VwGH 2011/04/0159

VwGH2011/04/015926.2.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der W in K (Bulgarien), vertreten durch Mag. Boris Georgiev, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 19. Juli 2011, Zl. Senat-AB-11-0139, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: S AG in K), zu Recht erkannt:

Normen

11992E030 EGV Art30;
11992E059 EGV Art59;
11997E028 EG Art28;
11997E049 EG Art49;
11997E050 EG Art50;
12003T/TXT Beitrittsvertrag Europäische Union Anh14 Nr13;
61992CJ0275 Schindler VORAB;
61999CJ0390 Canal Satelite Digital VORAB;
AuslBG §1 Abs2 litl;
AuslBG §18 Abs1;
AuslBG §18;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb;
AuslBG §32a Abs6;
AuslBG §32a;
BVergG §129;
EURallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
11992E030 EGV Art30;
11992E059 EGV Art59;
11997E028 EG Art28;
11997E049 EG Art49;
11997E050 EG Art50;
12003T/TXT Beitrittsvertrag Europäische Union Anh14 Nr13;
61992CJ0275 Schindler VORAB;
61999CJ0390 Canal Satelite Digital VORAB;
AuslBG §1 Abs2 litl;
AuslBG §18 Abs1;
AuslBG §18;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb;
AuslBG §32a Abs6;
AuslBG §32a;
BVergG §129;
EURallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die Auftraggeberin (= mitbeteiligte Partei) führte beginnend im Mai 2011 ein nicht offenes Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durch. Ausgeschrieben wurde das Gewerk "Kletteranlagenbau", wobei Außen- und Innenkletterwände herzustellen und zu montieren waren.

Die Beschwerdeführerin wurde - ebenso wie weitere Unternehmer - zur Angebotslegung eingeladen und legte fristgerecht ein Angebot.

Mit Schreiben vom 1. Juni 2011 informierte die Auftraggeberin die Beschwerdeführerin davon, dass ihr Angebot gemäß § 129 BVergG 2006 auszuscheiden sei. Dies wurde zum einen mit einer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises des Angebotes der Beschwerdeführerin begründet, weil der Einheitspreis für die Wartung der Kletteranlage mit EUR 0,-- pro Jahr angegeben worden sei und dies betriebswirtschaftlich nicht erklärbar und nachvollziehbar sei. Weiters führte die Auftraggeberin für die Ausscheidensentscheidung ins Treffen, dass der Nachweis einer aufrechten Beschäftigungsbewilligung für die bulgarischen Arbeitskräfte der Beschwerdeführerin laut Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht vorgelegt worden sei.

Die Beschwerdeführerin beantragte - nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens - die Nichtigerklärung dieser Auftraggeberentscheidung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (im Weiteren: belangte Behörde) diesen Antrag ab. Nach Wiedergabe des Nachprüfungsantrags der Beschwerdeführerin und der dazu ergangenen Stellungnahme der Auftraggeberin, nach einer zusammenfassenden Wiedergabe der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2011 und nach Darstellung der maßgeblichen Rechtsvorschriften stellte die belangte Behörde zunächst fest, dass die Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen das Angebot mit dem niedrigsten Preis gelegt habe.

Für die Frage der Zulässigkeit des Ausscheidens des Angebotes der Beschwerdeführerin erachtete die belangte Behörde die Frage von wesentlicher Bedeutung, ob es sich bei der Ausschreibung um einen Bau- oder um einen Lieferauftrag handle. Schon anhand der Ausschreibungsunterlagen sei - so die belangte Behörde - zu ersehen, dass es sich beim vorliegenden Auftrag um einen Bauauftrag und nicht um einen Lieferauftrag handle. Weiters habe sich die Beschwerdeführerin in ihrem Angebot auf die Gewerbeberechtigung eines Baumeisters, eingeschränkt auf die Ausführung, Instandsetzung und Instandhaltung von künstlichen Kletterwänden, gestützt und erklärt, die Leistung zu 100 % als Eigenleistung erbringen zu wollen. Subunternehmen seien im Angebot keine angeführt. Daran anschließend führte die belangte Behörde wie folgt aus:

