Normen
BDG 1979 §115;
BDG 1979 §93;
B-VG Art130 Abs2;
BDG 1979 §115;
BDG 1979 §93;
B-VG Art130 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Zweit- und dem Drittmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Behörde erster Instanz wurden die Mitbeteiligten schuldig erkannt, sie haben während des Nachtdienstes vom 13. zum 14. April 2011 in der Justizanstalt W Alkohol konsumiert (Anm.: nach den Angaben der Mitbeteiligten der Erstmitbeteiligte am 13. mittags trotz Restalkohol durch Konsum alkoholischer Getränke am Vorabend zwei Flaschen Bier und im Nachtdienst zwei Halbe-Liter-Dosen Bier; der Zweitmitbeteiligte am
13. mittags trotz Restalkohol durch Konsum alkoholischer Getränke am Vorabend zwei Krügel und ein Seidl Bier und im Nachtdienst zwei Drittel-Liter-Dosen Bier; der Drittmitbeteiligte im Nachtdienst 200 ml Montana-Haustropfen) und daraufhin bei der am 14. April 2011 um 1.30 Uhr durchgeführten Messung der Atemluft eine Alkoholisierung aufgewiesen, und zwar umgerechnet (der Erstmitbeteiligte) 1,62 Promille, (der Zweitmitbeteiligte) 0,78 Promille und (der Drittmitbeteiligte) 0,72 Promille.
Sie haben dadurch gegen § 43 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen, wonach Beamte verpflichtet sind, ihre dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln aus Eigenem zu besorgen und gegen § 44 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen, wonach Beamte ihre Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen haben, wobei von der Anstaltsleitung durch mündliche Weisung ein Verbot des Einbringens oder Konsumierens von alkoholischen Getränken ausgesprochen wurde, dies in Verbindung mit Punkt 6.1. Abs. 1 und 2 der Vollzugsordnung, wonach Justizwachebeamte einen verantwortungsvollen und mit Gefahren verbundenen Dienst im Bereich der öffentlichen Sicherheit ausüben und daher zu sorgen haben, dass sie während der Ausübung des Dienstes voll wahrnehmungs-, handlungs- und reaktionsfähig bleiben, sodass ein Konsum von Mitteln, die diese Fähigkeiten ausschließen oder herabsetzen, während des Dienstes oder zeitlich so knapp vor dem Dienst, dass die Beeinträchtigung während des Dienstes anhält, verboten sei.
Über den Erstmitbeteiligten wurde die Disziplinarstrafe der Geldbuße in Höhe von EUR 500,--, über den Zweit- und den Drittmitbeteiligten die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt.
Zur Strafbemessung führte die Behörde erster Instanz aus:
"Bei der Strafzumessung seien die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit aller (mitbeteiligten Parteien), deren reumütige und letztlich umfassende Geständnisse, bei(m Erstmitbeteiligten) überdies die gewonnene Einsicht in seine Alkoholproblematik und deren ärztliche Behandlung sowie seine massiven privaten Probleme im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren, bei(m Zweitmitbeteiligten) dessen Verärgerung über die Prüfungsangst seines Sohnes und bei(m Drittmitbeteiligten) dessen länger dauernde Magenbeschwerden und deren Behandlung mit einem ärztlich empfohlenen Präparat als mildernd zu werten gewesen.
Demgegenüber könne allerdings nicht außer Betracht gelassen werden, dass den Disziplinarbeschuldigten im Rahmen des Nachtdienstes ein hohes Maß an Verantwortung oblegen sei und dass sie daher durch ihre Alkoholisierung eine massive Gefährdung der Sicherheit in der Anstalt zu verantworten hätten.
In Abwägung dieser Milderungs- und Erschwerungsgründe habe bei(m Zweitmitbeteiligten) und (Drittmitbeteiligten) noch mit der Disziplinarstrafe des Verweises das Auslangen gefunden werden können.
Bei(m Erstmitbeteiligten) sei die Alkoholisierung allerdings in einem solch erheblichen Ausmaß gegeben gewesen, dass - als angemessene Sanktion - nur mehr auf eine Geldbuße habe erkannt werden können."
Ausschließlich gegen die Strafhöhe erhob der Disziplinaranwalt Berufung. Die Mitbeteiligten brachten kein Rechtsmittel ein.
Die belangte Behörde gab der Berufung Folge und verhängte über den Erstmitbeteiligten die Disziplinarstrafe der Geldbuße in Höhe von EUR 800,--, über den Zweit- und Drittmitbeteiligten die Disziplinarstrafe der Geldbuße in Höhe von je EUR 400,--.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus:
Das Disziplinarrecht bezweckt die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes und erfüllt eine dem Interesse der Allgemeinheit dienende Ordnungsfunktion. Der maßgebliche Fokus liegt hier daher überwiegend in der Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen und korrekten Dienstbetriebes.
