VwGH 2012/09/0129

VwGH2012/09/012918.12.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, gegen Punkt 2) des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 29. Juni 2012, Zl. UVS-07/A/11/4617/2012, betreffend Einstellung eines Strafverfahrens in Angelegenheit Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei:

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; mitbeteiligte Partei: PF in W, vertreten durch Hirtzberger Sacha Katzensteiner Rechtsanwälte GmbH in 3500 Krems, Gartenaugasse 3), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §28 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §28 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im angefochtenen Spruchpunkt 2) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 24. Februar 2012 wurde der Mitbeteiligte für schuldig erkannt, er habe als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Pension P OG mit Sitz in W zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeber vom 25. Juli 2012 bis 9. August 2012 im Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart einer Pension in W die näher bezeichnete bulgarische Staatsangehörige VD mit Küchenarbeiten (Geschirr spülen und Kaffee zubereiten) beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.

Der Mitbeteiligte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.900,-- (im Fall der Nichteinbringung eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 20 Stunden) verhängt.

Dagegen erhob der Mitbeteiligte Berufung. Die belangte Behörde behob - neben anderen Strafbescheiden - diesen Bescheid der Behörde erster Instanz und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG ein.

Dies wurde folgendermaßen begründet (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Sachverhaltsfeststellung

D(er Mitbeteiligte) holte Offerte bei den Firmen A, D und anderen ein und bewarb sich auch Frau VD bei ihnen als selbständiges Reinigungsunternehmen. A und D hatten Monatspauschalen für Arbeitskräfte in der Gegend von Euro 2.000,-- angeboten, Frau VD habe sich günstiger angeboten. Auf vertraglicher Basis, zunächst mündlich, war Frau VD als selbständige Reinigungskraft beschäftigt worden, Gewerbeberechtigung, Anmeldung zur Sozialversicherung und Anmeldung zur Einkommenssteuer liegen vor.

Eine mündliche Anweisung für allgemeine Reinigungsarbeiten, etwa ein Appartement nach Nächtigung zu säubern, hält die erkennende Behörde für solche Arbeiten für ausreichend, eine Spezifizierung wäre als überzogen zu werten. Eine solche Anweisung, jetzt dieses oder jenes Zimmer zu machen, stellt auch kein Weisungsrecht o organisatorische Eingliederung dar. Selbst auf Großbaustellen werden täglich Arbeitsablauf und Tätigkeiten besprochen, ohne daß jemand ernsthaft von einer Beschäftigung alleine etwa durch den Generalunternehmer ausginge.

Es liegt auch eine Bescheinigung über eine davor liegende selbständige Tätigkeit in Bulgarien vor. Frau VD teilte sich die Arbeitszeit selbst ein, sie bekam lediglich einen Arbeitsbereich zugewiesen (Reinigung eines Appartments, sonstige Zimmerreinigung einschließlich des Geschirrs für diesen Bereich). Frau VD war an keine Arbeitszeit gebunden. Die Arbeitszeit reichte von 2 bis 3 Stunden pro Tag bis etwa 6 Stunden pro Tag. In der Küche hing eine Anweisung (Blatt 8 des Verwaltungsstrafaktes) über die zu verwendenden Reinigungsmittel, dies ist keine Arbeitsanweisung an die tätigen Personen. Frau VD ist organisatorisch nicht in die Unternehmung de(s Mitbeteiligten) eingegliedert. Sie ist selbständige Einzelunternehmerin und legt von ihrem Wohnsitz aus Rechnung und Offerts, wobei ihr ihre Steuerberaterin Frau DP behilflich ist. Sie hat mittlerweile Geschäftskontakte zu mehreren Unternehmungen aufgebaut (Seite 69 bis 80 des Verwaltungsstrafaktes).

Die vertragliche Regelung mit dem Inhalt allgemeiner Reinigungsarbeiten, wie dies die Gewerbeberechtigung 112974F06/07 des MBA 6/7 v 27.7.2011 enthält, ist ausreichend. Das Werk 'Reinigen' kann für sich betrachtet bei sogenannten untergeordneten Arbeiten nicht näher spezifiziert werden.

