Normen
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
LStG Slbg 1972 §40 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
LStG Slbg 1972 §40 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und den mitbeteiligten Parteien zusammen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdefall betrifft Teile von zwei (privaten) Grundstücken, Nr. 263/3 und Nr. .69/1, im Zentrum der beschwerdeführenden Gemeinde. Auf den beiden Grundstücken befindet sich jeweils ein Haus, das nach der Aktenlage auch Geschäftszwecken dient (es geht insbesondere um eine Apotheke); die vorgelagerten Grundstücksteile werden als Parkplätze verwendet. Zur Zeit der Einleitung des hier zugrunde liegenden Verwaltungsverfahrens im Jahr 2004 stand das Grundstück Nr. 263/3 (mit dem Haus Nr. 15) je zur Hälfte im Eigentum der beiden mitbeteiligten Parteien; das Grundstück Nr. .69/1 (mit dem Haus M-Platz 14) gehörte dem Ing. H.
Nach Durchführung eines von Amts wegen eingeleiteten straßenrechtlichen Verfahrens sprach der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde (als Straßenrechtsbehörde erster Instanz) mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 15. Jänner 2007 aus:
a) gemäß § 40 Abs. 1 und 2 des Landesstraßengesetzes 1972 werde von Amts wegen entschieden, dass durch das Aufstellen von Hinweistafeln auf Teilflächen der beiden Grundstücke mit der Aufschrift "Privatgrund. Parken nur für Kunden während der Dauer des Einkaufes. Widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt. Benützung auf eigene Gefahr. Hier gilt die Straßenverkehrsordnung" der öffentliche Verkehr durch Ing. H. sowie durch die beiden mitbeteiligten Parteien unzulässig ausgeschlossen werde,
b) die angebrachten Hinweisschilder seien gemäß § 3 Abs. 4 leg. cit. binnen einer Woche nach Zustellung des Bescheides zu entfernen, ansonsten die Straßenrechtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen durch Anwendung unmittelbaren Zwanges durchführe.
Zusammengefasst ging die Behörde erster Instanz davon aus, dass die strittigen Flächen im Sinne des § 40 LStG in einer mehr als 20jährigen Übung auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses (der Allgemeinheit) benützt würden. Im Hinblick hierauf dürfe der öffentliche Verkehr nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden, was aber durch das Aufstellen der Tafeln im September 2004 geschehen sei.
Die mitbeteiligten Parteien und Ing. H. erhoben Berufung, die mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 20. Februar 2007 als unbegründet abgewiesen wurde. Die Verkehrsteilnehmer benützten diese Flächen seit mehr als 20 Jahren allgemein und ungehindert. Durch das Aufstellen der Tafeln hätten aber die Berufungswerber den öffentlichen Verkehr auf diesen Flächen unrechtmäßig auf einen bestimmten Personenkreis eingeschränkt, nämlich konkret auf Fahrzeuglenker, die auch Kunden seien. Dies sei nicht zulässig.
Die mitbeteiligten Parteien und Ing. H. erhoben Vorstellung.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. November 2007 (erster Vorstellungsbescheid) wurde der Vorstellung Folge gegeben, der Berufungsbescheid vom 7. Mai 2007 aufgehoben und die Angelegenheit an die Berufungsbehörde zurückverwiesen.
Zusammenfassend führte die belangte Behörde aus, im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei ein verkehrstechnisches Gutachten des DI P. eingeholt worden. Der Gutachter habe dargelegt, dass im Untersuchungsgebiet (es sei ein Umkreis mit einem Radius von ca. 100 m in die Untersuchung einbezogen worden) auf Grund eines aktuellen und akuten Stellraumdefizites im Zentrum der Gemeinde für den ruhenden und fußläufigen Verkehr ein dringendes Verkehrsbedürfnis im Sinne des § 40 Abs. 1 LStG bezogen auf den Ist-Zeitpunkt gegeben sei. Zutreffend hätten die Vorstellungswerber bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens eingewendet, dass das dringende Verkehrsbedürfnis nicht erst im Entscheidungszeitpunkt gegeben sein müsse, sondern "untrennbar mit der 20jährigen ungehinderten Nutzung" zu beurteilen sei. Eine solche Prüfung sei aber nicht erfolgt, womit die Gemeindebehörden ihre Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet hätten.
Im fortgesetzten Ermittlungsverfahren wurde durch die Berufungsbehörde ein ergänzendes Gutachten des DI P. (vom 11. Jänner 2010) eingeholt. Dieser gelangte zusammenfassend zum Ergebnis, der aktuelle Bedarf an Stellplätzen im Beobachtungsbereich im Zentrum der Gemeinde sei mit ca. 110 anzunehmen, aktuell seien 64 Stellplätze vorhanden. Im Zeitraum seit etwa 1985 sei von einem Bedarf von rund 100 Stellplätzen auszugehen, weiters davon, dass seit 1985 jedenfalls nicht mehr Parkplätze als 64 bestanden hätten. Dazu habe es im Untersuchungsgebiet überdies noch 18 öffentliche Stellplätze (Kurzparkzonen) gegeben.
Die erstmitbeteiligte Partei äußerte sich ablehnend.
Mit Berufungsbescheid der Gemeindevertretung vom 1. Juli 2010 wurde der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wiederholt (Spruchpunkte a) und b)). Zur Begründung heißt es, das Ermittlungsverfahren habe eine mindestens 20jährige, ungehinderte Nutzung der strittigen Flächen ergeben. Das dringende Verkehrsbedürfnis in Bezug auf die Parkplätze sei auf Grundlage des ergänzenden Gutachtens des DI P. vom 11. Jänner 2010 (in Verbindung mit seinem früheren Gutachten vom 27. Oktober 2006) "während eines Beobachtungszeitraumes von 1985 bis zum heutigen Tag" zu bejahen.
