VwGH 2012/13/0015

VwGH2012/13/001527.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der H GmbH in W, vertreten durch Dr. Richard Stengg, Rechtsanwalt in 7400 Oberwart, Holundergasse 12, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 13. Dezember 2011, Zlen. RV/2206, 2207-W/06, 3426, 3427-W/11, betreffend u.a. Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2000 bis 2002, idF des Berichtigungsbescheides vom 21. Februar 2012, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §184;
BAO §184;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung (Umsatz- und Körperschaftsteuer 2000 bis 2002) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin, einem in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung geführten Franchiseunternehmen in der so genannten Systemgastronomie (Führung vereinheitlichter Restaurants), fand eine Außenprüfung betreffend die Jahre 2000 bis 2002 statt. Die Prüferin stellte - unter Bezugnahme auf den Bericht eines Systemprüfers - Mängel der Buchhaltung (fehlende Kassagrundaufzeichnungen, Mengendifferenzen hinsichtlich "Anzahl Menüspeisen zu Anzahl Menügetränke", fehlende Grundaufzeichnungen betreffend Aufwendungen für "Promo" und Mitarbeiteressen, Nichtaufbewahrung von Gutscheinen, unplausibler Strukturverlauf "Kiosk", weit über den branchenüblichen Erfahrungssätzen liegender Abfallanteil) fest und erhöhte die erklärten Nettoerlöse um einen Sicherheitszuschlag von 5%, was zu einer entsprechenden Erhöhung der Bemessungsgrundlagen für die Umsatz- und Körperschaftsteuer führte. Einem Antrag auf teilweise Rückerstattung der Umsatzsteuer für außerhalb des Lokals verzehrte Speisen ("Drive-In und Take-Away-Umsätze") entsprach sie mit der Begründung nicht, dass ihr die Beschwerdeführerin die Korrekturen der Bemessungsgrundlagen nicht übermittelt habe.

Das Finanzamt folgte der Prüferin und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren den angeführten - und weiteren nicht streitgegenständlichen - Feststellungen entsprechende Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2000 bis 2002.

Die Beschwerdeführerin berief gegen die angeführten Bescheide und brachte in einem ergänzenden Schriftsatz zur Berufung vom 29. April 2005 vor, dass sie umsatzabhängige Franchisegebühren zu entrichten habe, weshalb der Franchisegeber sehr darauf bedacht sei, dass sie die erzielten Umsätze lückenlos erfasse. Daher werde in den von der Beschwerdeführerin betriebenen Lokalen ein einheitliches Kassensystem verwendet, das es dem Franchisegeber ermögliche, jederzeit auf alle Daten zuzugreifen.

In Bezug auf die Abweichungen beim Verhältnis Menüspeisen zu Menügetränken sei Folgendes zu bemerken:

"Im (Kassensystem des Franchisegebers) werden die Bestellungen des Kunden in die jeweiligen Kassen eingegeben und der Gesamtpreis des Einkaufs der auf dem Display aufscheint vom Kunden bezahlt. Die Kassa kann von der Kassiererin nur geöffnet werden, sofern eine Bestellung vorliegt. Ohne Bestellung kann die Kasse nur durch den Manager mittels eines Schlüssels geöffnet werden. Die Anzahl der Öffnungen mittels Schlüssel werden in einer Datei gespeichert und sind nachzuvollziehen. Daher sind etwaige Manipulationen an der Kasse schwer vorstellbar.

Die produktbezogenen Summen werden aus den Daten der einzelnen Transaktionen des Tages erstellt und ergeben die Solltageseinnahmen. Weiters werden dazu noch händisch die Bereiche Werbung, Abfall und Personalessen ergänzt. Diese Daten sind im täglichen 'Produktmix-Bericht' erfasst. Die Solltageseinnahmen (Kasseneinnahmen) werden pro Tag mit den tatsächlich gezählten Einnahmen verglichen. Die Geldbeträge werden in den Nachttresor eingeworfen und dem Bankkonto gutgebucht.

