VwGH 2011/07/0084

VwGH2011/07/008423.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde

1. des F P und 2. der A P, beide in K, beide vertreten durch Dr. Georg Pertl, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Pfarrplatz 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 20. Dezember 2010, Zl. BMLFUW-UW.2.1.2/0533-VI/1/2010, betreffend einen Auftrag nach § 73 Abs. 4 AWG 2002, zu Recht erkannt:

Normen

AWG 2002 §1 Abs3;
AWG 2002 §73 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AWG 2002 §1 Abs3;
AWG 2002 §73 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten (im Folgenden: LH) vom 3. Februar 2000 wurde der (M. GmbH) und den Beschwerdeführern die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Bodenaushubdeponie erteilt.

Mit Bescheid des LH vom 26. Jänner 2010 wurden die (M. GmbH) und die Beschwerdeführer als ehemalige Inhaber des Konsenses für die Bodenaushubdeponie gemäß § 73 Abs. 4 und 5 erster Satz und Abs. 7 zweiter Satz Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 verpflichtet, nachstehende Sanierungs- bzw. Rekultivierungsmaßnahmen durchzuführen:

"1. Die nachstehenden Sanierungs- bzw. Rekultivierungsmaßnahmen haben jedenfalls unter fachlicher Aufsicht nach vorheriger Terminabsprache mit dem bestellten Bau- und Deponieaufsichtsorgan zu erfolgen und ist den Anweisungen des anwesenden Aufsichtsorganes Folge zu leisten.

2. Für den Zeitraum der Durchführung der Sanierungs- bzw. Rekultivierungsmaßnahmen ist das Zu- und Abfahren der mit Bescheid vom 12. Juni 2006, Zl. (…), des (LH) idF des Berufungsbescheides vom 25. Juli 2006, (…), des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten, rechtskräftig mit Wirkung vom 10. Aug. 2006, geschlossenen Bodenaushubdeponie (…) mit den hierfür erforderlichen Arbeitsmaschinen (wie zB Lastkraftwagen, Radlager, mobile Siebanlage etc.) gestattet.

3. Da der Genehmigungskonsens kraft des Gesetzes wegen Nichtbetriebs verlorengegangen ist, sind somit alle begonnenen Errichtungsarbeiten des Deponierohplanums im Bereich der Bodenaushubdeponie (…) einzustellen und rückgängig zu machen. Demnach ist die Oberfläche mit bindigem Material abzudecken. Über dem bindigen Material ist eine bewuchsfähige Schicht zur Ermöglichung der landwirtschaftlichen Folgenutzung vorzusehen.

Diese Sanierungs- bzw. Rekultivierungsmaßnahmen sind nach Maßgabe der dem Genehmigungsbescheid vom 3. Feb. 2000, Zahl: 8W-Müll-149/1/00, des (LH) zugrunde liegenden Projektsunterlagen und im Einvernehmen mit den Grundstückseigentümern herzustellen bzw. auszuführen. Nach der Fertigstellung der durchzuführenden Sanierungs- bzw. Rekultivierungsmaßnahmen ist ein Abschlussbericht über die getroffenen letztmaligen Vorkehrungen der Abfallwirtschaftsbehörde bis spätestens zum nachfolgenden Zeitpunkt vorzulegen.

Erfüllungsfrist: Innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides

4. Unmittelbar nach Beendigung der Durchführung der Sanierungs- bzw. Rekultivierungsmaßnahmen sind die zum Einsatz gelangten Arbeitsmaschinen (wie zB Lastkraftwagen, Radlager, mobile Siebanlage etc.) aus dem Bereich der behördlich geschlossenen Bodenaushubdeponie (…) zu entfernen."

