Normen
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), ein Waffenverbot.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, ein Arzt des Bezirkskrankenhauses S habe am 18. Juli 2011 bei der Polizei angezeigt, dass der Beschwerdeführer seinen stationär im Krankenhaus aufhältigen Vater mit dem Umbringen durch Erschießen bedroht und ferner angedroht habe, Personal des Krankenhauses zu erschießen. Diese Angaben habe der Vater des Beschwerdeführers im Folgenden auch gegenüber den Polizeibeamten bestätigt. Er habe berichtet, dass der Beschwerdeführer ihn aufgefordert habe, sich selbst zu erschießen, anderenfalls habe der Beschwerdeführer gedroht, die Tat zu begehen und sich im Anschluss selbst zu töten. Inkompetentes medizinisches Personal des Krankenhauses würde er mit in den Tod nehmen. Der Beschwerdeführer sei im Krankenhaus nicht mehr angetroffen worden. Ein Arzt habe gegenüber der Polizei aber angegeben, dass der Beschwerdeführer sehr aufgewühlt und aggressiv gewirkt habe. In der Folge sei die Wohnung des Beschwerdeführers von der Polizei zunächst gewaltsam geöffnet, der Beschwerdeführer aber nicht angetroffen worden. Etwas später sei der Beschwerdeführer von den Polizeibeamten zu Hause angetroffen worden, habe sich geweigert, mit den Beamten zu kooperieren und sie "wutentbrannt und tobend" zum Abzug aufgefordert. Anschließend sei der Beschwerdeführer - zusammengefasst - überwältigt und festgenommen worden. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung sei von der Staatsanwaltschaft Innsbruck mit der Begründung eingestellt worden, der Tatverdacht gründe sich einzig und allein auf die Angaben des Opfers (Vaters des Beschwerdeführers), der im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme von seinem Aussagebefreiungsrecht nach § 156 Abs 1 Z 1 StPO Gebrauch gemacht habe. Am 19. Jänner 2012 sei der Beschwerdeführer im Rahmen des waffenrechtlichen Verfahrens zu einer amtsärztlichen Untersuchung erschienen, habe diese aber abgebrochen und die Mitwirkung an einem Harntest verweigert. Dabei habe er laut Bericht des Amtsarztes sehr impulsiv reagiert, Erläuterungen des Arztes nicht abgewartet und das Gesundheitsreferat der Bezirkshauptmannschaft in sehr aufgebrachtem Zustand verlassen. Die belangte Behörde habe ein psychiatrisches Gutachten zur Frage der Selbst- oder Fremdgefährdung des Beschwerdeführers eingeholt, das (wörtlich) zu folgendem Ergebnis gelangt sei:
"Im Rahmen der psychiatrischen Untersuchung ist (der Beschwerdeführer) auffällig. Er ist nicht in der Lage, einen distanzierten Blick auf das Geschehen zu werfen. Ebenso fühlt er sich von anderen stark beeinträchtigt und zu Unrecht behandelt. Er weist starke Stimmungsschwankungen auf, sodass auch durchaus Phasen gegeben sein können, in denen eine Selbst- oder Fremdgefährdung gegeben ist, insbesondere auch deshalb, da die Einsichts- und Urteilsfähigkeit nicht ausreichend gegeben ist, weshalb auch die Verwendung oder das Tragen einer Waffe ein erhöhtes Risiko für ihn selbst und für andere darstellt. Der Proband leidet demnach an einer Borderlinestörung."
Ausgehend davon ergebe sich in einer Gesamtschau zweifelsfrei, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbotes (Befürchtung der missbräuchlichen Verwendung von Waffen durch den Beschwerdeführer) vorlägen. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass der Polizeieinsatz am 18. Juli 2011 bzw das Verhalten des Beschwerdeführers, das diesen Einsatz ausgelöst habe, und die Ereignisse beim Amtsarzt so stattgefunden haben, wie im Sachverhalt dargestellt worden sei. Daraus, dass der Vater des Beschwerdeführers von seinem Zeugnisentschlagungsrecht Gebrauch gemacht habe, sei für den Beschwerdeführer im Waffenverbotsverfahren nichts zu gewinnen. Auch an den Ergebnissen der psychiatrischen Begutachtung sei nicht zu zweifeln. Daran vermöge auch die für den Beschwerdeführer positive Beurteilung seines psychischen Status durch eine Allgemeinmedizinerin "im Rahmen eines Gutachtens über seinen Betreuungs- und Hilfsbedarf" (das der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vorgelegt habe) nichts zu ändern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben oder meritorisch zu entscheiden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 12 Abs 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Es genügt, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt somit voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine missbräuchliche Verwendung von Waffen zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gemäß § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist.
