EAS 534
Weitet ein in Deutschland ansässiges Ehepaar, das in Deutschland Alleingesellschafter einer seminarveranstaltenden GesmbH ist, und das dort deren Geschäftsführung betreibt, den Seminarbetrieb auf Österreich aus und gründet es zu diesem Zweck in Österreich ebenfalls eine seminarveranstaltende GesmbH, wobei der Ehemann die Geschäftsführung besorgt, so kann die Frage, ob sich der Ort der Geschäftsleitung der österreichischen GesmbH in Österreich oder in Deutschland befindet, nicht im Rahmen des EAS-Verfahrens geklärt werden.
Denn die Entscheidung dieser Frage hängt von den Sachverhaltsgegebenheiten ab, die im Rahmen der freien Beweiswürdigung von der zuständigen österreichischen Abgabenbehörde zu würdigen sind. Hierbei besteht aber keine rechtliche Bindung an bereits vorgenommene Beurteilungen durch die deutsche Steuerverwaltung.
Die Parteiansicht, dass sich der Geschäftsleitungsort in Österreich befindet, wird entsprechend zu würdigen sein; dies umso mehr, wenn feststeht, dass die deutsche Steuerverwaltung von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht: denn wenn die österreichische GesmbH tatsächlich über einen Raum mit der üblichen Büroausstattung verfügt und sich darin auch ein Archiv für die Geschäftsunterlagen befindet, wenn weiters in diesem Büro vom deutschen Prokuristen in gewissen Zeitabständen Büroarbeiten verrichtet werden, dann kann jedenfalls nicht von einer bloßen "Briefkasten-GesmbH" gesprochen werden. Denn die Büroräumlichkeiten der GesmbH stellen eine inländische Betriebstätte dieser GesmbH dar; und zwar auch dann, wenn mit Rücksicht auf die besonderen Gegebenheiten eines bloß saisonweise betriebenen Seminargeschäftes, dort nicht ein durchgehender Bürobetrieb herrscht.
Werden die Seminare in der "toten Saison" in einem Tiroler Hotel abgehalten (Mitte April bis Mitte Juni und Mitte Oktober bis Mitte Dezember) und wird in diesen Zeiten dort eine Geschäftsstelle eingerichtet, so spricht vieles dafür, dass diese Geschäftsstelle (auch wenn sie in den Hochsaisonen aus Kostengründen aufgegeben wird) als weitere österreichische Betriebstätte zu werten ist. Denn durch die mit dem Tiroler Hotel getroffenen Abmachungen stehen die betreffenden Räume offensichtlich nicht nur für zwei Monate, sondern - wenn auch mit Unterbrechungen - dauerhaft zur Verfügung.
Unter diesen Umständen wird selbst dann, wenn der Ort der Geschäftsleitung sich tatsächlich in Deutschland befinden sollte, davon auszugehen sein, dass die aus dem Österreich-Geschäft erzielten Gewinne zumindest überwiegend den inländischen Betriebstätten zuzurechnen sind und folglich insoweit gemäß Artikel 4 DBA-Deutschland von der deutschen Besteuerung freizustellen sind.
5. Dezember 1994 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955 |
Schlagworte: | Geschäftsleitung im Inland, Geschäftsführer, Geschäftsführungstätigkeit, Briefkastengesellschaft, Briefkasteneigenschaft, betriebstättenbegründende Räumlichkeiten, Inlandsbetriebstätte, Dauerhaftigkeit, dauerhafte Geschäftseinrichtung, steuerliche Zurechnung, Steuerfreistellung, Freistellung, Zurechnung, feste örtliche Einrichtung, feste Einrichtungen, feste Geschäftseinrichtung |