Begründend führte der LH (u.a.) aus, dass aus verwaltungsökonomischen Gründen auf den bekannten Aktenhergang verwiesen werde. Auf Grund der behördlichen Deponieschließung mit Bescheid vom 12. Juni 2006 und des Berufungsbescheides vom 25. Juli 2006 seien die weiteren Herstellungsarbeiten durch die Konsensinhaber nicht fertiggestellt worden. Dem Bericht des Aufsichtsorgans vom 2. April 2009 sei zu entnehmen, dass es keine vollständige, projektsgemäße Herstellung der Deponie gegeben habe und eine Zwischenlagerung bzw. eine Ablagerung von Abfällen bzw. Baurestmassen im Bereich der Behandlungsanlage nicht festzustellen gewesen sei. Nach Inkrafttreten des seinerzeitigen Genehmigungsbescheides seien Arbeiten für die Errichtung des Deponierohplanums im Bereich der geplanten Bodenaushubdeponie durchgeführt worden. Die erforderliche Böschung sei offensichtlich nur mit Bodenaushubmaterial hergestellt worden. Das Erlöschen der Genehmigung sei ex lege gemäß § 55 Abs. 1 AWG 2002 wegen Nichtbetriebes eingetreten. Als "öffentliches Interesse" im Sinn des § 73 leg. cit. gälten insbesondere die in § 1 Abs. 3 leg. cit. angeführten Interessen. Der Umstand, dass die Nichtdurchführung eines Rückbaues der begonnenen Errichtungsarbeiten erfahrungsgemäß einen Anziehungspunkt für konsenslose Abfallablagerungen darstelle und somit die Gefahr konsensloser Abfallablagerungen in diesem Bereich nicht auszuschließen sei, widerspreche zumindest dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, am Orts- und Landschaftsbild und an einer geordneten Abfallentsorgung. Die geforderten Maßnahmen, welche im öffentlichen Interesse erforderlich seien, seien angemessen, weil auf die technische und wirtschaftliche Machbarkeit sowie auf die finanzielle Zumutbarkeit der zu fordernden Maßnahmen Rücksicht genommen worden sei.

Die Beschwerdeführer erhoben dagegen Berufung und brachten im Wesentlichen vor, dass "die von der Bodenaushubdeponie bewilligten Flächen" der Grundstücke der Beschwerdeführer nicht nur Gegenstand des Deponiebewilligungsbescheides, sondern auch Gegenstand rechtskräftiger Bewilligungsbescheide dafür seien, auf diesen Grundstücken nach Maßgabe aller erteilten Berechtigungen und Verpflichtungen das dort vorhandene Kiesvorkommen mit den vorhandenen Anlagen und der für die Anlagen benötigten Wassermenge in beliebiger Höhe, Tiefe und Breite bis zu den behördlich bewilligten Abbaugrenzen gemäß den erteilten Berechtigungen, Widmungen und Verpflichtungen abzubauen, aufzubereiten und abzuführen. Nachdem sich die Abbaufläche auch auf die im Behandlungsauftrag bezeichneten Grundstücke erstrecke, das vorhandene Kies- und Schottervorkommen jedoch noch nicht abgebaut sei, könnten allenfalls bestehende Verpflichtungen, Sanierungs- und Rekultivierungsmaßnahmen durchzuführen, derzeit noch nicht in Angriff genommen werden. Nachdem es in der Natur noch keine Bodenaushubdeponie gebe, die fiktive Deponiefläche noch nicht ausgekiest sei und das mit dem Abbau verbundene Recht nicht durch Rekultivierungsmaßnahmen eingeschränkt bzw. die Ausübung dieses Rechtes nicht verhindert werden dürfe, seien derzeit Sanierungs- und Rekultivierungsmaßnahmen auch deshalb noch nicht möglich, und ein entsprechender Behandlungsauftrag sei daher nicht zu erlassen. Da es zum Erlöschen des Rechtes zum Betrieb einer Bodenaushubdeponie nur wegen der Nichtbeibringung einer Bankgarantie gekommen sei, sei die neuerliche Erteilung der Bewilligung nicht von vornherein auszuschließen. Die Grundstückseigentümer arbeiteten derzeit an der Schaffung der Voraussetzungen für einen neuerlichen Antrag für eine Bodenaushubdeponie auf den ursprünglichen Flächen. Wenn im erstinstanzlichen Bescheid auf eine bestehende Böschung verwiesen werde, so befinde sich diese im Bereich der Grenze zwischen dem Grundstück der Beschwerdeführer und dem des G Domkapitels. Diese Böschung sei Ausfluss einer vertraglichen Vereinbarung mit dem G Domkapitel. Seit Jahren erfolge die Auskiesung (der Abbau von Kies und Schotter) durch die (AG). Derzeit sei die Erfüllung der ursprünglichen Auflagen weder möglich noch geboten, weil mit der Herstellung einer Deponie noch gar nicht begonnen worden und die gewidmete Fläche noch Bestandteil des Kiesabbaues sei.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 2010 wurde der Berufung keine Folge gegeben und gleichzeitig der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt abgeändert:

