VwGH AW 2013/17/0050

VwGHAW 2013/17/005028.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Raiffeisenkasse K reg.Gen.m.b.H., vertreten durch C Rechtsanwälte GmbH, der gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 2. September 2013, Zl. FMA-KI29 1177/0001-DEZ/2013, betreffend einen Auftrag gemäß § 70 Abs. 4 Z 1 BWG, erhobenen und zur hg. Zl. 2013/17/0666 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

BWG 1993 §25 Abs13;
BWG 1993 §39 Abs1;
BWG 1993 §70 Abs4 Z1;
VwGG §30 Abs2;
BWG 1993 §25 Abs13;
BWG 1993 §39 Abs1;
BWG 1993 §70 Abs4 Z1;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) wurde der antragstellenden Partei unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von EUR 18.000,--

der auf § 70 Abs. 4 Z 1 BWG gestützte Auftrag erteilt, bis längstens zum 31. Oktober 2013 den gesetzmäßigen Zustand gemäß § 25 Abs. 13 BWG in der Form herzustellen, dass die Modalitäten der konkreten Leistungsbeziehung zwischen dem Zentralinstitut oder dem sonstigen Kreditinstitut, bei dem die Liquiditätsreserve gehalten werde, und den übrigen am Liquiditätsverbund teilnehmenden Kreditinstituten unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 BWG vertraglich oder statutarisch geregelt seien. Weiters sei mit Ablauf vorerwähnter Frist der FMA bekannt zu geben, ob der vom Raiffeisenverband Salzburg reg. Gen.m.b.H. (RVS) als Zentralinstitut gemäß § 25 Abs. 13 BWG sämtlichen angeschlossenen Raiffeisenbanken des Bundeslandes Salzburg am 26. Juni 2013 übermittelte Vertrag 'Vereinbarung zum Liquiditätsverbund in der Raiffeisenbankengruppe Salzburg' unterzeichnet worden sei. Für den Fall der Nichtunterfertigung dieses Vertrages sei der FMA bekannt zu geben, mit welchem anderen vertraglich festgelegten Kreditinstitut mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat eine Regelung hinsichtlich Teilnahme an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs gemäß § 25 Abs. 13 BWG unterzeichnet worden sei, wobei das vertragliche oder statutarisch Regelwerk der FMA vorzulegen sei.

Mit der dagegen erhobenen Beschwerde ist der Antrag verbunden, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die antragstellende Partei begründet ihren Antrag damit, dass unstrittig sei, dass sie eine Liquiditätsreserve gemäß § 25 Abs. 13 BWG zu halten habe und diese auch tatsächlich halte. Der bankenbehördliche Auftrag beziehe sich nicht darauf, dass die antragstellende Partei ihren Pflichten zur Haltung der Liquiditätsreserve nicht nachgekommen wäre, sondern ausschließlich darauf, dass die Modalitäten der konkreten Leistungsbeziehung zu regeln seien. Der durch den Vollzug der angefochtenen Entscheidung erfolgende unverhältnismäßige Nachteil liege darin, dass die Erfüllung des angeordneten Auftrags nur mit dem RVS möglich sei. Die Erfüllung des bankenbehördlichen Auftrages durch die Teilnahme an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs mit einem anderen Kreditinstitut als dem RVS sei nämlich nur unter Inkaufnahme von erheblichen rechtlichen und finanziellen Nachteilen möglich, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten, sollte sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig erweisen. Zudem müsse die antragstellende Partei einen für sie nachteiligen, in ihre Eigenständigkeit gravierend eingreifenden Vertrag unterfertigen.

