VwGH 2012/06/0003

VwGH2012/06/000321.3.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Dr. Hinterwirth, den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des I R in W, vertreten durch Dr. Eveline Landmann, Rechtsanwältin in 6322 Kirchbichl, Oberndorferstraße 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. November 2011, Zl. RoBau-8-1/169/20-2011, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde S), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 2001 §26;
BauO Tir 2001 §27;
BauO Tir 2001 §40 Abs3;
BauRallg;
ROG Tir 2006 §42 Abs5;
VwRallg;
BauO Tir 2001 §26;
BauO Tir 2001 §27;
BauO Tir 2001 §40 Abs3;
BauRallg;
ROG Tir 2006 §42 Abs5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte kann auf die hg. Erkenntnisse vom 9. September 2008, Zl. 2007/06/0063, vom 26. Mai 2009, Zl. 2009/06/0010, sowie vom heutigen Tag, Zl. 2011/06/0151, verwiesen werden.

Im gegenständlichen Verfahren geht es um den neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Februar 2011 auf Erteilung einer Baubewilligung betreffend die Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes mit Wohnbereich auf den Grundstück 1236/2, KG S, im Sinn eines Wiederaufbaus gemäß § 42 Tiroler Raumordnungsgesetz 2006 (TROG 2006). Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 4. März 2011 abgewiesen, weil das geplante Vorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspreche; das Grundstück liege im Freiland. § 42 TROG 2006 komme für das gegenständliche Bauvorhaben nicht zur Anwendung, weil diese Bestimmung das Vorliegen eines Abbruches eines nach baurechtlichen Bestimmungen rechtmäßig bestehenden Gebäudes voraussetze. Das derzeit bestehende Wohn- und Betriebsgebäude sei jedoch ohne baurechtlichen Konsens errichtet worden.

Die dagegen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers vom 21. März 2011 wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 31. Mai 2011 als unbegründet abgewiesen.