Beweiswürdigung

Aufgrund der vorliegenden Beweise kann weder ein tatbestandsmäßiges Handeln nach dem AuslBG noch nach dem ASVG mit ausreichender Gewissheit festgestellt werden. Es ist dem FA zu konzedieren, dass Reinigungsarbeiten grundsätzlich untergeordnete Tätigkeiten darstellen. In einer Vielzahl von Fällen urteilte der VwGH auch iS der Argumentation des FA daß Reinigungskräfte als dienstnehmerähnlich zu qualifizieren seien. Es ist dem FA jedoch entgg zu halten, daß es nur allgemein diese Ausführungen des VwGH wiedergab (StgN vom 25.1.2012) jedoch fallbezogen keine Entkräftigung der von der erkennenden Behörde zu gewichtenden Parameter herbeizuführen unternahm. Ein Nachweis für die vom FA relevierten Faktoren lt StgN 25.1.2012 wurde nicht erbracht. Die wirtschaftliche Abhängigkeit der hier zu verhandelnden Fr VD wurde ebenso wenig nachgewiesen, wie eine Argumentation, weshalb die kraft GewO zulässigen selbständigen Reinigungsarbeiten in jedem Fall typische Hilfsarbeiten wären.

Dem gegenüber verwies jedoch der Vertreter de(s Mitbeteiligten) (BwV) zu Recht darauf, dass die Reinigungsbranche, wie die Firmen A oder D, gerade dieses Betätigungsfeld unternehmerisch betreiben. Diesbezüglich ist den Ausführungen des BwV zu folgen, dass die Beurteilung der Selbstständigkeit nicht ausschließlich von der Größe der betreibenden Unternehmung abhängen kann. Jeder Einzelunternehmer mit einfachen Tätigkeiten verlöre auf dieser Argumentationsbasis seinen unternehmerischen Status.

Es ist zugrunde zu legen, daß A u D zu Pauschalpreisen Reinigungsarbeiten anbieten, dies ist als branchenüblich festzustellen.

Erwiesenermaßen führte Frau VD Reinigungsarbeiten durch, auch mittels Pauschale; überzeugend legte (der Mitbeteiligte) dar, dass dies Geschirr aus den vermieteten Apartments sei; die erkennende Behörde hegt keine Zweifel, dass diese Tätigkeit von der Reinigungspauschale laut vertraglicher Übereinkunft mitumfasst ist. Andernfalls müsste aus der untergeordneten Tätigkeit des Reinigens die noch minder zu qualifizierende Geschirrspülung einer eigenen Bewertung zugeführt werden. Dies ergäbe keine schlüssige Argumentation. Inwiefern für Geschirrspülen eine konzessionäre Berechtigung erforderlich sein soll, blieb das FA darzulegen schuldig.

Es ist festzustellen, dass sich Frau VD offenkundig innerhalb ihrer Gewerbeberechtigung betätigte.

Von organisatorischer Eingliederung kann ebenfalls nicht gesprochen werden, da naturgemäß nach Verlassen der Gäste mit der Reinigung begonnen wird, glaubwürdig versicherte hiezu VD, das könne sie sich selbst einteilen.