Auch der Warenbestand wird permanent ermittelt, und der Wareneinsatz ist im Produktmixbericht zu ersehen. Wareneinsatz mal Verkaufspreis ergibt in Summe die Solltageseinnahmen.

Aufgrund dieses (vom Franchisegeber) vorgeschriebenen Systems sind alle Bewegungen, die zu Einnahmen führen, lückenlos erfasst. Abweichungen bei Menüs zwischen der Anzahl der Getränke und Speisen - wie von der Betriebsprüfung festgestellt - ergeben keine steuerlichen Auswirkungen, da die Einnahmen der mengenmäßig ausgegebenen Produkte auf Grund der obengenannten Ausführungen jedenfalls erfasst und auch der Besteuerung zugeführt wurden."

Es gebe Richtlinien des Franchisegebers, wie lange ein Fertigprodukt nach der Herstellung zum Verkauf bereitgehalten werden dürfe. Die Abfallkosten hingen davon ab, ob sich ein Franchisenehmer an diese Vorgaben halte oder nicht. Da die Beschwerdeführerin großen Wert auf Qualität lege, sei auch der Abfall im Vergleich zu anderen Betrieben höher. Die Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung sei deshalb nicht in Zweifel zu ziehen. Zur Glaubhaftmachung des Werbeaufwandes könnten Schreiben von Vereinen, Schulen etc. beigebracht werden, die um Sachspenden gebeten hätten. Der von der Prüferin behauptete unplausible Strukturverlauf im "Kiosk" sei auf das Orderverhalten der Kunden und die dort höheren Preise zurückzuführen.

Die Beschwerdeführerin habe anlässlich der Schlussbesprechung den Antrag gestellt, "die während der Zeit vom 1.6.2000 - 31.12.2000 mit 14% versteuerten 'Drive-In' und 'Take-Away'- Umsätze mit 10% auf Lebensmittel der Umsatzsteuer zu unterziehen". Die Prüferin habe den Antrag zur Kenntnis genommen, "wollte diesen jedoch mangels Bemessungsgrundlagen im Rechtsmittelverfahren geklärt wissen". Durch Herabsetzung der Umsatzsteuer für "Drive-In und Take-Away-Umsätze" auf 10% würde sich in den Filialen P (105.666,66 S), B (316.972,03 S) S (142.207,68 S) und K (25.344,26 S) für den angeführten Zeitraum eine Umsatzsteuergutschrift von 590.190,65 S (42.890,83 EUR) ergeben.

Die Prüferin führte in einer Stellungnahme zur Berufung vom 27. Juni 2005 aus, dass sie der Behauptung, "dass aufgrund der Nutzung eines vielfach im Einsatz befindlichen Computersystems, bei dem 'die produktbezogenen Summen aus den Daten der einzelnen Transaktionen des Tages erstellt werden und die Solltageseinnahmen weiters dazu händisch um die Bereiche Werbung, Abfall und Personalessen ergänzt werden', eine 'lückenlose Erfassung aller Bewegungen, die zu Einnahmen führen' vorliegt", nicht folgen könne.

Die Beschwerdeführerin habe die Einzeltransaktionsdaten (während des Tagesbetriebes eingegebene Bestellungen) und die händisch geführten Tagesaufzeichnungen betreffend "Promotion", Abfall und Personalessen, welche die Grundlage für die im Zuge des Tagesabschlusses händisch eingegebenen Summen bildeten, nicht aufbewahrt. Daher sei ihr Rechenwerk nicht ordnungsgemäß. Erschwerend komme hinzu, dass sie die Diskrepanzen betreffend Menüspeisen und Menügetränke nicht aufgeklärt habe. Dem Vorbringen im Rahmen der Prüfung, wonach sich das Personal möglicherweise vertippt habe, könne im Hinblick auf die gravierenden (Anm: in der Stellungnahme beispielsweise angeführten) Abweichungen nicht gefolgt werden. Das Qualitätskriterium, das auch für alle anderen Franchisenehmer gelte, erkläre kein Abfallvolumen, das von der vorgegebenen Norm um 100 bis 200% abweiche. Auch das Orderverhalten der Kunden sei (Anm: aus in der Stellungnahme näher dargestellten Gründen) keine Erklärung für den Strukturverlauf im "Kiosk".

