VwGH 2012/09/0038

VwGH2012/09/003818.12.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des X, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. Oktober 2011, Zl. UVS-07/A/33/8031/2010-43, betreffend Übertretungen des AuslBG (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §879;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs7;
AuslBG §3 Abs1;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
ABGB §879;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs7;
AuslBG §3 Abs1;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid erkannte die belangte Behörde - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - den Beschwerdeführer schuldig, er habe es als Arbeitgeber zu verantworten, zumindest am 9. Juni 2009 in einer Wohnung im ersten Obergeschoß an der im Bescheid genannten Adresse in W die drei näher bezeichneten vietnamesischen Staatsangehörigen H, N und T mit Renovierungsaufgaben beschäftigt zu haben, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Er habe dadurch § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) verletzt und werde mit drei Geldstrafen zu je EUR 1.900,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag und 20 Stunden) bestraft.

In ihrer Bescheidbegründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der in der Berufungsverhandlung einvernommenen Personen im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer - wie er selbst in seinem Rechtsmittel angegeben habe - zum Tatzeitunkt Mieter der genannten Wohnung in W gewesen sei. Auf Grund der glaubwürdigen und schlüssigen Angaben und vom Beschwerdeführer unbestritten stehe fest, dass bei der am 9. Juni 2009 gegen 10.45 Uhr stattgefundenen Kontrolle die drei vietnamesischen Staatsangehörigen H, N und T arbeitend in der Wohnung angetroffen worden seien. H sei dabei betreten worden, als er im Erdgeschoß an einer Kreissäge gearbeitet und Holzschneidearbeiten durchgeführt habe; N sei mit Arbeiten an einem Holzbrett beschäftigt gewesen; T sei von den Kontrollorganen beim Reinigen von Lustern beobachtet worden.

Arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen bzw. Bestätigungen, die sie zur Arbeitsaufnahme im österreichischen Bundesgebiet berechtigt hätten, haben nicht vorgelegen. Der Beschwerdeführer habe in seinem Rechtsmittel selbst bestätigt, dass er mit Hilfe der Ausländer Renovierungsarbeiten durchgeführt habe. Auch sein Vertreter habe in der Berufungsverhandlung vom 20. September 2011 ausdrücklich vorgebracht, dass nicht bestritten werde, dass die drei Ausländer für den Beschwerdeführer gearbeitet haben. Lediglich der Umstand, dass entgeltliche Beschäftigungen vorgelegen hätten, sei bestritten worden. Von den Kontrollorganen sei aber in der Wohnung des Beschwerdeführers, wo sich die Reisepässe der Ausländer befunden haben, ein Matratzenlager vorgefunden worden. Der Beschwerdeführer habe den Ausländern, die über keine aufrechten Meldungen im Bundesgebiet verfügt haben, daher tatsächlich eine Unterkunft zur Verfügung gestellt und habe ihnen somit jedenfalls (Natural)Entgelt gewährt. Im Übrigen erscheine es auch nicht lebensnah, dass drei Ausländer, die im Bundesgebiet über keinen Wohnsitz und kein (legales) Einkommen verfügen, auf einer Baustelle unentgeltlich arbeiten würden. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Ausländer hätten ihm lediglich im Rahmen eines Freundschaftsdienstes und unentgeltlich geholfen, erweise sich daher als unrichtig. Im Verfahren sei auch nicht dargetan worden, woher der Beschwerdeführer die drei Ausländer bzw. wie lange er sie gekannt habe und wie sich der konkrete Kontakt zwischen ihm und den Ausländern gestaltet habe.

Davon ausgehend bejahte die belangte Behörde das Vorliegen einer zumindest arbeitnehmerähnlichen und entgeltlichen Beschäftigung der drei Ausländer durch den Beschwerdeführer und erachtete das Tatbild der inkriminierten Verwaltungsübertretungen sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht als erfüllt. Abschließend legte sie ihre Strafbemessungsgründe dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher und/oder wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Bei Beurteilung, ob in einem konkreten Fall ein dem Reglement des AuslBG unterliegender Gefälligkeitsdienst des (der) Ausländer(s) anzunehmen ist, hat die Behörde eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0153, uva). Dabei fallen Gefälligkeitsdienste dann nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG, wenn sie nicht nur kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich, sondern auch auf Grund spezifischer Bindungen zwischen den Leistenden und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Insgesamt ist auch im Zusammenhang mit der Behauptung bloßer Gefälligkeitsdienste gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG vom wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht von der äußeren Erscheinungsform auszugehen. Bei der Beurteilung der Frage, ob im jeweils konkreten Fall ein derartiger Gefälligkeitsdienst anzunehmen ist, trifft die Partei - unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes - eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, erforderlichen Umständen um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne Weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist daher in diesen Fällen hauptsächlich Sache der Partei, entsprechend konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2006, Zl. 2005/09/0089).