Seitens des FA wurde auch nicht bestritten, dass die verwendeten Putzmittel Frau VD abgegolten werden. Der Umstand, dass die sprachunkundige VD beim Erwerb ihrer Gewerbeberechtigung fremde Hilfe in Anspruch nahm, kann nicht zu ihren Lasten ausgelegt werden, vielmehr ist darin ein Bemühen zu ersehen, ihre Beschäftigung zu legalisieren. Offenkundig prüfte die Gewerbebehörde dabei nicht, als Firmenstandort der VD jener de(s Mitbeteiligten) - offenkundig irrtümlich - eingetragen wurde. Eine organisatorische Eingliederung aus dieser bloßen Eintragung abzuleiten, vermag die erkennende Behörde nicht nachzuvollziehen. Glaubwürdig versicherte VD, an ihrer Wohnadresse B-Straße, Rechnung zu legen, wie dies auch im Akt ausgewiesen ist. Auch das Ankreuzen von Wohnung und Essen im Personalblatt vermag keine gegenteilige Beurteilung zu bewirken, zumal kein Beweis vorliegt, dass VD bei de(m Mitbeteiligten) freie Kost und freies Quartier bekommen hätte. Auch der Umstand, dass VD zu Anfangs ausschließlich für d(en Mitbeteiligten) arbeitete, ist nachvollziehbar dargelegt worden, als sie unmittelbar mit Anmeldung des Gewerbes auch bei de(m Mitbeteiligten) ihre Tätigkeit aufnahm, die Ausweitung ihrer Tätigkeit auf andere Kunden ist durch die Rechnungslegung mittlerweile belegt. Der offenkundig allgemein gehaltene Vertrag tut dem keinen Abbruch, ebensowenig wie die nachweislich handelsübliche Pauschalierung. GSVG-Nachweis und steuerrechtliche Anmeldung wurden nicht bestritten.

Rechtliche Beurteilung

Die erkennende Behörde konzediert dem strafantragstellenden Finanzamt, dass bei Vorliegen von einfachen oder gar untergeordneten Tätigkeiten nur in Ausnahmefällen (atypische Sachlage) von selbständiger Tätigkeit ausgegangen werden kann. Im vorliegenden Fall war jedoch zu Folge der ermittelten Parameter und Merkmale von einem Überwiegen von selbständiger Tätigkeit auszugehen. Vorweg war die Feststellung zu treffen, dass Frau VD nicht in das Unternehmen de(s Mitbeteiligten) eingegliedert ist. Sie erhält bestimmte Objekte zum Reinigen zugeteilt und führt dies selbständig durch, wobei sie auf hohe Qualität als selbständige Unternehmerin Wert legt.

Sie trägt auch das unternehmerische Risiko, wenn sie eine gewisse Tätigkeitsdauer unterschreitet, erhält sie Abzüge, von ihrem Firmensitz aus legt sie Rechnung und Offerts.

Entgegen des Vorbringens des Finanzamtes handelte es sich bei der fotografierten Tafel (Seite 8 des Verwaltungsstrafaktes) um keine Arbeitsanweisung, sondern lediglich um Zuordnung von Reinigungsmitteln. Die organisatorische Eingliederung ist somit zu verneinen. Auch die Frage der wirtschaftlichen Abhängigkeit ist zu Gunsten der Selbständigkeit zu beurteilen. Der Umstand, dass bei Begründung der gewerblichen Selbständigkeit zunächst Frau VD ausschließlich für d(en Mitbeteiligten) tätig war, vermag für sich allein betrachtet noch keine dienstnehmerähnliche Eigenschaft zu begründen. Selbst Großunternehmen sind durch vertragliche Vereinbarungen - etwa bei Großbaustellen - auf Jahre an nur einen Auftraggeber gebunden. Dies als Kriterium kann somit nicht zu Ungunsten von Frau VD oder de(m Mitbeteiligten) herangezogen werden. Vielmehr stellte Frau VD als auch die ausgewiesene Vertretung unter Beweis, dass nunmehr eine Vielzahl an Kunden betreut wird (Seite 69 bis 80 des Verwaltungsstrafaktes, unterschiedliche Rechnungslegung). Dem trat das Finanzamt nicht entgegen. Es ist somit von einer Vervielfachung des Arbeitskreises binnen weniger Monate auszugehen. Die anfängliche Tätigkeit bloß für ein Unternehmen spricht somit nicht gegen die wirtschaftliche Unabhängigkeit als auch die wirtschaftliche Selbständigkeit von Frau VD.