Durch die Disziplinarstrafe soll der der Disziplinargewalt Unterworfene entweder an seine Dienstpflichten gemahnt und angehalten werden, diese künftig zuverlässig zu erfüllen, oder, wenn die Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem Beschuldigten aus spezialpräventiven Gründen oder - seit dem Inkrafttreten der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl I 147/2008, auch - aus generalpräventiven Gründen nicht möglich ist, im Wege der Entlassung aus dem Dienstverhältnis entfernt werden (§ 93 Abs. 1 BDG).
Von diesen Kriterien ausgehend erweisen sich die von der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz über die drei (Mitbeteiligten) verhängten Disziplinarstrafen jedoch als unzureichend.
Wie der Disziplinaranwalt in seiner Berufung zutreffend ausführt, kommt den von der Erstinstanz im Wesentlichen korrekt angenommenen Strafzumessungsgründen eine andere Gewichtung zu.
Dem von der Disziplinarbehörde erster Instanz hinsichtlich des (Erstmitbeteiligten) als mildernd angeführten Umstand massiver privater Probleme im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren, einer dem (Zweitmitbeteiligten) als mildernd zugebilligten Erregung über berufliche Probleme seine Sohnes und der bei(m Drittmitbeteiligten) als mildernd angenommenen ärztlichen Verordnung eines alkoholhaltigen Arzneimittels kommt nur eine höchst untergeordnete Bedeutung zu.
Demgegenüber tritt bei allen drei (Mitbeteiligten) als zusätzlicher Erschwerungsgrund die Verletzung zweier Dienstpflichten hinzu.
Vor allem aber kommt - wie der Disziplinaranwalt zutreffend aufzeigt - der Gefährdung der Sicherheit in der Justizanstalt durch den Konsum erheblicher Mengen alkoholischer Getränke, die von ihnen - entgegen einer ausdrücklichen Weisung der Anstaltsleitung - vor Antritt des besonders gefahrengeneigten Nachtdienstes in die Dienststelle eingebracht worden waren, bei der Beurteilung der Schwere der Dienstverletzung besonderes Gewicht zu.
Die Disziplinaroberkommission gelangt daher zu dem Ergebnis, dass in Ansehung aller drei (Mitbeteiligten) nur die Verhängung der zweitschwersten Disziplinarstrafe, nämlich jener der Geldbuße gemäß § 92 Abs. 1 Z 2 BDG, die beim Erst(mitbeteiligten) wie aus dem Spruch ersichtlich zu erhöhen war - mit Blick auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Disziplinarbeschuldigten (beim Dritt(mitbeteiligten) wurde eine gegenüber einem fünfjährigen Kind bestehende Sorgepflicht berücksichtigt) - eine schuld- und tatangemessene sowie spezial- und generalpräventiven Erfordernissen ausreichend Rechnung tragende disziplinarrechtliche Reaktion auf die Dienstpflichtverletzungen der Mitbeteiligten darstellt."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Disziplinaranwaltes.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Zweit- und der Drittmitbeteiligte erstatteten Gegenschriften und beantragten die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Strafbemessung ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 93 BDG 1979 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, bzw. im Fall des § 115 BDG 1979 nur unter den dort vorgesehenen (eingeschränkten) Voraussetzungen zulässig ist. Als Ermessensentscheidung unterliegt sie nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, als dieser zu prüfen hat, ob die Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 130 Abs. 2 B-VG). Die Behörde ist verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offenzulegen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2011, Zl. 2011/09/0042, mwN).
Diesen Anforderungen ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in ausreichender Weise nachgekommen.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers gegen den von der belangten Behörde hinsichtlich des (Erstmitbeteiligten) übernommenen Milderungsgrundes "Einsicht in die Alkoholproblematik und deren ärztliche Behandlung", es sei "unklar", ob die Behandlung zum Zeitpunkt der Fällung des Disziplinarerkenntnisses aktuell noch vorliege, spricht nur einen Zweifel ohne konkrete Gegendarstellung aus. Das weitere Vorbringen, die Umstände "massive private Probleme im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren" (Erstmitbeteiligter), "Erregung über berufliche Probleme seines Sohnes" (Zweitmitbeteiligter), "ärztliche Verordnung eines alkoholhaltigen Arzneimittels" (Drittmitbeteiligter) hätten überhaupt nicht mildernd gewertet werden dürfen, ist zwar richtig, doch hat die belangte Behörde diesen Umständen "nur eine höchst untergeordnete Bedeutung" zugemessen, was knapp an der Schwelle zur Bedeutungslosigkeit liegt. Es handelt sich um einen derart geringfügigen Fehler, dass damit keine mangelhafte Ermessensentscheidung im Sinne der obigen Kriterien dargetan wird.
Die Verletzung zweier Dienstpflichten und die in der Beschwerde hervorgehobene Schwere der Taten wurden von der belangten Behörde (teils durch Übernahme, doch andere Gewichtung der Strafzumessungsgründe der Behörde erster Instanz) gewertet und führten auch - ohne Überschreitung der Grenzen des vom Gesetz gezogenen Ermessensspielraumes - zur Anhebung der in erster Instanz verhängten Disziplinarstrafen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 25. Jänner 2013
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