"Erfüllungsfrist: 31. März 2011"

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass mit Bescheid (offensichtlich gemeint: des LH) vom 12. Juni 2006, der mit Berufungsbescheid des UVS (offensichtlich gemeint: des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten) vom 25. Juli 2006 bestätigt worden sei, die Schließung der gegenständlichen Deponie verfügt worden sei, weil keine gültige Bankgarantie vorgelegen sei. Am 28. Juni 2006 habe eine Überprüfungsverhandlung auf der gegenständlichen Deponie stattgefunden, bei der festgestellt worden sei, dass keine Ablagerung von Abfällen bzw. Baurestmassen stattgefunden habe. Im Bericht des Deponieaufsichtsorgans an den LH vom 2. April 2009 sei mitgeteilt worden, dass keine vollständige projektsgemäße Herstellung der Deponie erfolgt sei.

Mit Schreiben des LH vom 21. August 2009 sei dem Rechtsvertreter der (M. GmbH) und der Beschwerdeführer mitgeteilt worden, dass die abfallrechtliche Genehmigung für die Bodenaushubdeponie ex lege mit Wirkung vom 12. September 2008 wegen Nichtbetrieb erloschen sei und projektsgemäß mit den Rekultivierungsmaßnahmen zu beginnen sei, wobei "als Frist" der 1. November 2009 festgesetzt worden sei. Im Bericht des Deponieaufsichtsorgans vom 11. Jänner 2010 sei dem LH mitgeteilt worden, dass die Rekultivierungsarbeiten noch immer nicht durchgeführt worden seien. Der LH habe sodann den Bescheid vom 26. Jänner 2010 erlassen.

Nach Hinweis auf § 73 Abs. 4 AWG 2002 und § 1 Abs. 3 leg. cit. führte die belangte Behörde weiter aus, dass entgegen dem Berufungsvorbringen nicht die Deponiefläche auszukiesen sei, sondern die Auskiesung laut dem ursprünglichen Genehmigungsbescheid (Punkt III. Beschreibung des Vorhabens), wie im Bescheid angeführt, "folgend" durchgeführt werden solle:

"Die gegenständliche Deponie soll im östlichen Bereich der gegebenen Schottergrube am Standort errichtet werden. Dabei soll im nördlichen Bereich dieses Areals zukünftig noch eine Restauskiesung durchgeführt werden, sodass die Deponie von der südöstlichen Ecke her entwickelt werden soll.

Nach Beendigung der Ablagerung und Erreichung des Erdniveaus soll das abgedeckte Areal entsprechend rekultiviert und einer landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden."

Somit sei entgegen der Argumentation der Beschwerdeführer sehr wohl noch eine Auskiesung, wie im ursprünglichen Deponiebescheid auch ausgeführt, möglich, weil diese im nördlichen Bereich des Areals stattfinden solle. Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Emissionsschutz ergebe sich ebenfalls, dass sich der Deponiebereich im bereits ausgekiesten Teil des Areals befinde. Die für den Kiesabbau vorgesehenen Flächen seien eben nicht jene für das Deponieareal. Hätte es für die Beschwerdeführer jemals Zweifel gegeben, in welchem Bereich die Deponiefläche liegen solle und wo noch eine Restauskiesung durchgeführt werden solle, hätten sie ein Rechtsmittel gegen den Genehmigungsbescheid aus dem Jahr 2000 ergriffen.