"Der Auftrag enthält neben der Lieferung der einzelnen Kletterwandelemente auch in einem nicht unerheblichen Ausmaß Dienstleistungen, die vor Ort zu erbringen sind. So wurde in der Schlichtungsverhandlung erörtert, dass etwa sechs Monteure sechs Wochen hindurch vor Ort im Einsatz sein werden und deren Lohnkosten zumindest 10 % der Auftragssumme ausmachen würden. Dazu kommen noch die jährlichen Wartungsarbeiten an der Kletterwand. Somit liegt jedenfalls ein Auftrag vor, der sowohl Liefer- als auch Dienstleistungskomponenten vor Ort umfasst. In der Terminologie des (in der mündlichen Verhandlung gehörten Zeugen DI H. (stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung Rechtsangelegenheiten des Arbeitsmarktservice Niederösterreich)) wäre dies somit ein gemischter Auftrag, für den jedenfalls eine Entsendebewilligung erforderlich wäre."

Unstrittig sei weiters - so die belangte Behörde -, dass die Beschwerdeführerin im fraglichen Zeitpunkt keine Entsendebewilligungen für die vor Ort zum Einsatz gelangenden Mitarbeiter gehabt habe. Es könne auch dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin auf Grund der österreichischen Rechtslage solche Bewilligungen überhaupt hätte erhalten können, zumal sie sich in vergaberechtlicher Sicht auch auf die Leistungsfähigkeit eines anderen Unternehmers (z.B. eines Subunternehmers) hätte stützen können. Da der Beschwerdeführerin somit eine wesentliche rechtliche Voraussetzung für die Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vor Ort in Österreich gefehlt habe, sei ihr Angebot zu Recht ausgeschieden worden. Vor diesem Hintergrund könnten Erwägungen zur Frage der Kalkulation der jährlichen Wartungskosten mit EUR 0,-- unterbleiben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, - wie vorliegend - nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden sind.

2. Die Beschwerdeführerin moniert in ihrer Beschwerde (auf das Wesentlichste zusammengefasst), dass sie für die Ausführung des gegenständlichen Auftrags zur Planung, Herstellung, Lieferung, Montage und Wartung einer künstlichen Kletterwand weder eine Beschäftigungsbewilligung noch eine EU-Entsendebewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) benötigt hätte. Die Einschränkungen des AuslBG seien nämlich nur dann einschlägig, wenn der grenzüberschreitende wirtschaftliche Vorgang der Dienstleistungsfreiheit zuzuordnen sei. Auf Tätigkeiten im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit würden die Einschränkungen nach dem AuslBG hingegen keine Anwendung finden.

Der gegenständliche Auftrag - so die Beschwerdeführerin weiter - enthalte sowohl eine Warenlieferungskomponente als auch eine Dienstleistungskomponente, wobei die Dienstleistungskomponente nur etwa 10 % der gesamten Auftragssumme ausmache, die restlichen 90 % hingegen auf die Warenlieferungskomponente, nämlich die Lieferung einer speziell projektierten und fertig produzierten Kletterwand, entfallen würden. Die gegenständliche Leistung sei somit aus unionsrechtlicher Sicht als Warenlieferung anzusehen. Da eine Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit durch das AuslBG nicht zulässig sei, wäre die Beschwerdeführerin nicht verpflichtet gewesen, Bewilligungen nach dem AuslBG für ihre aus Bulgarien zu entsendenden Mitarbeiter vorzulegen. Die belangte Behörde habe auch keine Feststellungen dazu getroffen, welche Genehmigungen konkret hätten vorgelegt werden müssen.

3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

3.1. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmung der §§ 1 und 18 (jeweils idF BGBl. I Nr. 78/2007) sowie des § 32a (idF BGBl. I Nr. 25/2011) des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) lauteten auszugsweise wie folgt:

"Geltungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

...

l) Freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, deren

drittstaatsangehörige Ehegatten und Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder), die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der EWR-Bürger oder der Ehegatte Unterhalt gewährt, sowie drittstaatsangehörige Eltern des EWR-Bürgers und seines Ehegatten, denen der EWR-Bürger oder der Ehegatte Unterhalt gewährt, sofern sie zur Niederlassung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 berechtigt sind;

..."

"Abschnitt IV

Betriebsentsandte Ausländer

Voraussetzungen für die Beschäftigung; Entsendebewilligung

§ 18. (1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

...

(4) Dauert die im Abs. 1 genannte Beschäftigung länger als vier Monate, so ist eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich. Der Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ist jedenfalls noch vor Ablauf des vierten Monates nach Aufnahme der Arbeitsleistung vom Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einzubringen. Im Falle der Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung ist die Beschäftigung spätestens zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung zu beenden.