Zum Antrag, die Umsatzsteuer für die "Drive-In und Take-Away-Umsätze" auf 10% zu vermindern, nahm die Prüferin dahingehend Stellung, dass die Beschwerdeführerin die entsprechenden Umsätze mit 14% (vgl. § 10 Abs. 3 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 29/2000) fakturiert habe, weshalb dem Antrag nur im Falle einer Belegberichtigung gegenüber den Abnehmern gemäß § 11 Abs. 12 UStG stattzugeben sei.

Die Beschwerdeführerin brachte in einer Gegenäußerung zur Stellungnahme der Prüferin vom 4. Oktober 2005 u.a. vor, dass die Prüferin nicht auf die Ausführungen zur Vollständigkeit der Kasseneinnahmen eingegangen sei. Die behaupteten Mängel beträfen nicht die Einnahmenseite, sondern die Mengenbewegung und rechtfertigten den verhängten Sicherheitszuschlag nicht. Die Prüferin habe - so die Beschwerdeführerin weiter - auch die Höhe des Sicherheitszuschlages nicht begründet:

"Als Begründung sind hiezu in der Beilage 2 zur Niederschrift die laut Meinung der Betriebsprüfung fehlenden Erlöse aus den überhöhten Abfällen für alle Stores in Höhe von ATS 2,948.390,94 inkl. USt für die Jahre 2000 - 2002 zu finden (siehe beigefügte Anlage 2). Es wurden aber insgesamt ATS 12,380.562,07 inkl. USt als Mehrergebnis aus Sicherheitszuschlag vorgeschrieben. Für die Differenz in Höhe von ATS 9,432171,13 inkl. Ust ist jedoch keine Begründung erfolgt."

Im Zusammenhang mit den "Drive-In und Take-Away-Umsätzen" seien nur in Ausnahmefällen und nur auf Verlangen Kassabons ausgestellt worden, die die Formalvoraussetzungen für Kleinbetragsrechnungen erfüllten. Nur diese Umsätze könnten eine Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung bewirken. Außerdem wären aus Sicht der Neutralität der Mehrwertsteuer nur jene seltenen Umsätze von Bedeutung, bei denen es bei Geschäftsessen zu einem Vorsteuerabzug gekommen sei.

Anlässlich eines am 14. Juni 2011 abgehaltenen Erörterungsgesprächs vor der belangten Behörde wurde u.a. die Erfassung der Erlöse (Kassabericht) und Warenbewegungen (Produktmixbericht) besprochen. Abgesehen davon gab der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin zu Protokoll, dass er dem Finanzamt binnen 14 Tagen die Bemessungsunterlagen betreffend die 10 bzw. 14%igen Umsätze aushändigen werde.

Am 7. Dezember 2011 langte bei der belangten Behörde das nachstehend wiedergegebene Schreiben der Beschwerdeführerin per E-Mail ein:

"Die Betriebsprüfung hat auf die Umsatzerlöse einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 5% angewendet. Begründet wurde diese Zuschätzung im Wesentlichen damit, dass Getränke und Speisen bei abgegebenen Menüs nicht korrelieren.

Die Hauptverwaltung (des Franchisegebers) erklärte zur Funktionsweise des damaligen Kassenprogramms:

'Wenn ein Menü in die Kasse getippt wurde, erfolgte die Festschreibung im Kassenbericht, sodass dieser unveränderbar feststand.

Die einzelnen Bestandteile des Menüs, also Speisen und Getränke waren ohne Wirkung auf die Kasseneinnahmen für die Warenbewegung einzeln nach zu tippen. Wurden einzelne Posten nicht getippt, so betraf das den so genannten Product Mix, also die Warenbewegung. Das Programm konnte aber ohne Mengeneingabe verlassen werden.

Das wurde im neuen Programm geändert. Im derzeit verwendeten EDV Programm ist es nicht mehr möglich, bei Eingabe eines Menüs die einzelnen Komponenten nicht einzutippen, da die Kassa in diesem Fall für einen neuen Vorgang nicht freigegeben wird.'