Es blieb auch unbestritten, dass sie eigenes Putzmaterial einsetzt, welches sie durch eine Pauschale, in der Regel Euro 50,--

abgegolten erhält. Somit wird auch vo(m Mitbeteiligten) das verwendete Material zur Verfügung gestellt. Auch die gegenständlich angetroffene Küchentätigkeit ist mit dieser Reinigungsarbeit in Einklang zu bringen, als Geschirr aus den Appartments selbstredend zu der Reinigung eines Appartments hinzuzuzählen ist.

Ein dienstnehmerähnliches Arbeiten außerhalb der gewerberechtlichen Befugnis vermag die erkennende Behörde darin nicht zu ersehen. Eben so wenig wie daraus eine dienstnehmerähnliche Tätigkeit abzuleiten, wie das Finanzamt respektive in den Schlussausführungen argumentierte. Auch der Umstand, dass Reinigungstätigkeiten untergeordnete Tätigkeiten sind, wurde bereits in der Beweiswürdigung dahingehend beurteilt, dass ein ganzer Unternehmerzweig in diesem Bereich (untergeordneter Tätigkeit) auf dem Markt tätig ist. Die Selbständigkeit kann somit nicht an den Wert der verrichteten Arbeit gebunden sein. Auch eine Schotterfuhre mit einem LKW seitens eines Unternehmers wird als Ausfluss dessen gewerberechtlicher Tätigkeit wohl verstanden werden müssen. Selbst wenn isoliert betrachtet, diese Arbeit etwa im Rahmen eines Baustellenbetriebes nur als Hilfsdienst zu werten sei.

Der gesamte Tätigkeitsbereich von Frau VD ist auf das Reinigen beschränkt, wie ihre gewerberechtliche Befugnis ausweist. Ebenso verhält es sich jedoch bei anderen Reinigungsfirmen wie A oder D, die - außer Streit gestellt - selbständig unternehmerisch tätig sind. Die Eigenschaft als Einzelunternehmen vermag demnach diesen Umstand keinen Abbruch zu tun.

Frau VD trägt auch ihr eigenes unternehmerisches Risiko und ist zeitlich nicht gebunden. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist somit nicht gegeben.

Das irrtümliche Ankreuzen von Essen und Quartier vermag ebenfalls keine Abhängigkeit zu begründen, als dies offenkundig irrtümlich geschehen ist und auch das Finanzamt keinerlei Nachweis für freie Kost und Logie zu erbringen vermochte und dies nicht einmal behauptet wurde. Mit der offenkundig irrtümlichen Eintragung des Firmenstandortes de(s Mitbeteiligten) im Gewerbeschein setzte sich die erkennende Behörde bereits in der Beweiswürdigung auseinander.

Unstrittig betreibt Frau VD in den Betriebsräumlichkeiten de(s Mitbeteiligten) kein Büro, dass ihr etwa gar kostenlos zur Verfügung gestellt würde. Derartiges ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die grundsätzlich untergeordnete Reinigungstätigkeit wurde auch nicht etwa durch einfache Hilfskräfte durchgeführt, sondern von dem Einzelunternehmer selbst, der eben in diesen (untergeordneten) Berufszweig tätig ist. Deshalb eine selbständige Tätigkeit und unternehmerische Organisation zu verneinen, widerspreche der Erwerbsfreiheit. Das von der strafantragstellenden Behörde angesprochene System der Gewichtung, wie es der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur herausgearbeitet hat, ergibt somit das bei Abwägung der vorliegenden Parameter eine eindeutige Gewichtung zu Gunsten von selbständiger Arbeit vorliegt. Es war somit die persönliche Abhängigkeit, als auch die wirtschaftliche Gebundenheit zu verneinen und der wahre wirtschaftliche Nutzen der Tätigkeit fließt auch ausschließlich Frau VD zu, die als Einzelunternehmer ein Reinigungsunternehmen führt.