Die Vorstellung des Beschwerdeführers vom 16. Juni 2011 wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. November 2011 als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, das gegenständliche Bauvorhaben liege unbestritten im Freiland, wo gemäß § 41 Abs. 2 TROG 2006 nur ortsübliche Stadl in Holzbauweise, die landwirtschaftlichen Zwecken dienten, Bienenhäuser in Holzbauweise mit höchstens 20 m2 Nutzfläche sowie Nebengebäude und Nebenanlagen errichtet werden dürften. Gemäß § 42 Abs. 5 TROG 2006 dürfe im Fall des Abbruchs oder der sonstigen Zerstörung eines im Freiland nach den baurechtlichen Vorschriften rechtmäßig bestehenden Gebäudes stattdessen ein Neubau errichtet werden, sofern die Baubewilligung hiefür innerhalb von fünf Jahren nach der Zerstörung des betreffenden Gebäudes erteilt worden sei. Auch wenn die alte Hofstelle auf dem betreffenden Areal bestanden habe, existiere diese jedoch seit mittlerweile 18 Jahren nicht mehr, sodass das Wohngebäude der Hofstelle nicht mehr vom Begriff des rechtmäßig bestehenden Gebäudes des Abs. 5 leg. cit. umfasst sei. Dem neu errichteten Wohnhaus mit Einliegerwohnung mangle es an zwei Tatbestandsmerkmalen des Abs. 5, nämlich an der Rechtmäßigkeit und an der Zerstörung. Die aus den Jahren 1991 bis 1994 bestandenen Baubewilligungen seien am 1. März 2002 ex lege erloschen; diesbezüglich sei ein Abbruchverfahren anhängig, weil dieses Gebäude nach den baurechtlichen Vorschriften nicht rechtmäßig bestehe. Die Baugenehmigung sei somit untergegangen, wodurch das ursprünglich vom Genehmigungsbescheid gedeckte Bauvorhaben ein unrechtmäßig bestehendes Gebäude geworden sei. Durch das Erlöschen einer Baubewilligung falle die ursprüngliche Rechtmäßigkeit rückwirkend wieder weg. Es könne zwar davon ausgegangen werden, dass die seinerzeitige Hofstelle ein konsentierter Altbestand gewesen sei, dies treffe jedoch nicht auf die den Wohnbereich betreffenden Folgebauten zu. Das nunmehrige Wohngebäude könne sich hinsichtlich seiner Rechtmäßigkeit in Verbindung mit der Fünfjahresfrist des § 42 Abs. 5 TROG 2006 nicht auf eine seit 1993 nicht mehr bestehende Hofstelle beziehen, weshalb von einer Verfristung auszugehen sei. Zusammenfassend fehle es daher gegenständlich an einer entsprechenden gesetzlichen Basis, um einen Wiederaufbau im Sinn des § 42 Abs. 5 TROG 2006 zu bewilligen. Die Errichtung eines Wohngebäudes scheitere an der Freilandwidmung; eine Sonderflächenwidmung gemäß § 44 TROG 2006 sei gegenständlich nicht vorhanden. Folgte man dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach seit dem Abbruch der alten Hofstelle und der Einrechnung der Zeiten der Bauverfahren, der Verfahren vor der Vorstellungsbehörde sowie vor dem Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof keine fünf Jahre vergangen seien, sodass dem Wiederaufbau stattzugeben gewesen wäre, zumal die alte abgerissene Hofstelle und das seinerzeit bestehende Wirtschafts- und Wohngebäude bis zum Erlöschen der Baubewilligung am 31. Juli 2003 rechtmäßig bestanden hätten und der spätere Verfall der Genehmigung auf die ursprüngliche Zulässigkeit der Bauführung keine Auswirkung gehabt hätte, käme man zu dem verfehlten Ergebnis, dass ein konsensloses Gebäude durch einen baupolizeilich erzwungenen Abbruch einen Unterfall des § 42 Abs. 5 TROG 2006 bildete und darauf aufbauend die Rechtswohltat des Wiederaufbaus im Freiland in Anspruch genommen werden könnte. Dieses Ansinnen könnte dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden und würde diese Bestimmung konterkarieren. Der Ansicht des Vorstellungswerbers, der spätere Verfall der Baugenehmigung habe auf die ursprüngliche Zulässigkeit der Bauführung keine Auswirkung, sei daher nicht zuzustimmen. Auch die vom Vorstellungswerber beigebrachte agrarwirtschaftliche Bestätigung der betriebswirtschaftlichen Erforderlichkeit im Sinn des § 42 Abs. 1 letzter Satz TROG 2006 lasse keinen Rückschluss zu, ob auch die formellen Bedingungen des Abs. 5 leg. cit. erfüllt seien.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und/oder inhaltliche Rechtswidrigkeit vorgebracht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im gegenständlichen Verfahren war im Hinblick auf die Erlassung des Berufungsbescheides vom 31. Mai 2011 das Tiroler Raumordnungsgesetz 2006 (TROG 2006), LGBl. Nr. 27, anzuwenden. Dessen § 42 Abs. 1 und 5 lauten:

"§ 42

Um- und Zubauten, Änderung des Verwendungszweckes und Wiederaufbau von Gebäuden im Freiland

(1) Im Freiland sind Umbauten von Hofstellen und von sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden sowie Änderungen von land- und forstwirtschaftlichen Anlagen mit Ausnahme von wesentlichen Erweiterungen zulässig. Zubauten zu Hofstellen und die Verwendung von bisher zu betrieblichen Zwecken genutzten Räumen von Hofstellen zu Wohnzwecken sind nur unter den Voraussetzungen nach § 44 Abs. 4 zulässig. Gebäude, die ausschließlich betrieblichen Zwecken dienen, dürfen jedoch nicht zu Wohnzwecken verwendet werden. Zubauten zu sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden und wesentliche Erweiterungen land- und forstwirtschaftlicher Anlagen sind nur zulässig, wenn sie betriebswirtschaftlich erforderlich sind.