Dass es zu keiner Stilllegung der Deponie gekommen sei, werde seitens der Beschwerdeführer nicht behauptet. Die Rekultivierung und Sanierung stelle jedenfalls "auch eine Vorschreibung schon im ursprünglichen Genehmigungsbescheid" vom 3. Februar 2000 dar, und es gebe daher keinen Grund, sie nicht durchzuführen oder keinen Behandlungsauftrag zu erlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde, die mit dem Auftrag zur Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens auf die Bestimmung des § 38 Abs. 2 VwGG hingewiesen worden war, legte nur ihre Akten des Berufungsverfahrens - im Wesentlichen bestehend aus den Kopien des erstinstanzlichen Bescheides und der dagegen erhobenen Berufung sowie aus dem angefochtenen Bescheid - vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2011 replizierten die Beschwerdeführer darauf.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde bringt vor, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G (im Folgenden: BH) vom 23. Juni 1976 die Errichtung einer Kiesgrube bewilligt worden sei. Mit Bescheid der BH vom 23. September 1991 sei die Erweiterung des Kiesabbaues (auf weiteren Grundstücksflächen) bewilligt und darin (Auflagenpunkt 8.) verfügt worden, dass das Abbaugelände nach erfolgter Rekultivierung auf das ursprüngliche Niveau zurückzuführen sei, nämlich der Abbauraum auf das ursprüngliche Niveau mit Material aus der Kompostieranlage, mit Inertmaterial u. dgl. aufzufüllen und entsprechend mit Humusmaterial abzudecken sei, wobei der Aufbau so zu erfolgen habe, dass eine spätere Nutzung dieser Flächen als Acker (landwirtschaftliche Nutzung) wieder möglich sei. Dieser Bescheid der BH sei auch im Verfahren Zl. 8W-Müll-149/1/00 bekannt gewesen und berechtige die Grundstückseigentümer nach wie vor, das gesamte Kiesvorkommen auch auf den vorgesehenen Deponieflächen abzubauen. Jene Flächen, auf denen die Errichtung einer Bodenaushubdeponie bewilligt worden sei, seien nach wie vor nicht vollständig ausgekiest. Die Ansicht der belangten Behörde, dass entgegen dem Berufungsvorbringen die Deponiefläche nicht auszukiesen sei, sei durch keinen Aktenteil gedeckt. Diese Ansicht lasse sich damit erklären, dass die belangte Behörde entweder den Vorlageakt oder den Akt der BH nicht ausreichend gelesen habe oder dieser Akt nicht vorgelegen sei, sodass die Zusammenhänge zwischen dem abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsbescheid des LH vom 3. Februar 2000 und dem Bescheid der BH vom 23. September 1991 nicht erkannt worden seien. Wenn im angefochtenen Bescheid richtig festgehalten worden sei, dass der Kiesabbau von Osten beginnend Richtung Westen durchgeführt werden solle, so sei dies nicht auf Grund eines behördlichen Bescheides, sondern auf Grund einer zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen den Beschwerdeführern und der (AG) vorgesehen. Da mit der Auskiesung zwar begonnen, aber diese nicht beendet worden sei, sei auch die für die Deponie vorgesehene Fläche noch nicht für Vorbereitungsarbeiten zur Herstellung der Deponie fertiggestellt. Auch sei der Inhalt des Gutachtens des Amtssachverständigen für Immissionsschutz unrichtig verstanden worden, habe dieser doch nie von einem vollständig ausgekiesten Teil des Areals, sondern immer nur von einer Situation nach erst zu erfolgender Auskiesung gesprochen. Bei Erstattung dessen Äußerung sei das Areal des künftigen Deponiebereiches noch von unabgebautem Kies und aufgearbeitetem Kies voll gewesen. Es gebe also weder eine vollständige Auskiesung noch eine Vorbereitung des Areals für den Deponiebetrieb noch irgendwelche Einbringungen. Bei einem mängelfreien Verfahren und vollständiger Berücksichtigung der Verwaltungsakten hätte die belangte Behörde von der Feststellung ausgehen müssen, dass das bewilligte Areal der Deponiefläche noch nicht ausgekiest sei, es noch keinerlei Vorbereitungshandlungen für den Betrieb einer Deponie gegeben habe und dann, wenn die Deponiefläche im Sinne des Bescheides des LH "vollstreckt werden würde", nicht nur das vorhandene Kiesvorkommen nicht mehr abgebaut werden könnte, sondern auch die Erfüllung der aus dem Bescheid der BH vom 23. September 1991 genannten Verpflichtungen (vgl. dessen Auflagenpunkt 8.) nicht mehr möglich wäre. Im Übrigen dürfte nach dieser Auflage die Auffüllung auch mit Inertmaterial vorgenommen werden. Da es keine Vorbereitungshandlungen für die Errichtung einer Deponie gegeben habe, seien auch keine Schließungsmaßnahmen zu treffen.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Die §§ 1, 2, 55, 62, 63 und 73 AWG 2002 in der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung (vor Inkrafttreten der AWG-Novelle 2010, BGBl. I Nr. 9/2011) lauten (auszugsweise):

