VwGH Ro 2014/03/0034

VwGHRo 2014/03/003428.2.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Beiziehung des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache der Stadtgemeinde H, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 30. Dezember 2013, Zl BMVIT-220.100/0050-IV/SCH2/2013, betreffend eisenbahnrechtliche Baugenehmigung (mitbeteiligte Partei: Ö AG in W), im Umlaufweg den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8;
EisbEG 1954;
EisenbahnG 1957 §31 idF 2006/I/125;
EisenbahnG 1957 §31d idF 2006/I/125;
EisenbahnG 1957 §31f idF 2006/I/125;
EisenbahnG 1957 §34;
VwRallg;
AVG §8;
EisbEG 1954;
EisenbahnG 1957 §31 idF 2006/I/125;
EisenbahnG 1957 §31d idF 2006/I/125;
EisenbahnG 1957 §31f idF 2006/I/125;
EisenbahnG 1957 §34;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Spruchpunkt I des im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheides wurde der mitbeteiligten Partei die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für den Abtrag der Eisenbahnkreuzung in km 50,107 der ÖBB-Strecke Fehring - Friedberg in der Stadtgemeinde H erteilt. Die belangte Behörde sprach in diesem Spruchteil ausdrücklich aus, dass das "Erfordernis des Erwerbes der für das Projekt benötigten Grundstücke und Rechte" unberührt bleibe.

Mit Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde über Einwendungen ab und wies dabei u. a. zivilrechtliche Ansprüche zurück.

Weiters sprach die belangte Behörde aus, dass hinsichtlich der von der mitbeteiligten Partei beantragten Enteignung (Aufhebung einer näher bezeichneten Dienstbarkeit) gesondert entschieden werde (Spruchpunkt II).

2. Gegen die Spruchpunkte I und III dieses Bescheides richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende Revision mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid im Umfang der Anfechtung kostenpflichtig aufzuheben.

3. Der angefochtene Bescheid wurde der revisionswerbenden Partei am 30. Dezember 2013 zugestellt, sodass eine Revision gemäß § 4 Abs 1 VwGbk-ÜG vorliegt.

Gemäß § 4 Abs 5 (letzter Satz) VwGbk-ÜG gelten für die vorliegende Revision die Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht.

4. Die revisionswerbende Partei macht geltend, sie sei Eigentümerin eines vom Bauvorhaben unmittelbar betroffenen Grundstücks und an einem weiteren vom Bauvorhaben betroffenen Grundstück dinglich berechtigt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Bauwerber einen Anspruch darauf, dass die Baugenehmigung bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen "mit der Auflage der Erlangung der Verfügungsgewalt über die Grundflächen vor Baubeginn" erteilt werde. Die revisionswerbende Partei als Eigentümerin und dinglich Berechtigte müsse daher umgekehrt einen Anspruch darauf haben, dass der mitbeteiligten Partei die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung nur mit der Auflage der Gewinnung der zivilrechtlichen Verfügungsgewalt an den vom Bau betroffenen Grundstücken - welche derzeit aufgrund des Eigentums bzw der Dienstbarkeit der revisionswerbenden Partei nicht gegeben sei - erteilt werde.

5. Gemäß § 31 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) ist für den Bau oder die Veränderung von Eisenbahnanlagen und nicht ortsfesten eisenbahnsicherungstechnischen Einrichtungen die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erforderlich. Aus dem vom Antragsteller vorzulegenden Bauentwurf müssen gemäß § 31b Abs 1 Z 4 iVm mit § 31e EisbG ua die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften - dazu zählen jedenfalls die durch den Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften - und die an diesen dinglich Berechtigten ersichtlich sein.

