VwGH 2010/07/0205

VwGH2010/07/020527.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde

  1. 1. des TL, 2. der EL, 3. des HH, alle in O, 4. der MA in J,
  1. 5. des NS und 6. der SS, beide in O, alle vertreten durch Mag. Dr. Heinz Häupl, Rechtsanwalt in 4865 Nußdorf, Stockwinkl 18, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. Mai 2010, Zl. Wa-2010-602743/1-Mül/Ka, betreffend Anordnungen nach § 34 WRG 1959 (mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft O vertreten durch den Obmann MH in O), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §34 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs4;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §34 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft R (BH) vom 13. April 2010 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung ihrer Wasserversorgungsanlage erteilt (Spruchabschnitt I.).

In Spruchabschnitt III. dieses Bescheides wurden für drei Quellen dieser Wasserversorgungsanlage Schutzgebiete unter anderem mit dem Verbot der Errichtung von Brunnen bestimmt.

Den von der Erweiterung des Schutzgebietes betroffenen Eigentümern forstlich genutzter Grundstücke wurden für die Einschränkung der forstlichen Nutzung der betroffenen Grundstücke Entschädigungsbeträge zuerkannt (Spruchabschnitt IV.).

Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien Berufung an die belangte Behörde.

Begründend führten diese aus, dass sie von den Verboten im Schutzgebiet betroffen seien. Durch die wasserrechtliche Bewilligung würden sie in ihrem Eigentumsrecht unverhältnismäßig beschränkt. Den beschwerdeführenden Parteien sei nicht die Möglichkeit geboten worden, zum Gutachten des Amtssachverständigen für Geohydrologie, auf welchem der Bescheid der BH aufbaue, Stellung zu nehmen. Die nur pauschal geltend gemachten Bedenken der beschwerdeführenden Parteien seien vor Erlassung des Bescheides der BH nicht geprüft worden. Den beschwerdeführenden Parteien werde im Schutzgebiet die Errichtung von Brunnen untersagt, obwohl von diesen keinerlei Beeinträchtigung der Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei zu erwarten sei. Die Erweiterung der Wasserversorgungsanlage hätte nicht bewilligt werden dürfen, da die notwendige Interessenabwägung ergeben würde, dass die (von den Schutzgebietsanordnungen betroffenen) Interessen der beschwerdeführenden Parteien die Interessen der mitbeteiligten Partei an der Erweiterung der Wasserversorgungsanlage überwiegen würden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung der beschwerdeführenden Parteien abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die zu der von der BH für den 13. Juli 2009 anberaumten und an diesem Tage durchgeführten Verhandlung ordnungsgemäß geladenen und zum Teil auch erschienenen beschwerdeführenden Parteien einer diesbezüglichen Feststellung des Verhandlungsleiters zufolge Einwendungen betreffend die Bestimmung eines Schutzgebietes vorgebracht hätten. Dem Berufungsvorbringen zufolge handle es sich dabei nur um pauschal vorgebrachte Bedenken, aber nicht um konkrete Einwendungen zu bestimmten, vom Amtssachverständigen für Geohydrologie vorgeschlagenen Verboten im Schutzgebiet. Entgegen dem Berufungsvorbringen hätten die beschwerdeführenden Parteien bei der Verhandlung die Gelegenheit gehabt, den Inhalt der Verhandlungsschrift und damit auch das Gutachten des Amtssachverständigen für Geohydrologie zur Kenntnis zu nehmen. Zu diesem Zweck und um ihre Einwendungen vorbringen zu können, seien die beschwerdeführenden Parteien auch zur Verhandlung geladen gewesen. Einer Feststellung auf Seite 7 der Verhandlungsschrift zufolge hätten aber die Teilnehmer an der Verhandlung einvernehmlich auf die Verlesung der Verhandlungsschrift - soweit sie am Schluss der Verhandlung noch anwesend gewesen seien - verzichtet. Für den in der Berufung behaupteten Verfahrensfehler ergäben sich aus dem vorliegenden Akt der BH keine Anhaltspunkte. Auch in der Berufung fehlten dazu nähere Angaben. Den beschwerdeführenden Parteien wäre es auch im Berufungsverfahren noch möglich gewesen, dem Gutachten des Amtssachverständigen für Geohydrologie auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten.

Das Verbot der Errichtung von Brunnen sei entgegen dem Berufungsvorbringen zum Schutz der genossenschaftlichen Wasserversorgungsanlage gegen Verunreinigungen gerechtfertigt, da mit der Errichtung eines Brunnens die Grundwasserüberdeckung verletzt und zumindest vorübergehend die Versickerung von Oberflächenwasser ermöglicht wäre. Bei nicht fachgerechter Errichtung bestehe die Gefahr der Versickerung von Oberflächenwasser entlang des Brunnenschachtes auch auf Dauer.