"Ziele und Grundsätze

§ 1. (…)

(…)

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2. Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen oder für den Boden verursacht werden können,

3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

  1. 5. Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
  2. 6. Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

    7. das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

    8. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

    9. Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können."

    "Begriffsbestimmungen

    § 2. (…)

    (…)

(7) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

(…)

4. 'Deponien' Anlagen, die zur langfristigen Ablagerung von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erdoberfläche errichtet oder verwendet werden, einschließlich betriebseigener Anlagen für die Ablagerung von Abfällen, oder auf Dauer (dh. für länger als ein Jahr) eingerichtete Anlagen, die für die vorübergehende Lagerung von Abfällen genutzt werden. Nicht als Deponien gelten

a) Anlagen, in denen Abfälle abgeladen werden, damit sie für den Weitertransport zur Behandlung an einem anderen Ort vorbereitet werden können,

b) Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Verwertung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung drei Jahre nicht überschreitet, und

c) Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Beseitigung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung ein Jahr nicht überschreitet.

(…)"

"Erlöschen der Genehmigung

§ 55. (1) Eine Genehmigung gemäß den §§ 37, 44 oder 52 erlischt, wenn der Betrieb der Behandlungsanlage nicht binnen fünf Jahren nach rechtskräftiger Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Behandlungsanlage aufgenommen oder durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen unterbrochen wird.

(…)

(4) Für Deponien gelten die Abs. 1 und 2 nur, sofern noch kein Abfall in die Deponie eingebracht wurde."

"Überwachung von Behandlungsanlagen

§ 62. (1) Die Behörde hat Behandlungsanlagen,

die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig sind,

längstens alle fünf Jahre zu überprüfen.

(…)"

"Zusätzliche Bestimmungen betreffend die Überwachung einer Deponie

§ 63. (1) Unmittelbar nach erfolgter Errichtung der Deponie oder eines Teilbereichs der Deponie und vor Einbringung der Abfälle hat die Behörde die Übereinstimmung der Anlage und der Maßnahmen mit der erteilten Genehmigung zu überprüfen. Parteistellung in diesem Verfahren hat der Antragsteller und der von einer Abweichung in seinen Rechten Betroffene. Über das Ergebnis dieser Überprüfung ist bescheidmäßig abzusprechen und die Behebung der dabei etwa wahrgenommenen Mängel und Abweichungen ist zu veranlassen. Die Einbringung von Abfällen in die Deponie oder den Teilbereich der Deponie ist erst nach Behebung der wahrgenommenen Mängel oder Abweichungen zulässig. Geringfügige Abweichungen, die den gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen nicht widersprechen oder denen der von der Abweichung in seinen Rechten Betroffene zustimmt, dürfen im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden.

(2) Stilllegungsmaßnahmen sind in sinngemäßer Anwendung des Abs. 1 von der Behörde zu überprüfen.