§ 31f EisbG lautet:

"Genehmigungsvoraussetzungen

§ 31f. Die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn

1. das Bauvorhaben dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der Einbringung des verfahrenseinleitenden Antrages bei der Behörde unter Berücksichtigung der Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn und des Verkehrs auf der Eisenbahn entspricht,

2. vom Bund, von den Ländern und von den Gemeinden wahrzunehmende Interessen durch das Bauvorhaben nicht verletzt werden oder im Falle des Vorliegens einer Verletzung solcher Interessen der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der aus der Verletzung dieser Interessen für die Öffentlichkeit durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entsteht und

3. eingewendete subjektiv öffentliche Rechte einer Partei nicht verletzt werden oder im Falle einer Verletzung eingewendeter subjektiv öffentlicher Rechte einer Partei dann, wenn der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der der Partei durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entsteht.

Vom Stand der Technik sind beantragte Abweichungen in Ausnahmefällen zulässig, wenn mit Vorkehrungen die Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn und des Verkehrs auf der Eisenbahn auf andere Weise gewährleistet werden kann."

Die zivilrechtliche Zustimmung des Grundeigentümers für den Eigentumsübergang der für das Bauvorhaben benötigten Grundflächen an das Eisenbahnunternehmen ist demnach auch nach der durch die Novelle BGBl I Nr 125/2006 geschaffenen Rechtslage nicht Voraussetzung für die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung (zur Rechtslage vor dieser Novelle vgl etwa das auch von der revisionswerbenden Partei zitierte hg Erkenntnis vom 22. November 2005, 2002/03/0185).

6. Es kann dahingestellt bleiben, ob der revisionswerbenden Partei ein subjektiv-öffentliches Recht zukommt, dass die belangte Behörde die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung nur unter der Auflage erteilt, dass die mitbeteiligte Partei das unbeschränkte Eigentum an den vom Bau betroffenen Liegenschaften, die derzeit im Eigentum der revisionswerbenden Partei stehen oder an denen sie dinglich berechtigt ist, erlangt. Der angefochtene Bescheid enthält nämlich in seinem Spruchpunkt I den ausdrücklichen Ausspruch, dass das "Erfordernis des Erwerbes der für das Projekt benötigten Grundstücke und Rechte" unberührt bleibe. Dieselbe Formulierung hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 14. November 2006, 2004/03/0053, als - von der revisionswerbenden Partei hier vermisste - Auflage der Erlangung der Verfügungsgewalt über die Grundflächen vor Baubeginn beurteilt. Die belangte Behörde bringt damit jedenfalls unmissverständlich zum Ausdruck, dass mit dem angefochtenen Bescheid kein Eingriff ins Eigentumsrecht der revisionswerbenden Partei verbunden ist, wie er zur Verwirklichung des genehmigten Projektes gegebenenfalls nach dem Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz (EisbEG) möglich wäre (über den von der mitbeteiligten Partei gestellten Enteignungsantrag wurde mit dem angefochtenen Bescheid nicht entschieden; vgl den - nicht angefochtenen - Spruchpunkt II).

Die revisionswerbende Partei kann daher schon aus diesen Gründen durch den angefochtenen Bescheid nicht in dem von ihr behaupteten Recht verletzt sein.

7. Die revisionswerbende Partei weist schließlich darauf hin, dass durch das Bauvorhaben die verkehrlichen Bedürfnisse der revisionswerbenden Partei "und ihres Publikums" erheblich geschädigt würden. Damit würden von ihr nach § 31d EisbG wahrzunehmende Interessen berührt und es liege eine objektive Genehmigungsvoraussetzung nach § 31f Z 2 EisbG nicht vor.

Mit diesem Vorbringen werden keine subjektiv-öffentlichen Rechte der revisionswerbenden Partei geltend gemacht; das in § 31d EisbG enthaltene Recht der Gemeinde, zu dem Bauvorhaben Stellung zu nehmen, begründet keine Parteistellung in der Sache selbst (vgl - zu § 34 Abs 3 EisbG in der bis zur Novelle BGBl I Nr 125/2006 geltenden Fassung als Vorgängerbestimmung des § 31d EisbG - das hg Erkenntnis vom 29. September 1993, 91/03/0166).

8. Die Revision war daher mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit (oben Punkt 6.) bzw mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung (oben Punkt 7.) in gemäß § 4 Abs 5 VwGbk-ÜG sinngemäßer Anwendung des § 34 Abs 1 VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2014

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