In ihrer Stellungnahme vom 15. Oktober 2013 sprach sich die FMA gegen die Gewährung der aufschiebenden Wirkung aus und wies darauf hin, dass eine Prüfung der Österreichischen Nationalbank ergeben habe, dass der zwischen der antragstellenden Partei und dem RVS bestehende Liquiditätsreservevertrag nicht den Anforderungen gemäß § 25 Abs. 13 BWG entspreche, weil zwischen den Vertragsparteien hinsichtlich des Anspruches auf eine Refinanzierung in der Höhe der Liquiditätsreserve im Bedarfsfall eine unterschiedliche Vertragsauslegung bestehe, der auch in einen zivilrechtlichen Streit vor dem Landesgericht Salzburg gemündet habe. Der Abschluss einer effektiv durchsetzbaren Vereinbarung mit klaren, einfachen und raschen Entscheidungsstrukturen über die Gewährung von Liquiditätshilfe im Sinne des § 25 Abs. 13 BWG stehe im zwingenden öffentlichen Interesse der Sicherung der Finanzmarktstabilität. Dem Argument der antragstellenden Partei, dass die Erfüllung des aufsichtsbehördlichen Auftrags nur mit dem RVS möglich sei, sei zu entgegnen, dass die Finanzmarktaufsicht nicht vorgeschrieben habe, mit welchem Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union eine Regelung hinsichtlich der Teilnahme an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs gemäß § 25 Abs. 13 BWG zu unterzeichnen sei. Soweit die antragstellende Partei einen unverhältnismäßigen Nachteil darin erblicke, dass sie einen für sie nachteiligen, in ihre Eigenständigkeit gravierend eingreifenden Vertrag unterfertigen müsste, sei auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Beschluss vom 15. Oktober 2009, B 1202/09 ua.) hinzuweisen und auf den Umstand, dass die Mehrheit der Salzburger Raiffeisenbanken den Liquiditätsmanagementvertrag abgeschlossen hätten, welcher von ihnen "offenbar nicht von vornherein als unverhältnismäßig nachteilig angesehen wurde".

Darauf replizierte die antragstellende Partei, indem sie darauf hinwies, dass auch im Fall eines Liquiditätsbedarfes "kein erhebliches Rechtsrisiko" bestehe, weil die Refinanzierung jedenfalls aufgrund des "RSV-Statuts" erfolge, wenn im Verbund ausreichend Liquidität vorhanden sei.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Zunächst ist davon auszugehen, dass der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid einem "Vollzug" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich ist; er enthält Aufträge an die antragstellende Partei, die diese zu einem bestimmten Handeln verpflichten. Insoweit ist der Bescheid nicht nur einer Umsetzung in die Wirklichkeit zugänglich, sondern eine solche auch rechtlich geboten. Die Wirkung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wäre der Wegfall der sich aus dem Bescheid ergebenden Handlungsverpflichtung (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Mai 2012, AW 2012/17/0026, mwN).

Der Gewährung der aufschiebenden Wirkung stehen im vorliegenden Fall jedoch zwingende öffentliche Interessen entgegen: in ihrer Stellungnahme vom 15. Oktober 2013 legt die Finanzmarktaufsicht nachvollziehbar dar, dass "der Abschluss einer effektiv durchsetzbaren Vereinbarung mit klaren, einfachen und raschen Entscheidungsstrukturen über die Gewährung von Liquiditätshilfe iSv § 25 Abs. 13 BWG im zwingenden öffentlichen Interesse" liegt (zum öffentlichen Interesse an der Finanzmarktstabilität im Allgemeinen und der Sicherung einer hinreichenden Liquidität im Bankensektor im Besonderen vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23.06.1993, Zl. G 250/92, und den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 2013, B 1076/2013, mwN).

Wie auch der Verfassungsgerichtshof in seinem zuletzt genannten Beschluss ausgeführt hat, ist vor dem Hintergrund des Rechtsstreits zwischen der antragstellenden Partei und dem RVS (hinsichtlich der Auslegung des Liquiditätsreservevertrags im Hinblick auf die Erfordernisse gemäß § 25 Abs. 13 BWG) vor dem Landesgericht Salzburg der Beurteilung der FMA nicht entgegenzutreten, dass unter der derzeitigen Vertragssituation im Bedarfsfall von einer zügigen Bereitstellung und Abwicklung einer Liquiditätshilfe keine Rede sein könne und eine Gewährung der aufschiebenden Wirkung den zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstünde. Daran vermag auch das Vorbringen der antragstellenden Partei in ihrer Replik nichts zu ändern, wonach die Refinanzierung im Liquiditätsfall ohnehin durch das Statut des RVS gesichert wäre. Dem von der antragstellenden Partei als Beilage./2 übermittelten "Statut" des Raiffeisenverbandes Salzburg vom 26. April 2002 sind nämlich weder Regelungen über die Voraussetzungen für die Bereitstellung von Liquidität im Bedarfsfall noch solche über die konkreten Leistungsverpflichtungen in einem solchen Bedarfsfall zu entnehmen. Es fehlen auch Bestimmungen über die Willensbildung, insbesondere die Beschlusserfordernisse, bei den entsprechenden Entscheidungen. Damit ist jedenfalls davon auszugehen, dass das vorgelegte Statut den Mindestinhaltserfordernissen einer Liquiditätsregelung gem. § 25 Abs. 13 Z 1 bis 3 BWG nicht entspricht.

Aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.

Wien, am 28. Oktober 2013

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