...

(12) Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit

Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen

Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden

Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, ist keine

Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat

des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich

hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig

beschäftigt sind und

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen

gemäß § 7b Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden."

"Übergangsbestimmung zur EU-Erweiterung

§ 32a. (1) Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die am 1. Jänner 2007 aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag von Luxemburg), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 157 vom 21. Juni 2005, Seite 11, der Europäischen Union beigetreten sind, genießen keine Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l, es sei denn, sie sind Angehörige eines gemeinschaftsrechtlich aufenthaltsberechtigten Staatsangehörigen eines anderen EWR-Mitgliedstaates gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 NAG.

...

(6) Für die Beschäftigung von EU-Bürgern gemäß Abs. 1 oder Drittstaatsangehörigen, die von einem Arbeitgeber mit Betriebssitz in der Republik Bulgarien oder in Rumänien zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen in einem Dienstleistungssektor nach Österreich entsandt werden, für den nach Nr. 13 des Übergangsarrangements zum Kapitel Freizügigkeit im Beitrittsvertrag (Liste nach Art. 23 der Beitrittsakte in den Anhängen VI und VII) Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 EGV zulässig sind, ist § 18 Abs. 1 bis 11 anzuwenden. In einem Dienstleistungssektor, in dem Einschränkungen nicht zulässig sind, ist § 18 Abs. 12 anzuwenden.

..."

§ 32a Abs. 6 AuslBG knüpft somit an die Entsendung von Arbeitnehmern zur Erbringung von Dienstleistungen an.

3.2. Vorab ist - im Hinblick auf die dahingehenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid - darauf hinzuweisen, dass es für die Einordnung einer Tätigkeit im Hinblick auf die Vorgaben des § 32a Abs. 6 AuslBG für sich genommen nicht hinreichend ist, darauf abzustellen, dass der Auftraggeber eine vergaberechtliche Ausschreibung als Bauauftrag vorgenommen hat. Ebenso wenig ist es für sich allein maßgeblich, dass sich die Beschwerdeführerin in ihrem Angebot auf ihre Gewerbeberechtigung eines Baumeisters gestützt hat.

3.3. Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen zugrunde, dass der gegenständliche Auftrag zum einen die Lieferung von Kletterwandelementen und zum anderen "in einem nicht unerheblichen Ausmaß" (das sie mit zumindest 10 % bezifferte) Dienstleistungen, die vor Ort zu erbringen seien, enthalte. In der Folge ging sie davon aus, dass es sich somit um einen gemischten Auftrag handle, "für den jedenfalls eine Entsendebewilligung erforderlich wäre". Dieser Auffassung ist aus nachstehenden Gründen nicht beizupflichten.

3.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem - auch von der Beschwerdeführerin zur Begründung herangezogenen, eine Bestrafung nach dem AuslBG betreffenden - hg. Erkenntnis vom 24. März 2009, Zl. 2007/09/0283, wie folgt ausgeführt:

"Sind bei einem wirtschaftlichen Vorgang Aspekte der Dienstleistungsfreiheit und der Warenverkehrsfreiheit gegeben, so handelt es sich, etwa im Fall einer Warenlieferung und einer darauf bezogenen Dienstleistung, um eine gemischte Leistung. Grundsätzlich kommt in einem solchen Fall eine Aufspaltung der beiden Bereiche in Betracht. Ist jedoch eine Aufteilung in Einzelleistungen nicht möglich oder besitzt der Dienstleistungsaspekt zur Warenlieferung (oder umgekehrt) nur Annexcharakter, so ist maßgeblich, welche Aspekte überwiegen, und der gesamte Vorgang ist unter dem Aspekt der einen Freiheit zu betrachten. Beschränkt nämlich eine nationale Maßnahme sowohl den freien Warenverkehr als auch den freien Dienstleistungsverkehr, so prüft sie der EuGH grundsätzlich nur im Hinblick auf eine dieser beiden Grundfreiheiten, wenn sich herausstellt, dass im konkreten Fall eine der beiden Freiheiten im Vergleich zu der anderen völlig zweitrangig ist und dieser zugeordnet werden kann (vgl. im Hinblick auf Tätigkeiten und Vertrieb von Waren im Lotteriewesen das Urteil vom 24. März 1994 in der Rechtssache C-275/92 , Schindler, Slg. 1994, I-1039, Rdnr. 22; und das Urteil des EuGH vom 22. Jänner 2002, in der Rechtssache Canal Satelite Digital SL, Slg. 2002, I-607, Rdnr. 31; und dazu vgl. Holoubek, zu

Artikel 49/50, in Schwarze (Hrsg.) (EU-Kommentar, 2. Auflage 2009), Rzlen. 29 ff).