Die bloß allgemein gehaltene vertragliche Regelung bzw. zu anfangs mündliche Vereinbarung tut dem keinen Abbruch. Die erkennende Behörde verkennt in diesem Zusammenhang keineswegs die Judikatur zur 'Werkvertragsfähigkeit' sogenannter untergeordneter Tätigkeiten bzw zum grundsätzlichen Erfordernis einer Konkretisierung des Werkes bei vertraglicher Gestaltung.

Hiezu wurde jedoch festgestellt, daß eine mündliche Vereinbarung oder allgemeine schriftliche Fassung für derlei einfache Arbeiten ausreichen muß; eine Spezifizierung in Geschirrspülen o Betten machen wäre überzogen u widerspräche der Selbständigkeit des 'Werkes'; andernfalls müßte man für den österreichischen Raum das Vorliegen des selbständigen Reinigungsgewerbes verneinen u ausschließen. Für offenkundig organisatorisch eingegliederte und wirtschaftliche Arbeitskräfte, bei denen aus der Gesamtschau auf zumindest dienstnehmerähnliches Arbeiten geschlossen werden kann, wird idR auf fehlende Werkvertragsfähigkeit eines vorgeblich selbständigen Arbeitens geschlossen; doch pauschal kann dies nicht auf jedwede Tätigkeit angewendet werden.

Das unternehmerische Risiko wird von Frau VD getragen, dies wurde durch das Finanzamt nicht widerlegt. Auch der Einwand des Finanzamtes Frau VD arbeite unter fremder Leitung und Aufsicht ist durch das vorliegende Beweisergebnis nicht erwiesen. Glaubwürdig legte sie dar, sich selbständig die Arbeit einzuteilen. Für die vom Finanzamt ursprünglich vorgebrachte Tätigkeit des Servierens (Kaffeeservierens) haben sich keine stichhaltigen Argumente ergeben, insbesondere der Zeuge ME konzedierte, es handle sich um eine einfache Filterkaffeemaschine; glaubhaft legte (der Mitbeteiligte) dar, für die Gäste stünde eine Espressomaschine zur Verfügung. Für die Arbeitskräfte eine Filterkaffeemaschine, bei der sich auch der Postler allenfalls bedienen dürfe.

Insgesamt kann somit festgestellt werden, dass die zu gewichtenden und beurteilenden Parameter eindeutig und mehrheitlich für eine selbständige Tätigkeit heranzuziehen waren.

Vor diesem Hintergrund scheidet jedoch die Tatbestandsmäßigkeit aus und waren die Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und der Mitbeteiligte erstatteten Gegenschriften, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Umfang der Beschwerde ist festzuhalten, dass als "angefochtener Bescheid" ausdrücklich die "Berufungsentscheidung vom 29. Juni 2012, GZ: UVS-07/A/11/4617/2012" (sohin die im angefochtenen Bescheid unter 2) genannte Aktenzahl) angeführt ist, nicht jedoch die drei weiteren im angefochtenen Bescheid zu den Punkten 1), 3) und 4) genannten Aktenzahlen. Im Sachverhaltsteil wird ausschließlich auf den Bescheid der Behörde erster Instanz vom 24. Februar 2012, erlassen gegen den Mitbeteiligten, Bezug genommen, welcher Gegenstand des Spruchpunktes 2) des angefochtenen Bescheides ist.

Damit richtet sich die Beschwerde nur gegen Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides.

Zur Vollständigkeit der von der belangten Behörde vorgelegten Akten ist anzumerken, dass im angefochtenen Bescheid des Öfteren Beweismittel mit Hinweis auf Seitenzahlen im Verwaltungsstrafakt genannt sind (z.B. 1) "Anweisung (Blatt 8 des Verwaltungsstrafaktes) über die zu verwendenden Reinigungsmittel";

  1. 2) "fotografierte Tafel (Seite 8 des Verwaltungsstrafaktes)";
  2. 3) "Geschäftskontakte zu mehreren Unternehmungen aufgebaut (Seite 69 bis 80 des Verwaltungsstrafaktes)"), die in den vorgelegten Akten an den genannten Stellen nicht aufzufinden sind. Mit 1) und 2) scheint die kaum lesbare Ablichtung einer Liste auf

