VwGH 2012/08/0121

VwGH2012/08/012111.7.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der B GmbH & Co KG in S, vertreten durch Lirk Spielbüchler Hirtzberger, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Franz Huemerstraße 16, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 25. April 2012, Zl. 20305-V/13.763/14-2012, betreffend Beitragszuschlag nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei:

Salzburger Gebietskrankenkasse, 5021 Salzburg, Engelbert-Weiß-Weg 10), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
GewO 1994 §2 Abs1 Z8;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
GewO 1994 §2 Abs1 Z8;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei, die in S ein Unternehmen für Stukkateur-, Trockenbau-, Brandschutz- und Verputzarbeiten betreibt, ein Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 1.800,-- vorgeschrieben. Am 18. Mai 2011 sei um 8.30 Uhr auf einer Baustelle der beschwerdeführenden Partei in H. eine Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei durchgeführt worden. Hiebei seien MO. und HH. bei der entgeltlichen Verrichtung von Spachtelarbeiten für die beschwerdeführende Partei angetroffen worden, ohne zur Sozialversicherung gemeldet gewesen zu sein. Die Genannten seien von Montag bis Donnerstag täglich 8,5 Stunden und freitags bis Mittag auf der Baustelle tätig gewesen. Sie seien auf der Baustelle in den Betrieb der beschwerdeführenden Partei eingegliedert gewesen und deren Weisungs- und Kontrollbefugnis unterlegen. Die Arbeiten seien entsprechend den Vorgaben der beschwerdeführenden Partei ausnahmslos persönlich zu verrichten gewesen. Eine Legitimation zur Vertretung habe nicht bestanden. Die finanzielle Abgeltung der Tätigkeiten sei nach den Vorgaben der beschwerdeführenden Partei erfolgt, wobei mit der Tätigkeit kein unternehmerisches Risiko (Haftung für Gewährleistungsansprüche, Pönalzahlungen etc.) verbunden gewesen sei. Ein Urlaub sei der beschwerdeführenden Partei zwei bis drei Monate vorab zu melden gewesen. Im Krankheitsfall habe die beschwerdeführende Partei Ersatzarbeitskräfte finden müssen. Der Sachverhalt ergebe sich aus den Aussagen der genannten Arbeitnehmer sowie aus den Wahrnehmungen der Kontrollorgane der Finanzpolizei. Von der beschwerdeführenden Partei seien im Rechtsmittelverfahren - außer den vorgelegten Auftragsschreiben bzw. Werkverträgen - keine Beweisanbote gemacht worden.

Im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG überwögen bei der Beschäftigung die Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen der selbständigen Ausübung der Erwerbstätigkeit. Das Vorliegen von Gewerbeberechtigungen würde für sich die Annahme einer unselbständigen Tätigkeit nicht ausschließen. Zur Entgeltlichkeit der Tätigkeiten sei auszuführen, dass nicht bloß ein tatsächlicher Entgeltfluss das Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 2 ASVG erfülle, sondern ein Entgeltanspruch iSd § 49 Abs. 1 ASVG ausreichend sei (Anspruchslohnprinzip). Ein tatsächlicher Entgeltfluss - möge dieser auch im Ergebnis auf Scheinrechnungen beruht haben - sei als unstrittig zu Grunde zu legen.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG hätten Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Personen (vollversicherte und teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die Tatbestandsvoraussetzungen zur Vorschreibung eines Beitragszuschlages iSd § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG lägen vor. Allfällige Gründe für eine Herabsetzung oder gar einen Entfall des Beitragszuschlages lägen nicht vor und seien auch nicht geltend gemacht worden. Die erstinstanzliche Festsetzung des Beitragszuschlages sei sowohl rechnerisch als auch rechtlich korrekt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, sie habe mit ihrem Einspruch diverse Aufträge bzw. Auftragsschreiben, Auszüge aus dem Gewerberegister sowie Schlussrechnungen der genannten Dienstnehmer vorgelegt und dazu ausgeführt, dass es sich bei diesen um "selbständige Gewerbetreibende handelt, welche regelmäßig als Subunternehmer für die Beschwerdeführerin tätig werden". Hinsichtlich des HH. sei der beschwerdeführenden Partei gar nicht bekannt gewesen, dass er beim Bauvorhaben tätig gewesen sei, weil "mit diesem kein entsprechender Werkvertrag für das Bauvorhaben H. abgeschlossen wurde". Die beiden Personen würden über aufrechte Gewerbeberechtigungen verfügen. HH. sei Inhaber eines Gewerbescheins für das Verspachteln von Decken und Wänden aller Art vom 5. Mai 2011 des Magistrates S. Darüber hinaus verfüge er über einen Gewerbeschein für die Montage von mobilen Trennwänden durch Verschrauben fertig bezogener Profilteile. MO. verfüge über einen Gewerbeschein der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 21. März 2007 für das Verspachteln von Decken und Wänden. Aus den vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich, dass "sämtliche Sozialabgaben" an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft abgeführt worden seien. Es sei daher von einer selbständigen Tätigkeit der angetroffenen Personen auszugehen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die vorgelegten Auftragsschreiben keinen Werkvertrag darstellten.