(2) …

(5) Im Fall des Abbruches oder der sonstigen Zerstörung eines im Freiland nach den baurechtlichen Vorschriften rechtmäßig bestehenden Gebäudes darf, soweit dies baurechtlich sonst zulässig ist, stattdessen ein Neubau errichtet werden, sofern die Baubewilligung hierfür innerhalb von fünf Jahren nach der Zerstörung des betreffenden Gebäudes erteilt wird. In diese Frist sind die Zeiten des Bauverfahrens, eines Verfahrens vor der Vorstellungsbehörde, dem Verwaltungsgerichtshof oder dem Verfassungsgerichtshof und einer Bausperre im Sinn des § 69 nicht einzurechnen. Der Wiederaufbau darf auch in unmittelbarer Nähe des zerstörten Gebäudes erfolgen, wenn dieser an derselben Stelle baurechtlich nicht möglich wäre oder berechtigten Interessen des Bauwerbers widersprechen würde. Hofstellen aufgelassener land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dürfen nur unter der Voraussetzung, dass sie in ihrer Substanz und ihrem Erscheinungsbild im Wesentlichen wieder hergestellt werden, wieder aufgebaut werden. Im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau von anderen als land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden ist eine Änderung des Verwendungszweckes im Rahmen des Abs. 4 zulässig.

(6) …"

§ 27 Abs. 1 und 5 sowie § 40 Abs. 2 Tiroler Bauordnung 2001 - TBO 2001 (Wiederverlautbarung), LGBl. Nr. 94, lauten:

"§ 27

Erlöschen der Baubewilligung

(1) Die Baubewilligung erlischt,

a) wenn der Inhaber der Baubewilligung darauf schriftlich verzichtet, wobei die Verzichtserklärung im Zeitpunkt ihres Einlangens bei der Behörde unwiderruflich und wirksam wird, oder

b) wenn nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Eintritt der Rechtskraft oder der in der Baubewilligung festgelegten längeren Frist (Abs. 2) mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen wird oder wenn das Bauvorhaben nicht innerhalb von vier Jahren nach Baubeginn vollendet wird.

(2) …

(5) Der Inhaber der Baubewilligung hat nach deren Erlöschen allfällige bereits errichtete Teile des Bauvorhabens unverzüglich zu beseitigen und den Bauplatz wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, so hat ihm die Behörde mit Bescheid die Durchführung dieser Maßnahmen aufzutragen.

§ 40

Anzeigepflicht,

Unzulässigkeit des Abbruchs

(1) …

(2) Steht der Abbruch eines Gebäudes oder Gebäudeteiles im Zusammenhang mit einem bewilligungspflichtigen Bauvorhaben, so kann anstelle der Anzeige im Bauansuchen auch um die Erteilung der Bewilligung für den Abbruch des betreffenden Gebäudes oder Gebäudeteiles angesucht werden. In diesem Fall ist über die Zulässigkeit des Abbruchs in der Baubewilligung zu entscheiden. Dabei ist abweichend vom Abs. 2 der Abbruch eines Gebäudeteiles zulässig, wenn er mit Baumaßnahmen im Zusammenhang steht, die auf die Erhaltung charakteristischer bzw. aus landeskultureller Sicht wichtiger Bauelemente Bedacht nehmen und der Festigung der verbleibenden Bausubstanz dienen.

