Normen
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL;
EURallg;
FrG 1997 §19 Abs2 Z2;
NAG 2005 §2 Abs2;
NAG 2005 §2 Abs3;
NAG 2005 §45 Abs1;
NAG 2005 §45;
VwGG §42 Abs2 Z1;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL;
EURallg;
FrG 1997 §19 Abs2 Z2;
NAG 2005 §2 Abs2;
NAG 2005 §2 Abs3;
NAG 2005 §45 Abs1;
NAG 2005 §45;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" gemäß § 45 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Begründend führte sie aus, die Beschwerdeführerin halte sich seit Februar 2001 (legal) in Österreich auf, wobei sie vom 27. Februar 2001 bis 31. Oktober 2003 über eine (zweimal verlängerte) Aufenthaltserlaubnis als Student, vom 20. November 2003 bis 6. Dezember 2007 über eine (ebenfalls zweimal verlängerte) Niederlassungsbewilligung - Künstler gemäß § 19 Abs. 2 Z 2 FrG und vom 20. November 2007 bis 21. Dezember 2010 über eine (wiederum zweimal verlängerte) Aufenthaltsbewilligung - Künstler (nach dem NAG) verfügt habe. Am 6. Mai 2010 habe sie einen Verlängerungsantrag in Verbindung mit einem Zweckänderungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" gestellt. Während ihrem Verlängerungsantrag durch die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - Künstler, gültig von 22. Oktober 2010 bis 22. November 2011, entsprochen worden sei, sei ihr Zweckänderungsantrag mangels Vorliegen einer fünfjährigen ununterbrochenen Niederlassung abgewiesen worden. Bei Inkrafttreten des NAG am 1. Jänner 2006 sei sie somit in Besitz einer "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 19 Abs. 2 Z 2 FrG 1997 gewesen. Gemäß der gleichzeitig in Kraft getretenen NAG-Durchführungsverordnung habe ihre Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Künstler, § 19 Abs. 2 Z 2 FrG" ab dem 1. Jänner 2006 als Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Künstler" weiter gegolten. Da die Beschwerdeführerin somit ab dem 1. Jänner 2006 (nur) über eine (in der Folge verlängerte) Aufenthaltsbewilligung verfüge, sei sie gemäß § 2 Abs. 3 NAG nicht als niedergelassen anzusehen, weshalb die Voraussetzungen des § 45 NAG nicht erfüllt seien. Gemäß dieser Bestimmung könne der Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" nämlich nur erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige in den letzten fünf Jahren ununterbrochen zur Niederlassung berechtigt war. Ein direkter Umstieg von einer Aufenthaltsbewilligung auf einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" sei nicht möglich, weil der Fremde zum Erteilungszeitpunkt zur Niederlassung berechtigt sein müsse, was bei der Beschwerdeführerin gemäß § 2 Abs. 2 und 3 NAG jedoch nicht der Fall sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Im angefochtenen Bescheid verneinte die belangte Behörde das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzung des § 45 Abs. 1 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) im Wesentlichen mit der Begründung, die Beschwerdeführerin habe die Voraussetzung der fünfjährigen Niederlassung nicht erbracht, weil ihr im Geltungsbereich des NAG lediglich Aufenthaltsbewilligungen erteilt wurden. Damit gleicht der hier gegenständliche Fall sowohl in seinem entscheidungswesentlichen Sachverhalt als auch in seiner Rechtsfrage jenem, über den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 9. Juli 2009, 2008/22/0631, entschieden hat. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen. Dass der Beschwerdeführerin im Rahmen von Verlängerungsanträgen für ihre ursprünglich bis 6. Dezember 2007 gültige "Niederlassungsbewilligung - Künstler" nach dem FrG in den Jahren 2007 bis 2010 jeweils Aufenthaltsbewilligungen erteilt wurden, vermag nichts daran zu ändern, dass es keine Hinweise im Verwaltungsakt gibt, dass sie nicht (auch weiterhin), wie auch in der Beschwerde vorgebracht, eine Niederlassung im Bundesgebiet anstrebte (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom13. September 2011, 2011/22/0147). Vor diesem Hintergrund erweist sich aber die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin jedenfalls als ausreichend, um § 45 NAG Genüge zu tun.
Dazu kommt, dass bei Heranziehung der für die Interpretation des (in Umsetzung der Richtlinie ergangenen) § 45 NAG maßgeblichen Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, welche hinsichtlich des Erfordernisses des ununterbrochenen Aufenthalts von mindestens fünf Jahren nicht zwischen Niederlassungsbewilligung und Aufenthaltsbewilligung differenziert, angesichts des seit 2003 durchgängigen Aufenthalts bzw. der Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Künstlerin nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass die Beschwerdeführerin diese Voraussetzungen bloß deswegen nicht erfüllt habe, weil ihr Aufenthalt zwar ununterbrochen und rechtmäßig über eine Zeitraum von mindestens fünf Jahren andauerte, sich rechtlich aber (bloß) auf eine Aufenthaltsbewilligung stützte.
Schon angesichts dieses Rechtsirrtums war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Deshalb erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung mit der von der belangten Behörde unberücksichtigt gelassenen Frage, ob der Beschwerdeführerin als türkischer Staatsangehörigen infolge ihrer bereits vor Inkrafttreten des NAG rechtmäßigen Niederlassung als selbständige Erwerbstätige im Bundesgebiet nicht auch die unmittelbar anwendbare Stillhalteklausel des Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Assoziationsabkommen EWG - Türkei zu Gute kommt und daher eine Verschlechterung der Rechtslage für Künstler durch das NAG im Hinblick auf die Möglichkeit zur Erlangung einer (weiteren) Niederlassungsbewilligung nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin als einer bereits rechtmäßig zum Zweck der selbständigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet niedergelassenen türkischen Staatsangehörigen gehen dürfe.
Von der Anregung auf Vorlage zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union war bei diesem Ergebnis kein Gebrauch zu machen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 11. November 2013
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