    S 6 des Verwaltungsaktes der Behörde erster Instanz gemeint zu sein, in welchen Räumen und Reinigungsbereichen welche Reinigungsmittel zu verwenden seien. Zu 3) finden sich in den Akten lediglich pauschale Behauptungen in Schriftsätzen des Mitbeteiligten und der Vernehmung von VD, jedoch keine konkreten Nachweise. Im Übrigen endet die Seitenzahl im vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Behörde erster Instanz mit Blatt 66, die folgenden Blätter 67 bis 84 beinhalten die Kopie des angefochtenen Bescheides (diese Seiten können daher bei der Bescheiderstellung noch nicht vorhanden gewesen sein) und dessen Zustellvorgang. Die belangte Behörde hat daher die Verwaltungsakten offenbar unvollständig vorgelegt.

Die Beschwerdeführerin rügt zu Recht Begründungsmängel sowie unvollständige und unschlüssige Beweiswürdigung.

Es ist der Beschwerdeführerin bereits dahin zu folgen, dass sich sowohl in der "Sachverhaltsfeststellung" als auch in der "Beweiswürdigung" in bunter Durchmischung bereits rechtliche Beurteilungen finden, vereinzelte Sachverhaltselemente dagegen in der "Rechtlichen Beurteilung" verstreut sind. Eine nachprüfende Kontrolle des angefochtenen Bescheides ist schon deshalb nahezu unmöglich.

Die Beschwerdeführerin ist im Recht, dass die belangte Behörde Ermittlungsergebnisse in verkürzter Weise wiedergegeben hat, wobei sie für die Sachverhaltsfeststellung wesentliche Passagen unberücksichtigt gelassen hat (z.B. fehlen in der Zusammenfassung der mit dem Mitbeteiligten aufgenommenen Niederschrift vom 9. August 2011, die nach dem Protokoll über die durchgeführte mündliche Verhandlung in dieser u.a. verlesen wurde, die Passagen über die mündliche Beauftragung von drei Personen mit Gewerbescheinen für Hausbetreuung mit Reinigungsarbeiten, das Fehlen eines schriftlichen Vertrages, die "Aufteilung der Arbeiten", die "Kontrolle", dass der Mitbeteiligte "bestimmt", "wann und wie oft er die Reinigungsfirma benötige", und der Grund der Umstellung der Reinigung in der Pension auf "Selbständige"; weiters die Angaben der VD zum Standort ihrer Gewerbeberechtigung an der Adresse der Pension).

Eine Beweiswürdigung ist in Wahrheit nicht erfolgt, die belangte Behörde unterlässt eine Begründung dafür, weshalb sie den gegen den ersten Anschein gemäß § 28 Abs. 7 AuslBG entgegentretenden, unbelegten Behauptungen der mitbeteiligten Partei gefolgt ist. Es unterbleibt auch eine Auseinandersetzung mit den im Verfahren wechselnden Angaben der VD.

Zu diesen Begründungsmängeln tritt noch hinzu, dass die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage im Akt enthaltenen Hinweisen hinsichtlich wesentlicher Abgrenzungsmerkmale nicht nachgegangen sowie in den Verwaltungsakten einliegende Beweisergebnisse nicht berücksichtigt hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass die Arbeitnehmerähnlichkeit (§ 2 Abs. 2 lit. b AuslBG) dann anzunehmen sein wird, wenn zwar die für ein "echtes" Arbeitsverhältnis charakteristische persönliche Abhängigkeit fehlt, die Rechtsbeziehung zum Auftraggeber einem solchen aber wegen der wirtschaftlichen Unselbständigkeit ähnlich ist, weil die Kriterien fremdbestimmter Arbeit in einem gewissen Umfang gegeben sind. Es kommt nicht darauf an, wie die Beziehung zum Auftraggeber zivilrechtlich zu qualifizieren ist (Werkvertrag oder freier Dienstvertrag).