2. Im vorliegenden Fall bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass die betreffenden Ausländer in seiner Wohnung tätig waren, wendet sich aber gegen die Annahme der Entgeltlichkeit dieser Tätigkeit und wiederholt seinen Standpunkt, es habe sich um

Gefälligkeitsdienste gehalten. Dazu moniert er, dass der

durch Unterlassung seiner neuerlichen Ladung trotz Vorlage einer Krankenbestätigung hinsichtlich seiner Verhinderung zur Teilnahme an (der zweiten) Berufungsverhandlung nicht habe vorbringen können, dass "die Väter, der in der gegenständlichen Wohnung arbeitenden Ausländer dem Beschwerdeführer einen 'Gefallen' schuldig waren". Dasselbe gelte in Bezug auf sein Vorbringen, dass er in der besagten Wohnung mit seiner Ehegattin "wohnhaft ist". Außerdem wird das Unterbleiben der Einvernahme der drei Ausländer trotz der in der Berufungsverhandlung bekanntgegebenen Adressen (in Vietnam) gerügt bzw. dass die belangte Behörde nicht amtswegig auf Grund der zeugenschaftlichen Angaben des Sohnes des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung am 20. September 2011 weitere Ermittlungen dazu durchgeführt hat, welche Arbeiter der von ihm genannten Firmen ebenfalls vor Ort tätig waren, und diese nicht einvernommen hat.

Soweit der Beschwerdeführer damit erkennbar die Beweiswürdigung bekämpft, ist ihm entgegenzuhalten, dass er mit diesem Sachverhaltsvorbringen nur Behauptungen den Feststellungen der belangten Behörde gegenüberstellt, ohne dass dargelegt würde, aus welchen Gründen die Beweiswürdigung und die daraus resultierende Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde unschlüssig, d. h. unzureichend, widersprüchlich oder unvollständig wäre. Einer solchen Darlegung bedürfte es aber, da die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht schon mit der Behauptung mit Erfolg angegriffen werden kann, dass auch ein anderes (gegenteiliges) Ergebnis schlüssig begründbar gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. April 2008, Zl. 2007/09/0300). Insbesondere hat der Vertreter des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich gesagt, es könnten keine konkreten Angaben zur Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und den drei Vietnamesen gemacht werden. Warum der Beschwerdeführer nunmehr dazu hätte Angaben machen können, wird nicht dargetan.

Indem es der Beschwerdeführer völlig unterlässt darzulegen, warum aus den allfälligen Angaben von noch zu ermittelnden (anderer vor Ort tätiger) Professionisten bzw. auf Grund welcher Angaben der von ihm namhaft gemachten Zeugen oder von ihm die belangte Behörde zu einem anderen für ihn günstigeren Verfahrensergebnis gekommen wäre, (diese Professionisten waren nach den Angaben des Beschwerdeführers gar nicht für diesen in der Wohnung, sondern für den Sohn des Beschwerdeführers im Geschäftslokal tätig) kann er auch die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel in Bezug auf die unterlassenen Einvernahmen nicht dartun.

Bei der gegenständlichen Tätigkeit handelt es sich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten. Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei den gegenständlichen Hilfsarbeiten der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt (§ 28 Abs. 7 AuslBG), von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Die Behörde ist in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob der Hilfsarbeiter in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies unter den gegebenen Umständen ohne weiteres vorausgesetzt werden konnte (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0129, mwN).

Insgesamt erweist sich der angefochtene Bescheid daher als frei von Rechtsirrtum, wenn die belangte Behörde in Bezug auf die drei Vietnamesen die Annahme von bloßen Gefälligkeitsdiensten gegenüber dem Beschwerdeführer verneint und das Vorliegen von unberechtigten Beschäftigungen als gegeben sieht.

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. August 1998, Zl. 96/09/0120).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. Dezember 2012

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