(3) Die Behörde hat zur Überprüfung von Deponien mit Bescheid eine Deponieaufsicht zu bestellen; § 49 Abs. 3 bis 6 gelten sinngemäß. Die Deponieaufsicht hat die Einhaltung dieses Bundesgesetzes und der darauf beruhenden Verordnungen und Bescheide, insbesondere betreffend die Instandhaltung, den Betrieb, einschließlich der zu führenden Aufzeichnungen, und die Nachsorge, regelmäßig zu überprüfen. Sie hat der Behörde darüber jährlich zu berichten. Wird bei Beanstandungen keine Übereinstimmung zwischen dem Deponieaufsichtsorgan und dem Inhaber der Deponie über die zu treffenden Maßnahmen erzielt, ist unverzüglich der Behörde zu berichten. Weitere Maßnahmen sind, soweit im Einzelfall erforderlich, von der Behörde mit Bescheid festzulegen.

(4) Unbeschadet des § 79 hat die Behörde das vorübergehende Verbot der Einbringung von Abfällen oder die Schließung der Deponie anzuordnen, wenn ungeachtet wiederholter Mahnung unter Hinweis auf die Rechtsfolgen Verpflichtungen aus diesem Bundesgesetz oder einer Verordnung nach § 65 über Deponien oder Auflagen des Genehmigungsbescheides oder Anordnungen nicht eingehalten werden. Dies gilt auch, wenn keine angemessene Sicherstellung geleistet wird."

"Behandlungsauftrag

§ 73. (…)

(…)

(4) Sind nach rechtlicher oder faktischer Stilllegung oder Schließung bei einer Deponie gemäß § 2 Abs. 7 Z 4 Maßnahmen, wie Untersuchungen, regelmäßige Beprobungen, die Vorlage eines Sicherungs- oder Sanierungskonzeptes, Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen, im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, so hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen demjenigen, der die Deponie betrieben hat, innerhalb einer angemessenen Frist mit Bescheid aufzutragen.

(5) Maßnahmen, die Gegenstand eines behördlichen Auftrags oder einer behördlichen Anordnung gemäß Abs. 1 bis 4 sind, bedürfen keiner Bewilligung oder Genehmigung nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften. Dies gilt nicht für die Genehmigung oder Bewilligung der Anlage, in der die Abfälle in der Folge behandelt werden, oder für die Verbringung der Abfälle.

(…)

(7) Für Behandlungsaufträge ist - sofern im Folgenden nicht

anderes bestimmt ist - die zuständige Behörde erster Instanz die

Bezirksverwaltungsbehörde, die Berufungsinstanz der Landeshauptmann. Für Behandlungsaufträge gemäß Abs. 4 ist die zuständige Behörde erster Instanz der Landeshauptmann, die Berufungsinstanz der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft; der Landeshauptmann kann mit der Durchführung eines Verfahrens gemäß Abs. 4 ganz oder teilweise die Bezirksverwaltungsbehörde betrauen und diese ermächtigen, in seinem Namen zu entscheiden."

Ein Auftrag nach § 73 Abs. 4 AWG 2002 setzt die Erforderlichkeit von Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3 leg. cit.) voraus. Die belangte Behörde hat nun die Erforderlichkeit der aufgetragenen Maßnahmen einerseits damit begründet, dass im Deponiegenehmigungsbescheid vom 3. Februar 2000 bereits Vorschreibungen enthalten gewesen seien, und andererseits - unter Verweisung auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides - auch damit, dass die Gefahr konsensloser Abfallablagerungen im gegenständlichen Bereich nicht auszuschließen sei, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, am Orts- und Landschaftsbild und an einer geordneten Abfallentsorgung widerspreche.

Ob die den Beschwerdeführern mit dem angefochtenen Bescheid aufgetragenen Maßnahmen im öffentlichen Interesse erforderlich sind, kann auf dem Boden der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und der von ihr vorgelegten Aktenteile nicht abschließend beurteilt werden. So haben die Beschwerdeführer in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid darauf hingewiesen, dass die fiktive Deponiefläche noch nicht ausgekiest sei und sie auf Grund rechtskräftiger Bescheide dazu berechtigt seien, das vorhandene Kiesvorkommen bis zu den behördlich bewilligten Abbaugrenzen abzubauen, aufzubereiten und abzuführen. Träfe die Behauptung der Beschwerdeführer zu, dass in diesem Bereich noch Kiesvorkommen bestünden, zu deren Abbau sie auf Grund des Bescheides der BH vom 23. September 1991 berechtigt seien, dann lägen die von der belangten Behörde herangezogenen Gründe für deren Annahme, dass die aufgetragenen Maßnahmen im öffentlichen Interesse erforderlich seien, nicht vor.