Die nicht eingetippten Speisen oder Getränke verminderten den Wareneinsatz, hatten aber, wie bereits ausgeführt, keinerlei Auswirkungen auf die Kassenerlöse. Auch führten sie zu hohen Sollbeständen an Getränken und Speisen. Die Korrektur der unrichtigen Bestände erfolgte durch Ausbuchen auf die Konten Inventurdifferenzen und Abfall.

Es war eine weitere Folge der unterlassenen Mengeneingabe, dass die (vom Franchisegeber) vorgegebene Bench Mark beim Wareneinsatz nachweislich unterschritten und beim Abfall hingegen überschritten wurde. Den überhöhten Anteil an Abfall hat auch die Betriebsprüfung in der Stellungnahme vom 27.6.2005 festgehalten.

Der dargestellte Sachverhalt begründet die von der Betriebsprüfung festgestellten Mengendifferenzen zwischen Getränken und Speisen und zeigt, dass sie keine Auswirkung auf die Richtigkeit die erklärten Ergebnisse und Bemessungsgrundlagen für Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer gehabt haben.

Die Schätzungsmethode durch Anwendung eines Sicherheitszuschlages geht davon aus, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden (…). Die Betriebsprüfung hat keinen Nachweis erbracht, dass für die Steuerbemessung relevante Vorgänge (Kasseneinnahmen) nicht aufgezeichnet wurden. Die gewählte Schätzungsmethode ist nicht anwendbar. Der verhängte Sicherheitszuschlag führt zu einer unzulässigen Strafsteuer.

Die Höhe des Sicherheitszuschlages ist zu begründen (…). Die Höhe des Sicherheitszuschlages wurde aber von der Betriebsprüfung überhaupt nicht begründet. Die Verhängung erfolgte, obwohl Kassenführungsmängel oder Umsatzverkürzungen nicht festgestellt wurden.

Weiters wollen wir Ihnen noch mitteilen, dass der Betriebsprüferin bei der Ermittlung des Sicherheitszuschlages ein Fehler unterlaufen ist. Es wurden im Jahr 2001 weiterverrechnete Kosten von ATS 1.161.871,50 nicht abgezogen und im Jahr 2002 EUR 69.763,78 (siehe Beilagen 1-7). Wir ersuchen um Korrektur lt. Beilage 4."

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit statt, als sie bei der Berechnung der Sicherheitszuschläge für die Jahre 2001 und 2002 weiterverrechnete Kosten von 1,161.871,50 S (2001) bzw. 69.763,78 EUR (2002) außer Ansatz ließ. Im Übrigen wies sie die Berufung ab und führte dazu begründend aus, die Beschwerdeführerin verwende ein Kassensystem, dass dem Franchisegeber die Möglichkeit des jederzeitigen Zugriffs auf alle Daten ermögliche. Nach Betriebsschluss führe der jeweilige Manager eine Abrechnung durch und übermittle die anhand von händischen Aufzeichnungen betreffend Werbung, Mitarbeiteressen und Abfall ergänzten Kassendaten als "produktbezogene Summen" an den Franchisegeber. Die Beschwerdeführerin habe die Einzeltransaktionsdaten (während des Tagesbetriebes eingegebenen Bestellungen), die an den Franchisegeber übermittelten "produktbezogenen Summen" und die händischen Aufzeichnungen betreffend Werbung, Mitarbeiteressen und Abfall nicht aufbewahrt. Diese Aufzeichnungen stellten Grundaufzeichnungen im Sinne der Bundesabgabenordnung dar, weshalb sich das Rechenwerk der Beschwerdeführerin als nicht ordnungsgemäß erweise und die Schätzungsberechtigung gegeben sei.

Dem Schreiben vom 7. Dezember 2011 sei insoweit Rechnung zu tragen, als die bei der Ermittlung des Sicherheitszuschlages unterlaufenen Fehler zu berichtigen seien.