Dem Vorbringen betreffend das Vorliegen von Gewerbeberechtigungen ist entgegenzuhalten, dass die Innehabung von Gewerbescheinen für Tätigkeiten, die - wie die hier zur Rede stehenden Spachtelarbeiten - keine besondere Qualifikation erfordern und üblicherweise auch von abhängigen Beschäftigten erbracht werden, durch Personen, die ohne eigene wesentliche Betriebsmittel am Wirtschaftsleben teilnehmen und im Grunde nur über ihre eigene Arbeitskraft disponieren, einen verbreiteten Missbrauch der Gewerbeordnung darstellt, der einerseits der Verschleierung abhängiger Beschäftigungsverhältnisse dient und andererseits oft Tätigkeiten betrifft, bei denen nicht auszuschließen ist, dass es sich um "gegen Stunden- oder Taglohn oder gegen Werkentgelt zu leistende Verrichtungen einfachster Art" handelt, die gemäß § 2 Abs. 1 Z 8 GewO 1994 von der Gewerbeordnung ausgenommen sind (vgl. zum Fall eines Gewerbescheines für das "Verspachteln von Gipskartonplatten" das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2011, Zl. 2010/08/0129, mwN, sowie das hg. Erkenntnis vom 28. März 2012, Zl. 2012/08/0032).

Der Umstand, dass die genannten Mitarbeiter auf Grund der aus der Innehabung von Gewerbescheinen entstehenden Mitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG Beiträge an einen anderen Sozialversicherungsträger als an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse geleistet haben, schließt eine Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG nicht aus.

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die - wie hier - in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des (einzigen) Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2012/08/0032). Atypische Umstände, die einer Beurteilung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis entgegenstünden, sind hier nicht ersichtlich.

Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, ihr sei nicht bekannt gewesen, dass HH. beim gegenständlichen Bauvorhaben tätig gewesen sei, ist schließlich zu erwidern, dass gemäß § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG als Dienstgeber iSd Bundesgesetzes derjenige gilt, für dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr-)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelpersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Die beschwerdeführende Partei bestreitet nicht, dass der Betrieb, in dem die genannten Dienstnehmer tätig waren, auf ihre Rechnung und Gefahr geführt wurde. Ihr kommt daher die Dienstgebereigenschaft iSd § 35 ASVG in Bezug auf die auf dieser Baustelle beschäftigten Hilfsarbeiter zu, zumal sie nicht bestreitet, dass HH. tatsächlich für sie tätig geworden ist und er dafür Entgelt erhalten hat.

Im Übrigen bestreitet die Beschwerde auch nicht, dass die Anmeldung der genannten Personen zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde und die übrigen Voraussetzungen für die Verhängung des Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG vorliegen.

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 11. Juli 2012

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