Die Bedrohung eines Menschen mit dem Erschießen stellt jedenfalls eine "konkrete Tatsache" im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG dar, die ein für die Beurteilung der Voraussetzungen eines Waffenverbotes relevantes Bild von der Persönlichkeit eines Menschen vermitteln kann und wegen des damit zu Tage getretenen Aggressionspotenzials ein Waffenverbot zu rechtfertigen vermag. Auch ernsthafte Selbstmordabsichten rechtfertigen die Verhängung eines Waffenverbots (vgl zum Ganzen etwa VwGH vom 24. Juli 2012, 2012/03/0071, mwN).
2. Der Beschwerdeführer bestreitet, die ihm angelasteten Drohungen geäußert zu haben. Sein (zum Vorfallszeitpunkt 94jähriger) Vater habe sich seit längerem in Spitalsbehandlung befunden und sei schon geraume Zeit unter dem Einfluss von Psychopharmaka gestanden. Seine Angaben seien unrichtig gewesen. Gegen die Richtigkeit der behaupteten Drohungen mit dem Erschießen spreche auch, dass der Beschwerdeführer über keine Waffe verfügt habe. Das Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber den einschreitenden Polizisten sei darin begründet gewesen, dass diese zuvor überschießend und unnötig hart vorgegangen seien. Anlässlich der amtsärztlichen Untersuchung sei der Beschwerdeführer bereit gewesen, alle an ihn gestellten Fragen vorbehaltlos und wahrheitsgemäß zu beantworten; lediglich der Harnschnelltest sei aufgrund fehlenden Verständnisses für die Sinnhaftigkeit vom Beschwerdeführer verweigert worden. Das von der belangten Behörde eingeholte psychiatrische Gutachten sei - aus näher dargestellten Gründen - mangelhaft und unrichtig; eine Borderline-Störung liege beim Beschwerdeführer nicht vor. Der Beschwerdeführer habe wiederholt seine Einvernahme zum Beweis dieses Vorbringens angeboten. Er sei jedoch nicht einvernommen worden und es sei ihm so auch keine Gelegenheit geboten worden, die Waffenbehörden von seinem Standpunkt persönlich zu überzeugen.
3. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer einen relevanten Verfahrensmangel auf:
Die belangte Behörde ging in ihrer Entscheidung von einem Sachverhalt aus, den der Beschwerdeführer im Verfahren stets bestritten und hinsichtlich dessen er zum Beweis des Gegenteils als Beweismittel seine Einvernahme angeboten hatte. Von dieser Einvernahme nahm die belangte Behörde - ohne Begründung - Abstand. Schon deshalb erweist sich vorliegend der festgestellte Sachverhalt als mangelhaft.
Daran ändert allein der Umstand, dass die psychiatrische Sachverständige beim Beschwerdeführer eine Borderline-Störung diagnostiziert hatte, nichts. Dem Gutachten lässt sich nämlich nicht mit ausreichender Klarheit entnehmen, ob die Sachverständige zu diesem Ergebnis auch dann gelangt wäre, wenn die im Befund erwähnten Vorfälle (Drohungen) nicht verifiziert wären. Im Gutachten wird dem Beschwerdeführer (tragend für das Ergebnis) eine nicht ausreichende Einsichts- und Urteilsfähigkeit bescheinigt, wodurch zumindest der Eindruck entsteht, dass die Sachverständige bei ihrer Beurteilung von einer fehlenden Einsicht des Beschwerdeführer in Bezug auf die Vorfälle vom 18. Juli 2011 ausgegangen sein dürfte und somit ihrem Gutachten einen Sachverhalt zugrunde gelegt haben könnte, dessen Richtigkeit nicht mangelfrei ermittelt worden ist.
4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 27. Februar 2013
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