, werden die vorgenannten Überlegungen für die zu treffende Entscheidung Leitcharakter haben.

Hat daher ein österreichisches Unternehmen Niederlassungen in Brasilien und Argentinien und ist eine Verlustvortragsmöglichkeit nach argentinischem, nicht aber nach brasilianischem Recht möglich, so kann der argentinische Verlust keine progressionskürzende Wirkung in den Folgejahren in Österreich entfalten; Billigkeitsmaßnahmen kommen unter diesen Gegebenheiten nur hinsichtlich des brasilianischen Verlustes in Betracht. Zur Verdeutlichung sei folgendes Ziffernbeispiel gewählt:

 

Jahr 1

Jahr 2

Österreich

100

100

Argentinien

- 100

100

Brasilien

- 200

200

 

--------

--------

Gesamteinkommen

- 200

400

Verlustvortrag

 

-200 *)

  

-------

Progressionsbasis

 

200

*) Vorausgesetzt, dass Billigkeitsmaßnahmen seitens des BM für Finanzen gesetzt werden. Gegen eine vorrangige Verwertung des "Argentinienverlustes" im Jahr 1 bestehen keine Bedenken.

Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit Argumenten, die für und möglicherweise auch gegen die zitierte Regelung des ESt-RL 1984 sprechen, ist im Rahmen des EAS-Verfahrens nicht möglich. Bezüglich des VwGH-Erkenntnisses vom 6.3.1984, Zl. 83/14/0107, sei angemerkt, dass darin lediglich eine sich aus § 1 EStG ergebende Rechtsfolge zum Ausdruck kommt, dass nämlich für die Ermittlung des für den negativen Progressionsvorbehalt anzusetzenden Auslandsverlustes nicht das ausländische, sondern nur das österreichische Recht maßgebend sein kann. Aus diesem Erkenntnis kann aber nicht abgeleitet werden, dass der VwGH eine ausländische Verlustverwertungsmöglichkeit bei der Ergreifung von Billigkeitsmaßnahmen in Folgejahren negieren möchte, dass sonach der VwGH Billigkeitsmaßnahmen zur Herbeiführung einer Doppelverwertung wünschen könnte.

18. Februar 1994 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

OECD-MA, OECD-Musterabkommen

Schlagworte:

negative Progressionseinkünfte, Verluste, Verlustverwertung, Verlustdoppelverwertung

Verweise:

VwGH 06.03.1984, 83/14/0107
§ 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
EAS 289

Stichworte