Mit den sonstigen Ausführungen im Berufungsverfahren sei für die Beschwerdeführerin - so die belangte Behörde weiter - hingegen nichts zu gewinnen:

"Was die Vorbringen des steuerlichen Vertreters in der Gegenäußerung vom 4. Oktober 2005 und der E- Mail vom 7. Dezember 2011 anbelangt, war dem an die Prüferin in der Gegenäußerung vom 4. Oktober 2005 adressierten Vorwurf, in keiner Weise auf die in der Berufungsschrift argumentierte Vollständigkeit der Kasseneinnahmen eingegangen zu sein, zu erwidern, dass eine isolierte Betrachtungsweise der Kasseneinnahmen mit der nachfolgend aus der Niederschrift zum Erörterungsgespräch vom 14. Juni 2011 zitierten Antwort des steuerlichen Vertreters auf die Frage der Prüferin zum Zustandekommen/ zur Zusammensetzung der Produktmixberichte unvereinbar war:

'Der Produktmixbericht ist neben dem Kassabericht, wobei der Promo, der Abfall und das Personal am Abend dazugegeben werden. Der Computer registriert den Promo, den Abfall und das Personal nicht. Ich meine, dass der Manager am Abend die Positionen Promo, Abfall und Personal dem Kassenbericht hinzufügt; damit besteht der Produktmixbericht.

Im Produktmixbericht werden die per Tag verkauften Waren aufgelistet; der Bericht enthält alle Warenabgänge (Abfall/Promo/Mitarbeiteressen und Verkäufe). Die verkauften Waren müssen mit der Tageslosung übereinstimmen.'

Mit dem Text des E-Mails vom 7. Dezember 2011, demzufolge die nicht eingetippten Speisen oder Getränke den Wareneinsatz vermindert hätten, aber keinerlei Auswirkungen auf die Kassenerlöse gehabt hätten und zu zu hohen Sollbeständen an Getränken und Speisen geführt hätten, wobei die Korrektur der unrichtigen Bestände durch Ausbuchen auf die Konten 'Inventurdifferenzen' und 'Abfall' erfolgt sei, legte der steuerliche Vertreter den Bestand von verkaufsfertigen Waren samt Auswirkungen in der Buchhaltung offen, ohne die Unwägbarkeit der Abweichung vom durch den Franchisegeber vorgegebenen Richtwert zum Abfallanteil glaubhaft machen zu können. Die Bezugnahme in der Mail auf den in der Stellungnahme der Betriebsprüfung vom 27. Juni 2005 thematisierten überhöhten Abfallanteil änderte nichts an der Tatsache, dass dem steuerlichen Vertreter nicht erst mit der Stellungnahme der Betriebsprüfung vom 27. Juni 2005, sondern bereits mit der Niederschrift zur Schlussbesprechung vom 15. Dezember 2004 an Mängel die fehlenden Grundaufzeichnungen auch im Bereich geltend gemachter Aufwendungen für Promo und Mitarbeiteressen; die Nichtaufbewahrung von 'Gutscheinen'; der unplausible Strukturverlaufs Kiosk; der zum Teil weit über den branchenüblichen Erfahrungssätzen gelegene Abfallanteil vorgehalten worden waren, infolge dessen es an ihm gelegen gewesen wäre, die Vollständigkeit der Einnahmen anhand einer lückenlosen Beweisführung nachzuweisen. Davon konnte keine Rede sein, wenn der steuerliche Vertreter im Schreiben vom 7. Dezember 2011 die Unterschreitung der (vom Franchisegeber) vorgegebenen Bench Mark beim Wareneinsatz/die Überschreitung beim Abfall als Folge der unterlassenen Mengeneingabe mit Bezugnahme auf die Stellungnahme der Betriebsprüfung vom 27. Juni 2005 zum 'Abfallanteil' thematisiert, ohne die Möglichkeit einer Auswirkung der in der Niederschrift zur Schlussbesprechung vom 15. Dezember 2004/ Stellungnahme der Betriebsprüfung vom 27. Juni 2005 angeführten Mängel auf die Einnahmenerfassung in Form eines substantiierten Vorbringens klar und eindeutig zu widerlegen. Damit war das Vorbringen des steuerlichen Vertreters in seinem Schreiben vom 4. Oktober 2005, demzufolge das (beim Franchisegeber) angewandte Organisations- und Kassensystem auch keine Möglichkeit der Zuführung der von der Betriebsprüfung behaupteten überhöhten Abfalle zum Verkauf zulasse, als eine Aussage ohne Beweiskraft zu werten und die Annahme einer vollständigen Erfassung aller Einnahmen in der Kassa mangels überragender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.