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die im Vorhinein genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, mwN). Da - wie teilweise sogar nach den spärlichen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid erkennbar - im gegenständlichen Fall lediglich allgemeine Reinigungsarbeiten ohne nähere inhaltliche Umschreibung, die nach der niederschriftlichen Aussage des Mitbeteiligten vom 9. August 2011 im Einzelfall unmittelbar drei verschiedenen Personen zugewiesen worden seien, zu verrichten waren (insbesondere im Hinblick auf die mehreren tätigen Reinigungskräfte wäre eine inhaltliche Bestimmung der zu verrichtenden Arbeiten im Gegensatz zu der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht ohne weiteres etwa nach der Bezeichnung von Stockwerken oder Zimmernummern möglich und notwendig gewesen), kann schon deshalb kein Werkvertrag vorliegen.

Als typisch für eine arbeitnehmerähnliche Stellung werden etwa die Tätigkeit im Betrieb des Auftraggebers, Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit, persönliche Leistungspflicht, Beschränkung der Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit, Berichterstattungspflicht, Arbeit mit Arbeitsmitteln des Auftraggebers, Arbeit nur für einen oder nur eine geringe Zahl von Auftraggebern, Unternehmensbindung, Entgeltlichkeit oder direkter Nutzen der Arbeitsleistung für den Auftraggeber, Arbeit gegen gesonderte Abgeltung von Aufwendungen (wie z.B. durch Kilometergelder, Ersatz von Telefonkosten, hier: Ersatz der Kosten für Reinigungsmittel), genannt.

Für eine unternehmerische Tätigkeit spricht hingegen, dass der Arbeitende das entsprechende wirtschaftliche Risiko tragen will, indem er z.B. losgelöst vom konkreten Auftrag spezifische Betriebsmittel anschafft, werbend am Markt auftritt, auch sonst über eine gewisse unternehmerische Infrastruktur verfügt und seine Spesen in die dem Auftraggeber verrechneten Honorare selbst einkalkuliert (wie dies bei einer Pauschalabgeltung in der Regel der Fall ist, vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2010, Zlen. 2009/09/0287, 0288).

Gegenständlich liegt nach den bisherigen Sachverhaltsfeststellungen eine regelmäßige auf längere Dauer ausgerichtete Tätigkeit im Betrieb der mitbeteiligten Partei vor.

Die Beschwerdeführerin rügt zu Recht, dass nach dem Akteninhalt anscheinend eine persönliche Leistungspflicht vorlag, dass VD in ihrer Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Leistungserbringung an die jeweils unmittelbaren Vorgaben der mitbeteiligten Partei gebunden zu sein schien, dass ihr (obwohl es sich bei den gegenständlichen Reinigungsarbeiten um solche einfachster Natur handelt) sogar zur Verwendung der Putzmittel Anweisungen erteilt wären (siehe die Vorgabe der "Produkte" für die "Reinigungsbereiche" durch den Mitbeteiligten), dass VD zum Tatzeitraum ausschließlich für die Pension P im "Vollzeit"-Umfang gearbeitet hätte, und dass verwendetes Putzmaterial VD über das vereinbarte Pauschale hinausgehend ersetzt wurde.

Hingegen ist im Akt kein Hinweis auf die Anschaffung spezifischer, vom Auftrag losgelöster Betriebsmittel durch VD enthalten, es wurde keine unternehmerische Infrastruktur behauptet, ein wirtschaftliches Risiko ist nur in geringstem Umfang zu erkennen (in Form einer Minderung der "Pauschale" bei einer Tätigkeit von weniger als 26 Tagen im Monat).

Zu diesen Abgrenzungsmerkmalen hat die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage teils keine Feststellungen getroffen, teils sich nur bruchstückhaft damit auseinandergesetzt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 18. Dezember 2012

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