(3) …"

Der Beschwerdeführer bringt mit Hinweis auf § 42 Abs. 6 TROG 2011 vor, sowohl seit dem Abriss des alten Wohngebäudes der Hofstelle im Jahr 1993 als auch dem Erlöschen der Baubewilligung des nach wie vor bestehenden Wirtschafts- und Wohngebäudes seien keine im Sinn des § 42 Abs. 6 TROG 2011 anrechenbaren fünf Jahre vergangen. Mit Baubescheid vom 15. Juli 1991 sei dem Beschwerdeführer der Abriss der Hofstelle Zug um Zug mit der Neuerrichtung bewilligt worden. Der alte Hof sei in den Jahren 1991 und 1993 abgerissen worden. Die Bewilligung sei jedoch am 1. März 2002 ex lege erloschen. Ein neuerliches Bauansuchen des Beschwerdeführers vom 8. Februar 2006 sei wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan rechtskräftig abgewiesen worden. Dabei sei der Beschwerdeführer nie auf die Möglichkeit einer Wiedererrichtung gemäß § 42 TROG 2006 hingewiesen worden. Für die Dauer des Vorliegens einer aufrechten Baubewilligung bis zum 1. März 2002 bzw. 1. Juli 2003 habe jedenfalls keine Veranlassung bestanden, parallel dazu um eine Genehmigung des Wiederaufbaus gemäß § 42 TROG anzusuchen. Zweck des § 42 Abs. 6 TROG 2011 (vormals Abs. 5 TROG 2006) sei es, dem Bauwerber im Fall des Abbruchs oder der sonstigen Zerstörung eines im Freiland rechtmäßig bestehenden Gebäudes dessen Wiedererrichtung zu ermöglichen. Dabei seien landeskulturelle Interessen an der Erhaltung intakter bewirtschafteter Höfe zu berücksichtigen. Im gegenständlichen Fall sei die Hofstelle nie aufgelassen worden. Als der Beschwerdeführer die Hofstelle im Jahr 1989 erworben habe, sei dies mit der verpflichtenden Auflage der Grundverkehrsbehörde verbunden gewesen, auf die Liegenschaft aufzuziehen und Großvieh zu halten, was mit einer Kaution von ATS 500.000,-- abgesichert worden sei. Die Hofstelle sei nicht sanierungsfähig gewesen, daher habe der Beschwerdeführer im November 1989 das Ansuchen um Abbruch der alten sowie um Errichtung und Wiederaufbau einer neuen Hofstelle gestellt. Auf Grund finanzieller Schwierigkeiten habe sich die Fertigstellung des Wirtschafts- und Wohngebäudes verzögert und im Jahr 1999 sei die Kaution von ATS 500.000,-- von der Grundverkehrsbehörde für verfallen erklärt und eingezogen worden, weil der Beschwerdeführer nicht wie vorgeschrieben auf dem landwirtschaftlichen Betrieb Wohnung genommen habe. Zum Zeitpunkt des Baubeginns habe noch keine Bestimmung über das Erlöschen einer Baubewilligung gegolten; die Rechtslage habe sich auch dahingehend geändert, dass nunmehr die Errichtung von Hofstellen im Freiland nicht mehr gestattet sei. Eine Umwidmung in eine "Sonderfläche Hofstelle" sei im Gemeinderat nicht erfolgt. Bei richtiger Anwendung des § 42 Abs. 6 TROG 2011 (vormals Abs. 5 TROG 2006) hätte die belangte Behörde zu dem Schluss kommen müssen, dass die Zeiten der Bauverfahren, der Verfahren vor der Vorstellungsbehörde, dem Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof nicht einzurechnen seien und somit - gleichgültig, ob man auf die abgerissene alte Hofstelle oder auf das nunmehr bestehende Wirtschafts- und Wohngebäude abstellt - der Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung rechtzeitig gestellt worden sei. Die Rechtsmeinung der belangten Behörde, dass die Rechtmäßigkeit des von 1991 bis 1994 errichteten Wohn- und Wirtschaftsgebäudes mit dem Erlöschen der Baubewilligung zum 1. März 2002 rückwirkend weggefallen sei, sei unzutreffend. Das spätere Erlöschen der Baubewilligung habe auf die ursprüngliche Zulässigkeit dieser Bauführung keine Auswirkung. Das Wirtschafts- und Wohngebäude habe daher zumindest bis zum 1. März 2002 bzw. 31. Juli 2003 rechtmäßig im Sinn des § 42 Abs. 6 TROG 2011 bestanden. Auch das anhängige Abbruchverfahren bewirke nicht, dass die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Bauführung rückwirkend weggefallen sei, sondern lediglich, dass das Erlöschen der Baubewilligung einerseits die Fertigstellung des Gebäudes und andererseits den Verbleib im unfertigen Zustand nicht gestatte. Es sei auch gängige Praxis, erloschene Baubewilligungen durch das Erwirken einer neuen Baugenehmigung zu legalisieren. Dies scheitere im gegenständlichen Fall an der geänderten Rechtslage. Es sei jedoch nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen, durch eine Änderung der Rechtslage den Erhalt einer seit alters bestehenden bewirtschafteten Hofstelle in Gefahr zu bringen. § 42 Abs. 6 TROG 2011 entfalte seinen Zweck genau dort, wo es einem Bauwerber ansonsten im Freiland nicht mehr möglich wäre, seine betriebswirtschaftlich benötigte Hofstelle wiederzuerrichten. Soweit die belangte Behörde ausführe, dem bestehenden Wirtschafts- und Wohngebäude fehle es an der Voraussetzung der geforderten Zerstörung, werde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem zitierten Abbruch oder der sonstigen Zerstörung lediglich um eine demonstrative Aufzählung für die Notwendigkeit einer Wiedererrichtung handle. Für die Erteilung einer Baubewilligung sei es nicht erforderlich, dass das Gebäude, für das um Baubewilligung angesucht werde, noch nicht vorhanden sei. Ebenso wenig bedürfe es im gegenständlichen Fall der tatsächlichen Zerstörung.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