Mit der Beilage 2 zur Niederschrift gemäß § 149 Abs. 1 BAO stellte die Prüferin den Rechengang des im Zuge der angewandten Sicherheitszuschlagsmethode ermittelten Schätzungsergebnisses klar und eindeutig dar. Wird ein Zusammenhang der dort ersichtlichen Zahlen mit den durch Vorlage der Anlage 2 zur Gegenäußerung vom 4. Oktober 2005 thematisierten Zahlen behauptet, so wäre es am steuerlichen Vertreter gelegen gewesen, (der belangten Behörde) Gewissheit über die Relevanz der thematisierten Differenz für den Ausgang des Berufungsverfahren in Form eines substantiierten Vorbringens zum Zusammenhang der thematisierten Differenz von S 9.432.171,13 inkl. USt. zur gewerbebetrieblichen Tätigkeit zu verschaffen, wenn die Zahlen, deren Differenz den Betrag von S 9.432.171,13 ergibt, dem in der Beilage 2 NS ersichtlichen Rechenwerk nicht zu entnehmen waren. Aufgrund der Aktenlage war daher das Vorliegen eines Zusammenhangs der im Schreiben vom 4. Oktober 2005 thematisierten Zahlen mit dem im Verfahren gemäß § 184 BAO ermitteltem Schätzungsergebnis als nicht erwiesen anzunehmen.

(…)

Mit der (der belangten Behörde) per E-Mail am 7. Dezember 2011 zur Kenntnis gebrachten Auskunft der Hauptverwaltung des Franchisegebers zur Funktionsweise des damaligen Kassenprogramms war für die (Beschwerdeführerin) nichts zu gewinnen, weil die Betriebsprüfung die Buchhaltung der (Beschwerdeführerin) sowie die dem Franchisegeber übermittelten Daten zugrunde gelegen hatte, infolge dessen diese Mitteilung für das Berufungsverfahren bedeutungslos war.

Der dargestellte Sachverhalt begründete die von der Betriebsprüfung festgestellten Mengendifferenzen zwischen Getränke und Speisen und zeigte daher - entgegen der Meinung des steuerlichen Vertreters - nicht, dass 'sie keine Auswirkungen auf die Richtigkeit die erklärten Ergebnisse und Bemessungsgrundlagen für Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer gehabt' hatten.

Der an die Prüferin adressierte Vorwurf, keinen Nachweis für nicht aufgezeichnete, aber für die Steuerbemessung relevante Vorgänge (Kasseneinnahmen) erbracht zu haben, stand in einem unauflösbaren Widerspruch zum Text des Schreibens vom 7. Dezember 2011, mit dem der steuerliche Vertreter dem Unabhängigen Finanzsenat klar und eindeutig zur Kenntnis gebracht hatte: 'Die nicht eingetippten Speisen oder Getränke verminderten

den Wareneinsatz, hatten aber ... keinerlei Auswirkungen auf die

Kassenerlöse. Auch führten sie zu zu hohen Sollbeständen an Getränken und Speisen. Die Korrektur der unrichtigen Bestände erfolgte durch Ausbuchen auf die Konten Inventurdifferenzen und Abfall.'

Aufgrund der alleinigen Behauptung, der verhängte Sicherheitszuschlag führe zu einer unzulässigen Strafsteuer, ohne den bei der Schätzung vermuteten Strafsteuercharakter in entsprechender Form zu dokumentieren, war dieses Vorbringen aus Mangel an Beweisen ungeeignet, einen im Zuge des Schätzungsverfahrens unterlaufenen Fehler offen zu legen.

