VwGH 2012/21/0134

VwGH2012/21/013411.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des RA in L, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 8. Mai 2012, Zl. VwSen- 730341/11/SR/ER/WU, betreffend Aufenthaltsverbot (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47 Abs2;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art51 Abs1;
32008L0115 Rückführungs-RL;
AVG §67d Abs1;
AVG §67d Abs3;
AVG §67d;
EURallg;
FrPolG 2005 §52 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §63 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §9 Abs7 idF 2011/I/038;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47 Abs2;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art51 Abs1;
32008L0115 Rückführungs-RL;
AVG §67d Abs1;
AVG §67d Abs3;
AVG §67d;
EURallg;
FrPolG 2005 §52 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §63 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §9 Abs7 idF 2011/I/038;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1981 geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik. Er gelangte 2003 nach Österreich und erhielt hier in der Folge Aufenthaltstitel.

Ab 2008 wurde der Beschwerdeführer straffällig. Er wurde deshalb - insbesondere wegen der Begehung von Verbrechen nach dem SMG - zweimal strafgerichtlich verurteilt, und zwar zuletzt zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren.

Im Hinblick auf die strafgerichtlichen Verurteilungen bzw. das diesen Verurteilungen zugrunde liegende strafbare Verhalten verhängte die Bundespolizeidirektion Linz gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 27. Mai 2011 ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot. Dagegen erhob der damals unvertretene Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. Mai 2012 gab der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (die belangte Behörde) dieser Berufung insofern statt, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf sechs Jahre herabgesetzt wurde; im Übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid - wie sich aus seiner Begründung ergibt: nach § 63 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG in der Fassung des am 1. Juli 2011 in Kraft getretenen FrÄG 2011 - bestätigt. Von der Durchführung einer Berufungsverhandlung sah die belangte Behörde ab, was sie damit begründete, dass eine solche nicht erforderlich gewesen sei, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergebe, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig sei und weil die Akten erkennen ließen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lasse.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes ist als Maßnahme im Sinn der Richtlinie 2008/115/EG zu verstehen. Damit hat die belangte Behörde in "Durchführung des Rechts der Union" im Sinn des Art. 51 Abs. 1 der Grundrechte-Charta gehandelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2012, Zl. 2011/21/0278). Von daher hätte die belangte Behörde aber, was in der Beschwerde zutreffend gerügt wird, im vorliegenden Fall eine Berufungsverhandlung durchführen müssen, und zwar ungeachtet dessen, dass sie vom - unvertretenen - Beschwerdeführer nicht beantragt worden war. Dazu kann des Näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des zuletzt ergangenen hg. Erkenntnisses vom 19. März 2013, Zl. 2011/21/0267, verwiesen werden. In dem genannten Erkenntnis wurde insbesondere auch - unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 20. März 2012, Zl. 2011/21/0298 - zum Ausdruck gebracht, dass die von der belangten Behörde zum Unterbleiben einer Berufungsverhandlung angestellten Erwägungen in einem Fall wie dem vorliegenden nicht tragfähig sind.

Das Unterbleiben der gebotenen Durchführung einer Berufungsverhandlung belastet den bekämpften Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (vgl. abermals das schon genannte Erkenntnis Zl. 2011/21/0267). Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 11. Juni 2013

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