"Erlöschen" bedeutet, dass die Baubewilligung ihre Rechtswirksamkeit verliert. Im Fall, dass ein Bauvorhaben zwar begonnen, jedoch nicht innerhalb von fünf Jahren fertiggestellt wurde, hat die Behörde mit Bescheid die Beseitigung der bereits errichteten Teile des Bauvorhabens aufzutragen. In einem infolge Erlöschens der Baubewilligung erforderlichen neuen Baubewilligungsverfahren ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des neuen Baubewilligungsbescheides maßgeblich (vgl. dazu die Ausführungen in Pallitsch/Pallitsch, Burgenländisches Baurecht, 2. Auflage, Anm. 1 zu § 19 Burgenländisches Baugesetz, betreffend eine hinsichtlich des Erlöschens der Baubewilligung vergleichbare Rechtslage).

Dem Beschwerdeführer ist zunächst zuzustimmen, dass das Erlöschen der Baubewilligung zum 1. März 2002 (vgl. dazu die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 9. September 2008, Zl. 2007/06/0063) die ursprüngliche Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens nicht rückwirkend beseitigt, sondern die Baubewilligung ihre Rechtswirksamkeit mit diesem Zeitpunkt verlor. Bis dahin existierte ein baurechtlicher Konsens, ab diesem Zeitpunkt besteht das gegenständliche Wirtschafts- und Wohngebäude jedoch nicht rechtmäßig. Dieses konnte daher zum Zeitpunkt der Antragstellung des gegenständlichen Bauansuchens im Februar 2011 nicht Gegenstand der Regelung des § 42 Abs. 5 TROG 2006 sein, weil es fünf Jahre zuvor eben nicht rechtmäßig bestand.

Gemäß § 40 Abs. 3 TBO 2001 kann, wenn die Errichtung eines neuen Bauwerkes von der Beseitigung einer vorhandenen Bausubstanz ausgeht, über die Abbrucherlaubnis gleichzeitig mit der Erteilung der Baubewilligung entschieden werden. Es steht dem Bauwerber aber grundsätzlich auch frei, den Abbruch in dem gesonderten Anzeigeverfahren nach § 40 TBO zu legitimieren (vgl. die Ausführungen in Schwaighofer, Tiroler Baurecht, Praxiskommentar zu § 40 Abs. 3 TBO). Ein Bescheid, in dem sowohl über die Zulässigkeit des Abbruchs eines Gebäudes als auch über die Errichtung eines neuen Bauwerks entschieden wird, ist somit teilbar.