Der Behauptung des Fehlens einer Begründung für die Höhe des Sicherheitszuschlages war zu erwidern, dass die Prüferin mit ihren Ausführungen in der Niederschrift zur Schlussbesprechung samt Prüfbericht die Zulässigkeit der Schätzung dokumentiert hatte und ihr daher die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode freigestanden war. Nicht nur, dass die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge für (die belangte Behörde) schlüssig und folgerichtig waren, stand auch das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bestand, mit der Lebenserfahrung im Einklang. Im Übrigen fehlten Indizien dafür, dass das gewählte Verfahren nicht stets auf das Ziel gerichtet gewesen war, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Wurde der mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 thematisierte Fehler erst im letzten Schreiben des steuerlichen Vertreters im Berufungsverfahren glaubhaft gemacht, so änderte die Wahrnehmung dieses Fehlers in der Berufungsentscheidung nichts an der Tatsache, dass die Finanzverwaltung der Aktenlage zufolge im Rahmen des Schätzungsverfahrens auf alle vom Abgabepflichtigen substanziiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen eingegangen war.

Was den Streitpunkt 'Umsätze 14% auf 10%' betrifft, gab der steuerliche Vertreter unter Bezugnahme auf eine E-Mail vom 1. Oktober 2003 anlässlich des Erörterungsgesprächs vom 14. Juni 2011 zu Protokoll, dass die Bemessungsunterlagen dem Finanzamt in ca. vierzehn Tagen ausgehändigt würden. Mangels Vorlage dieser Unterlagen war aufgrund der Aktenlage zu entscheiden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde (in der hinsichtlich der Wiederaufnahme der Verfahren keine Rechtsverletzung geltend gemacht wird) hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde - erwogen:

In der Beschwerde wird unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit gerügt, dass die Voraussetzungen für eine Schätzung der Steuerbemessungsgrundlagen nicht vorlägen, weil die von der Prüferin festgestellten "Mengendiskrepanzen zwischen Menüspeisen und -getränken (…) keinen Einfluss auf die Richtigkeit der Berechnung der Erlöse, sondern nur auf die Mengenberechnung" gehabt hätten. Abgesehen davon habe die Beschwerdeführerin mehrmals darauf hingewiesen, dass "auf Grund der Betriebsorganisation zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer eine Manipulation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen" sei.

Dem ist zu entgegnen, dass die Prüferin die Schätzungsbefugnis daraus abgeleitet hat, dass von der Beschwerdeführerin die Einzeltransaktionsdaten (Bestellungen, die während des Tagesbetriebes in die Kassa eingegebenen wurden), die an den Franchisegeber übermittelten "produktbezogenen Summen" und die händischen Aufzeichnungen betreffend Werbung, Mitarbeiteressen und Abfall nicht gespeichert bzw. aufbewahrt wurden. Die unbestrittene Tatsache, dass Uraufzeichnungen nicht aufbewahrt wurden, begründet die Schätzungsbefugnis der Abgabenbehörde (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2011, 2008/13/0204, mwN). Dies gilt umso mehr, als das Vorbringen, wonach die festgestellten "Mengendiskrepanzen zwischen Menüspeisen und -getränken" keinen Einfluss auf die verbuchten Erlöse gehabt hätten und "auf Grund der Betriebsorganisation zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer eine Manipulation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen" sei, erst anhand dieser Aufzeichnungen überprüfbar wäre.

Ist eine Schätzung - wie hier - grundsätzlich zulässig, so steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde im Allgemeinen frei. In Fällen, in denen nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Schätzung nicht zu gewinnen sind, kann die Zuschätzung von Sicherheitszuschlägen in Betracht kommen. Solche Sicherheitszuschläge können sich beispielsweise an den Gesamteinnahmen, an den festgestellten Einnahmenverkürzungen oder an den Umsätzen orientieren. Allerdings ist zu beachten, dass auch die Höhe von Sicherheitszuschlägen zu begründen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2012, 2009/15/0181, mwN).