Zum Schutz von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit könne die Wasserrechtsbehörde gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen.

Wer infolge von Schutzgebietsanordnungen im Sinne des § 34 Abs. 1 WRG 1959 seine Grundstücke und Anlagen nicht auf die Art oder in dem Umfang nutzen könne, wie es ihm auf Grund bestehender Rechte zustehe, sei dafür gemäß § 34 Abs. 4 WRG 1959 vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen (§ 117 WRG 1959).

Soweit es zum Schutz einer Wasserversorgungsanlage gegen Verunreinigung oder gegen die Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit erforderlich sei, ein Schutzgebiet zu bestimmen und durch entsprechende Anordnungen die Benutzung von Grundstücken einzuschränken, biete das WRG 1959 keinen Raum dafür, das Interesse am Schutz der Wasserversorgungsanlage gegen das Interesse von durch Schutzgebietsanordnungen Betroffenen am Unterbleiben von Anordnungen abzuwägen und so allenfalls von solchen Anordnungen Abstand zu nehmen.

Die BH habe im Verfahren auch über die Ansprüche der von den Schutzgebieten betroffenen Grundeigentümer auf Entschädigung der sich aus den Schutzgebietsanordnungen ergebenden Einschränkungen der Grundstücksnutzung zu entscheiden. Diese Ansprüche wären im Verlauf der Verhandlung am 13. Juli geltend zu machen gewesen. Die BH sei insofern darauf angewiesen, dass die Grundeigentümer mitteilten, aus welchen Schutzgebietsanordnungen sich jeweils konkrete Einschränkungen in der Benutzung ihrer Grundstücke ergäben. Da die beschwerdeführenden Parteien, wie in der Berufung ausgeführt, sich nur pauschal gegen die Bestimmung von Schutzgebieten ausgesprochen hätten - die Einschränkungen hinsichtlich der forstwirtschaftlichen Nutzung von Grundflächen sei offenbar dennoch erörtert worden -, habe die BH nicht davon ausgehen können, dass das Verbot der Errichtung von Brunnen zu einer für die beschwerdeführenden Parteien relevanten Einschränkung ihrer Nutzungsbefugnisse im Sinne des § 5 Abs. 2 WRG 1959 führen werde. Dazu sei zu bemerken, dass es sich hiebei nur um die ohne wasserrechtliche Bewilligung erlaubte Benutzung von Privatgewässern - soweit es sich um zu errichtende Brunnen handle, also nur um Hausbrunnen im Sinne des § 10 Abs. 1 WRG 1959 -

handeln könne. Ob die beschwerdeführenden Parteien damit ihre allfälligen Ansprüche auf weitere Entschädigungen über die mit dem Bescheid der BH zuerkannten Beträge hinaus verloren hätten, könne hier dahingestellt bleiben, da der belangten Behörde insofern keine Zuständigkeit zukomme. Wie in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides der BH vom 13. April 2010 ausgeführt, sei eine Berufung gegen die Entscheidung der BH zur Entschädigung nicht zulässig. Vielmehr müssten die beschwerdeführenden Parteien die gerichtliche Entscheidung beantragen (§ 117 Abs. 4 WRG 1959).

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Dieser lehnte mit Beschluss vom 29. September 2010, Zl. B 922/10-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In ihrer über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde machen die beschwerdeführenden Parteien Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 34 Abs. 1 WRG 1959 hat folgenden Wortlaut:

"§ 34. (1) Zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung (§ 30 Abs. 2) oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit kann die zur Bewilligung dieser Anlagen zuständige Wasserrechtsbehörde - zum Schutze von nicht bewilligungspflichtigen Wasserversorgungsanlagen die Bezirksverwaltungsbehörde - durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen. Darüber hinaus kann - nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen - auch der Betrieb bestehender Anlagen und Unternehmungen im notwendigen Ausmaß eingeschränkt werden. Die besonderen Anordnungen sind tunlichst gleichzeitig in jenem Bescheid, mit dem die wasserrechtliche Bewilligung für die zu schützende Anlage erteilt wird, zu treffen. Die Änderung solcher Anordnungen ist zulässig, wenn der Schutz der Wasserversorgung dies gestattet oder erfordert."

