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Gewinnausschüttungen amerikanischer S-Corporations an österreichische Muttergesellschaften

BMFI 424/17/1-IV/4/9419.7.19941994

EAS 478

In Übereinstimmung mit der deutschen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis (Urteile des RFH vom 12.2.1930, RFHE 27 S. 73 und des BFH 17.7.1968, BStBl II S. 695) ist auch in Österreich die Entscheidung über die einkommensteuerrechtliche Behandlung einer ausländischen juristischen Person bzw. ihrer Gesellschafter im Einzelfall nach den leitenden Gedanken des österreichischen EStG bzw. KStG zu treffen. In erster Linie kommt es darauf an, ob die ausländische Gesellschaft sich mit einer Gesellschaft des österreichischen Rechts vergleichen lässt. Ergibt sich dabei eine weitgehende Übereinstimmung mit dem Aufbau und der wirtschaftlichen Bedeutung einer österreichischen Gesellschaft - zB einer OHG bzw. KG oder einer GmbH - für deren Einordnung in das System des EStG und des KStG die österreichische Gesetzgebung eine bestimmte Regelung getroffen hat, so ist die ausländische Gesellschaft für das österreichische Steuerrecht entsprechend zu behandeln. Nicht entscheidend ist die steuerliche Behandlung der Gesellschaft bzw. ihrer Gesellschafter in dem ausländischen Staat.

Auf der Grundlage dieser Betrachtungsweise verliert daher eine amerikanische Kapitalgesellschaft, die einer österreichischen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist, diese Eigenschaft nicht dadurch, dass sie nach amerikanischem Steuerrecht für die Behandlung als "S-Corporation" und damit für einen Besteuerungsdurchgriff auf die Gesellschafter optiert.

Ob allerdings in einem Besteuerungsfall mit Bezug zu international bekannten Steueroasengebieten (sowohl die US-Corporation als auch die österreichische Holdinggesellschaft sind offensichtliche "Briefkastengesellschaften", Bankkonten und Anwälte mit Sitz auf den britischen Kanalinseln sind eingeschaltet) die Anwendbarkeit des internationalen Schachtelprivilegs gesichert ist, kann im EAS-Verfahren nicht beurteilt werden, da hiefür der Besteuerungsfall einer eingehenderen Durchleuchtung bedarf. Im übrigen wird auf die kürzlich beschlossene Novellierung des § 10 KStG hingewiesen, derzufolge im missbräuchlichen Steuerumgehungsfall die inländische Steuerbefreiung für internationale Schachteldividenden im Verordnungsweg in eine Anrechnung der nachgewiesenen ausländischen Körperschaftsteuervorbelastung der ausgeschütteten Gewinne umgewandelt werden kann.

19. Juli 1994 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 10 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988

Schlagworte:

vergleichbare inländische Gesellschaftsform, Optionsausübung, Durchgriffsbesteuerung, Steueroase, Steueroasengesellschaft, Steueroasengebiet, Briefkastengesellschaft, Briefkasteneigenschaft, Schachtelprivileg, Schachtelbeteiligung, Schachteldividende, Steuerumgehung, Missbrauch, Nachweis, Anrechnung der ausländischen Steuer, Gewinnausschüttung

Verweise:

RFH 12.2.1930, RFHE 27, S. 73
BFH 17.07.1968, I 121/64, BStBl II 1968, 695

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