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffene - und von den Beschwerdeführern als unrichtig bestrittene - Feststellung, dass sich der Deponiebereich im bereits ausgekiesten Teil des Areals befinde und die für den Kiesabbau vorgesehenen Flächen nicht jene des Deponieareals seien, kann anhand der vorgelegten Teile der Verwaltungsakten auf ihre Richtigkeit nicht überprüft werden. Insbesondere ist in diesen Aktenteilen auch das von der belangten Behörde ins Treffen geführte Gutachten des Amtssachverständigen für Emissionsschutz nicht enthalten. Gemäß § 38 Abs. 2 VwGG war daher insoweit von den Behauptungen der Beschwerdeführer auszugehen, die in der Beschwerde vorbringen, dass der Amtssachverständige immer nur von einer Situation nach erst zu erfolgender Auskiesung des Areals gesprochen habe.

Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vorbringt, dass der Teil der Deponie, der für die Auskiesung vorgesehen sei, genau im Genehmigungsbescheid beschrieben sei, so ist - abgesehen davon, dass auch dieser Genehmigungsbescheid in den vorgelegten Teilen der Verwaltungsakten nicht enthalten ist - diesem Vorbringen zu erwidern, dass der nähere Inhalt des Bescheides des LH vom 3. Februar 2000 im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt wurde und fehlende Begründungselemente in der Gegenschrift nicht nachgetragen werden können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2008, Zl. 2006/07/0083, mwN).

Im Übrigen kann dem Vorbringen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, dass einer Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens hinsichtlich des Bescheides der BH vom 23. September 1991 das Neuerungsverbot entgegenstehe, weil es in der Berufung darauf keinen Hinweis gegeben habe, nicht gefolgt werden. So haben die Beschwerdeführer, wie oben dargestellt, in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Deponieareal nicht nur Gegenstand des Deponiebewilligungsbescheides, sondern auch Gegenstand rechtskräftiger Bewilligungsbescheide, das auf den Grundstücken vorhandene Kiesvorkommen mit den vorhandenen Anlagen und der für diese Anlagen benötigten Wassermenge in beliebiger Höhe, Tiefe und Breite bis zu den behördlichen bewilligten Abbaugrenzen gemäß den erteilten Berechtigungen, Widmungen und Verpflichtungen abbauen, aufbereiten und abführen zu dürfen, sei. Im angefochtenen Bescheid ist die belangte Behörde von einer bestehenden Schottergrube ausgegangen, in deren östlichen Bereich die gegenständliche Deponie errichtet werden sollte, wobei im nördlichen Bereich des Areals noch eine Restauskiesung durchgeführt werden sollte. Wenn die Behörden des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens tatsächlich keine Kenntnis von den Bewilligungsbescheiden der BH für die Errichtung und die Erweiterung der Kiesgrube sowie den Kiesabbau gehabt haben sollten, so wäre die belangte Behörde auf Grund des zitierten Berufungsvorbringens gehalten gewesen, die Beschwerdeführer zur Konkretisierung der Bezeichnung der in der Berufung angeführten diesbezüglichen Bewilligungsbescheide oder zu deren Vorlage aufzufordern und auf diese oder andere Weise zu ermitteln, ob die Beschwerdeführer ein im Bereich der ehemals zu errichtenden Deponie allenfalls noch bestehendes Kiesabkommen aufgrund von diesbezüglichen Bewilligungsbescheiden abbauen dürfen.

Das Berufungsverfahren erweist sich daher als mangelhaft und der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt als ergänzungsbedürftig, sodass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 23. Mai 2013

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