Grundeigentümern - wie den beschwerdeführenden Parteien - im Schutzbereich kommt das Recht zu, sowohl gegen die Einbeziehung ihrer Grundstücke in ein Schutzgebiet als auch gegen die vorgesehenen Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung ihrer Grundstücke Einwendungen zu erheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2004, Zl. 2001/07/0150), und sie sind - wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind - gemäß § 34 Abs. 4 WRG 1959 für die durch Schutzgebietsanordnungen erfolgenden Beschränkungen ihres Eigentums vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen.

Darüber hinaus ist § 34 Abs. 1 WRG 1959 der Grundsatz der Eingriffsminimierung immanent: Anordnungen im Sinne dieser Gesetzesstelle sollen nur in dem Ausmaß getroffen werden, in dem sie im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung erforderlich sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 2010, Zl. 2008/07/0099, mwN).

Die beschwerdeführenden Parteien sprachen sich in der Verhandlung vor der BH am 13. Juli 2009 gegen die verfahrensgegenständlichen Schutzgebiete aus.

In der vorliegenden Beschwerde bemängeln die beschwerdeführenden Parteien keine Gelegenheit erhalten zu haben, zu dem Gutachten des hydrogeologischen Amtssachverständigen, welches in der Verhandlung der BH vom 13. Juli 2009 erstattet wurde, Stellung zu nehmen. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich Befund und Gutachten des hydrogeologischen Amtssachverständigen in den Begründungsausführungen des Bescheides der BH vom 13. April 2010 wiederfinden. Dadurch wurde ein allfälliger Verfahrensmangel saniert, da den beschwerdeführenden Parteien mit ihrer Berufung an die belangte Behörde eine Möglichkeit zur Stellungnahme offenstand (vgl. dazu die bei Hengstschläger/Leeb, AVG (2005) § 46 Rz 40 zitierte hg. Judikatur).

Der hydrogeologische Amtssachverständige hielt in seinem Gutachten die Erweiterung der verfahrensgegenständlichen Schutzgebiete "zum Schutz des durch die Wasserversorgungsanlage erschlossenen Grundwassers gegen Verunreinigung, gegen Beeinträchtigung der Ergiebigkeit sowie zum Erhalt der schützenden Überdeckung" für erforderlich.

Auf Basis dieser Sachverständigenausführungen hielt die belangte Behörde das Verbot der Errichtung von Brunnen zum Schutz der Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei gegen Verunreinigungen für gerechtfertigt, da "mit der Errichtung eines Brunnens die Grundwasserüberdeckung verletzt und zumindest vorübergehend die Versickerung von Oberflächenwasser ermöglicht" werde. Bei nicht fachgerechter Errichtung bestehe darüber hinaus die Gefahr der Versickerung von Oberflächenwasser entlang des Brunnenschachtes auch auf Dauer.

Diese Ausführungen der belangten Behörde ergeben sich nachvollziehbar aus den gutachterlichen Äußerungen des hydrogeologischen Amtssachverständigen, die dem Bescheid der BH vom 13. April 2010 zugrundeliegen.

Es wäre an den beschwerdeführenden Parteien gelegen, im Berufungsverfahren den schlüssigen Ausführungen des hydrogeologischen Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Entgegen den Beschwerdeausführungen war es auch nicht der Manuduktionspflicht der belangten Behörde geschuldet, die beschwerdeführenden Parteien anzuleiten, welche Möglichkeiten zur Stellungnahme im zum angefochtenen Bescheid führenden Verfahren gegeben gewesen sind.

Prozessgegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist - wie der Beschwerdeführer selbst angibt - die Anordnung der verfahrensgegenständlichen Wasserschutzgebiete nach § 34 Abs. 1 WRG 1959.

Mit den Hinweisen auf das Fehlen einer Druckprüfung bzw. eines Dauervertrages zur wiederkehrenden Überprüfung der UV-Anlage nimmt der Beschwerdeführer auf die Voraussetzungen für die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung der Wasserversorgungsanlage Bezug. Die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen sind somit nicht Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, da Prozessgegenstand auf Grund des von den beschwerdeführenden Parteien formulierten Beschwerdepunktes ausschließlich der Schutz der Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei nach § 34 Abs. 1 WRG 1959 ist.

Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien, es habe eine angemessene Entschädigung der vom Schutzgebiet betroffenen Grundeigentümer zu erfolgen, ist entgegenzuhalten, dass es der belangten Behörde mangels Zuständigkeit verwehrt gewesen ist, die Entscheidung der BH hinsichtlich der Zuerkennung von Entschädigungen zu korrigieren oder zu ergänzen. Gemäß § 117 Abs. 4 WRG 1959 ist nämlich gegen solche Entscheidungen der BH eine Berufung nicht zulässig.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über einen Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 27. Juni 2013

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