Die Beschwerdeführerin hat im Berufungsverfahren wiederholt darauf hingewiesen, dass die Prüferin die Höhe des 5%igen Sicherheitszuschlages nicht begründet hat. In der Gegenäußerung zur Stellungnahme der Prüferin brachte die Beschwerdeführerin ergänzend zum allgemein gehaltenen Vorwurf vor, dass ihr ein Sicherheitszuschlag von insgesamt 12,380.562,07 S vorgeschrieben worden sei, obwohl die "fehlenden Erlöse aus den überhöhten Abfällen" für alle "Stores" nur 2,948.390,94 S (brutto) betragen würden. Dabei stützt sich die Beschwerdeführerin auf im Arbeitsbogen der Betriebsprüfung befindliche Berechnungsblätter der Prüferin, die ihr (soweit erkennbar) anlässlich einer am 26. November 2004 abgehaltenen Besprechung ausgehändigt wurden und in der Gegenäußerung irrtümlich als "Beilage 2 zur Niederschrift" bezeichnet werden. In der mit 7. Dezember 2011 datierten E-Mail legte die Beschwerdeführerin zudem - unter Bezugnahme auf eine Auskunft des Franchisegebers - die Funktionsweise des im Streitzeitraum verwendeten Kassensystems dahingehend dar, dass es bei Eingabe eines Menüs nicht erforderlich war, die einzelnen Komponenten des Menüs einzutippen. Die nicht eingetippten Speisen oder Getränke hätten zu hohe Sollbestände an Getränken und Speisen zur Folge gehabt, die über die Konten "Inventurdifferenzen" und "Abfall" ausgebucht worden seien. Die unterlassene Mengeneingabe habe auch bewirkt, "dass die (vom Franchisegeber) vorgegebene Bench Mark beim Wareneinsatz nachweislich unterschritten und beim Abfall hingegen überschritten wurde".

Trotz der angeführten Einwendungen im Berufungsverfahren hat die belangte Behörde die erklärten Nettoerlöse - ohne weitergehende Begründung - um einen Sicherheitszuschlag von 5% erhöht. Den Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Gegenäußerung zur Stellungnahme der Prüferin, wonach ihr ein Sicherheitszuschlag von 12,380.562,07 S vorgeschrieben worden sei, obwohl die "fehlenden Erlöse aus den überhöhten Abfällen" für alle "Stores" nur 2,948.390,94 S (brutto) betragen würden, ist die belangte Behörde mit dem Hinweis darauf begegnet, dass "das Vorliegen eines Zusammenhangs der im Schreiben vom 4. Oktober 2005 thematisierten Zahlen mit dem im Verfahren gemäß § 184 BAO ermitteltem Schätzungsergebnis als nicht erwiesen anzunehmen" sei, was sich im Hinblick auf die im Arbeitsbogen der Betriebsprüfung (Band 8, AS 2907 ff) befindlichen Berechnungsblätter der Prüferin als unzutreffend erweist. Aus den Berechnungsblättern geht hervor, dass mit den als (überhöhter) Abfall ausgebuchten Warenbeständen Erlöse von insgesamt 2,948.390,94 S erzielbar gewesen wären. Dass mit der im Schreiben vom 7. Dezember 2011 dargelegten Funktionsweise des Kassenprogramms für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen sei, trifft ebenfalls nicht zu. Wenn sich die Ausführungen zur Funktionsweise des Kassensystems als zutreffend erweisen sollten, stellen sie - unter der Prämisse, dass die vom Franchisegeber vorgegebene "Bench Mark" beim Wareneinsatz nachweislich unterschritten wurde - eine schlüssige Erklärung für die seitens der Prüferin festgestellten überhöhten Abfälle dar, was sich auf die Höhe des verhängten Sicherheitszuschlages auswirken könnte und daher zu überprüfen wäre.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, hat die Abgabenbehörde auf alle substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen einzugehen und sich damit auseinanderzusetzen, auch wenn die Richtigkeit der Behauptungen erst durch weitere Erhebungen geklärt werden muss (vgl. Ritz, BAO4, § 184 Tz 20, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Dieser Verpflichtung ist die belangte Behörde im Streitfall nicht nachgekommen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 27. Juni 2012

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