...

Auf Grund der dargestellten Rechtsprechung ist ausreichend geklärt, dass bei einem Sachverhalt, bei dem Waren- und Dienstleistungsfreiheit zusammentreffen, es darauf ankommt, ob die beiden Leistungsteile von einander trennbar sind und wenn diese nicht trennbar sind, welcher Teil überwiegt.

§ 32a Abs. 6 AuslBG statuiert - vor dem Hintergrund der nach der Übergangsbestimmung der Nr. 13 des Anhangs XIV der Beitrittsakte zum Beitrittsvertrag mit der Slowakischen Republik bis längstens dem 30. April 2011 in Form der Beschränkung des Einsatzes betriebsentsandter Ausländer zulässigen Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit in der Slowakei niedergelassener Unternehmen - eine Ausnahme von der in § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG grundsätzlich normierten Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen des AuslBG auf die Beschäftigung von EWR-Bürgern. Die Bestimmung erstreckt diese Ausnahme nach ihrem klaren Wortlaut nur auf die Tätigkeit von Ausländern, soweit es dabei um die Erbringung von Dienstleistungen geht, und ermächtigt derart zur Einschränkung 'der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 EGV'. Auf die Tätigkeit von Ausländern im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorganges, für welchen die Warenverkehrsfreiheit zum Tragen kommt, ist § 32a Abs. 6 AuslBG hingegen nicht anzuwenden. Hinsichtlich Arbeitsleistungen im Zuge einer Warenlieferung, die nicht als Dienstleistung oder Teil einer solchen zu qualifizieren sondern der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 28 EG zuzuordnen sind, sieht weder § 32a AuslBG eine Einschränkung der Inanspruchnahme von ausländischen Arbeitskräften vor, noch ist aus der Beitrittsakte zum Beitrittsvertrag mit der Slowakischen Republik eine Ermächtigung zu einer derartigen Einschränkungsmöglichkeit zu ersehen."

Hinzuweisen ist darauf, dass die dem zitierten Erkenntnis zugrundeliegende Fassung des § 32a Abs. 6 AuslBG (die Regelungen für u.a. slowakische Unternehmer enthielt) und die im vorliegenden Fall anzuwendende Fassung dieser Bestimmung (die Übergangsbestimmungen für u.a. bulgarische Unternehmer enthält) einander inhaltlich gleichen.

Wie sich den oben zitierten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis Zl. 2007/09/0283 entnehmen lässt, kommt es bei einem gemischten Leistungsgegenstand darauf an, ob die beiden Leistungsteile voneinander trennbar sind und - wenn dies nicht der Fall ist - welcher Teil überwiegt (zur Frage des Überwiegens vgl. auch die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2012, Zl. 2011/09/0130).

Den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellungen zum vorliegenden Leistungsgegenstand lässt sich nicht entnehmen, dass die Leistungsteile voneinander trennbar sind. Auch ist nicht ersichtlich, dass die belangte Behörde ihrer Entscheidung die Trennbarkeit der beiden Leistungskomponenten zugrunde gelegt hat. Davon ausgehend ist der belangten Behörde aber anzulasten, dass im angefochtenen Bescheid keine hinreichenden Feststellungen dazu ersichtlich sind, welcher der beiden Leistungsteile als überwiegend anzusehen ist. Die belangte Behörde verweist zwar zum einen auf den nicht unerheblichen Dienstleistungsteil, führt aber zum anderen an, dass die Lohnkosten der Monteure "zumindest 10 % der Auftragssumme" ausmachen würden. Da die Beschwerdeführerin - die Untrennbarkeit der Leistungsteile vorausgesetzt - nur bei einem Überwiegen des Dienstleistungsanteils (ein Anteil von 10 % führt jedenfalls nicht zu einem Überwiegen) verpflichtet gewesen wäre, Bewilligungen nach dem AuslBG einzuholen, sind dahingehende Feststellungen unabdingbar, um die Rechtmäßigkeit der auf das Nichtvorliegen von Bewilligungen nach dem AuslBG gestützten Ausscheidensentscheidung überprüfen zu können.

Ausgehend davon war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014 - auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Februar 2014

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