Sofern die alte Hofstelle im Jahr 1989 - wovon auch die belangte Behörde auszugehen scheint - rechtmäßig bestand, wurde ihr Abriss mit Baubescheid vom 15. Juli 1991 Zug um Zug mit der Neuerrichtung des gegenständlichen Wirtschafts- und Wohngebäudes genehmigt. Tatsächlich wurde der Altbestand des Wohntraktes laut Beschwerdevorbringen 1991 und 1993 abgerissen. Zu diesem Zeitpunkt lag dafür auch eine entsprechende Bewilligung vor. Durch den - damals rechtskonformen - Abbruch der alten Hofstelle ist deren Baubewilligung als erloschen anzusehen; sie lebt auch nicht nach Erlöschen der Baubewilligung für das gegenständliche Wirtschafts- und Wohngebäude wieder auf. Im vorliegenden Fall wurde die Abbrucherlaubnis hinsichtlich der alten Hofstelle somit konsumiert; die Baubewilligung für das neue Wirtschafts- und Wohngebäude ist hingegen zum 1. März 2002 erloschen. Sofern sich die Beschwerdeausführungen daher auf die in § 42 Abs. 5 TROG 2006 vorgesehene Fünfjahresfrist im Hinblick auf die ursprünglich bewilligte alte Hofstelle beziehen, sind sie deshalb nicht zielführend, weil die einmal bestanden habende Baubewilligung auch fünf Jahre vor das Antragstellung am 2. Februar 2011 nicht mehr aufrecht war. Darauf, welche Verfahren die Fünfjahresfrist verlängern, kommt es somit nicht an, weil es sowohl der alten Hofstelle als auch dem bestehenden Wirtschafts- und Wohngebäudes an der Voraussetzung der Rechtmäßigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung (2. Februar 2011) mangelte. Die belangte Behörde verneinte daher zutreffend die Anwendbarkeit des § 42 Abs. 5 TROG 2006.

Der Beschwerdeführer versucht auch, aus § 42 Abs. 1 letzter Satz TROG 2006 betreffend Zubauten zu sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden und wesentliche Erweiterungen land- und forstwirtschaftlicher Anlagen eine Genehmigungsfähigkeit des neuen Wirtschafts- und Wohngebäudes abzuleiten. Dazu habe er eine Bestätigung der Abteilung Agrarwirtschaft der Tiroler Landesregierung vorgelegt, in der diese ein Betriebs- und Wohngebäude als sehr wohl notwendig beurteilt habe.

Ein "Zubau" liegt vor, wenn ein Gebäude durch Herstellen neuer oder Erweiterung bestehender Räume vergrößert wird (§ 2 Abs. 8 TBO). Ein "Neubau" ist die Errichtung eines neuen Gebäudes, auch wenn nach dem Abbruch oder der Zerstörung eines Gebäudes Teile davon, wie Fundamente oder Mauern, wiederverwendet werden (§ 2 Z 7 TBO).

Dem Beschwerdevorbringen ist entgegenzuhalten, dass mit Antrag vom 2. Februar 2011 ausdrücklich ein Wiederaufbau gemäß § 42 TROG beantragt wurde. Auch aus den Einreichunterlagen ist nicht ersichtlich, dass es sich dabei um einen Zubau zu sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden oder um wesentliche Erweiterungen land- und forstwirtschaftlicher Anlagen handelt. Auf die Frage der betriebswirtschaftlichen Erforderlichkeit kommt es somit im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren nicht an.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 21. März 2013

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