Dagegen erhoben die mitbeteiligten Parteien Vorstellung.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung der mitbeteiligten Parteien Folge gegeben, den angefochtenen Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurückverwiesen.
Zur Begründung heißt es nach Darstellung des Verfahrensganges, die mitbeteiligten Parteien könnten als Eigentümer bzw. als Straßenerhalter der verfahrensgegenständlichen Grundstücke den Berufungsbescheid im vollen Umfang bekämpfen. Sie wendeten zunächst ein, die beiden Grundstücke seien keine Straße im Sinne des LStG. Dem sei zu entgegnen, dass das Parken auf der Fahrbahn der öffentlichen Straße oder von Straßenteilen, soweit nach der Straßenverkehrsordnung zulässig, im gegebenen Zusammenhang als nachgeordnete Funktion einer Straße anzusehen sei. Dem öffentlichen Verkehr dienten solche Verkehrsflächen auch dann, wenn sie für den ruhenden Verkehr bestimmt seien. Somit unterfielen die für das Parken genutzten Straßenflächen an öffentlichen Straßen, soweit keine Bundesstraße vorliege, dem Landesstraßengesetz.
Der Befund zu den gegenständlichen Parkflächen entspreche dem: beide Grundstücksflächen seien auf Grund der Lagepläne und Fotodokumentation offensichtlich im östlichen Teil bis zum begrünten Begrenzungsstreifen einer näher bezeichneten Wasserfläche (Bach) als Straße ausgebildet und würden als solche vom Verkehr benutzt. Die Fahrbahn werde durch einen Gehsteig zu den Häusern Nr. 14 und 15 begrenzt. Die Parkflächen seien somit ihrer Ausgestaltung nach keine von der Straße verschiedenen privaten Grundflächen, die dem Parken dienten, sondern offensichtlich Teil der Straße und damit einem Verfahren nach § 40 Abs. 2 LStG "zugänglich".
Gegenstand des Verfahrens gemäß § 40 LStG sei die Frage der Zulässigkeit und des Umfanges des öffentlichen Verkehrs auf einer Privatstraße, im Beschwerdefall die Frage der Zulässigkeit des Ausschlusses der Öffentlichkeit von den Parkplätzen vor den Häusern Nr. 14 und Nr. 15 durch entsprechende Hinweisschilder. Zunächst sehe es die belangte Behörde mit der Berufungsbehörde als erwiesen an, dass es eine allgemeine ungehinderte Nutzung dieser Parkflächen über 20 Jahre hin gegeben habe, beruhend auf einer allgemeinen Nutzung durch Personen, die in diesem Bereich ihre Einkäufe erledigten. Dies werde im Wesentlichen auch von den Mitbeteiligten nicht anders gesehen und entsprechend den Aussagen verschiedener Zeugen (Anmerkung: die im Ermittlungsverfahren befragt wurden), dem Gutachten des Sachverständigen DI P. und auch der Tatsache bestätigt, dass in diesem Zeitraum offensichtlich die Einrichtung verschiedener Kurparkzonen auch diesen Bereich umfasst habe, wobei die Frage der Kontrollen nicht aktenkundig sei. "Ein nur für gewisse Zeit vor 15 Jahren aufgestelltes Schild", das Parken nur für Kunden erlaubt habe, habe sich offenbar auf ein anderes Areal bezogen. Von den mitbeteiligten Parteien selbst sei ohne genauere Angaben vorgebracht worden, dass auf Grund der Verkehrszunahme in den letzten Jahren erst in der letzten Zeit zunehmend Längerparkende von den strittigen Parkplätzen weggewiesen worden seien.
In diesem Zusammenhang sei auch dem Vorbringen der Mitbeteiligten entgegenzutreten, dass das nunmehr aufgestellte und verfahrensgegenständliche Hinweisschild der Öffentlichkeit im Sinne des § 40 Abs. 2 LStG nicht entgegenstehe, somit auch seine Entfernung nicht verfügt werden dürfe. Dieses Schild stelle vielmehr keine taugliche Absperrungshandlung im Sinne dieser Bestimmung dar, bewirke aber nach § 3 Abs. 4 LStG eine unzulässige Behinderung der Öffentlichkeit.
Auch das Argument, die Parkplätze seien privat, weil sie in einem Mietvertrag den Mietern der Häuser zugewiesen worden seien, sei nicht zielführend, weil es darauf nach § 40 LStG nicht ankomme, ebensowenig darauf, dass die Kunden der Apotheke ältere und kranke Personen seien.
Entscheidend im Beschwerdefall sei jedoch die Frage des Vorliegens eines dringenden Verkehrsbedürfnisses. Dies sei zu bejahen, wenn ohne Benützung der Straße wichtige Verkehrsbelange der Allgemeinheit nicht befriedigt oder wesentlich beeinträchtigt würden. Der Weg müsse im Falle eines dringenden Verkehrsbedürfnisses zumindest für einen verhältnismäßig kleinen Teil der Bevölkerung eines Ortes erforderlich bzw. die Benützung einer anderen Straße mit einem unverhältnismäßig großen Kosten- und Zeitaufwand verbunden sein. Eine nur geringfügige Wegabkürzung begründe kein dringendes Verkehrsbedürfnis, wohl aber eine ins Gewicht fallende.
Die Berufungsbehörde habe das angenommene dringende Verkehrsbedürfnis auf die Aussagen in den verkehrstechnischen Gutachten gestützt, wonach im Beobachtungsbereich in einem Umkreis von rund 100 m der Parkplatzbedarf hinter dem Bestand zurückbleibe.
Dazu sei zu erwägen, dass die Feststellung der Öffentlichkeit einer Privatstraße gemäß § 40 LStG einen nicht geringen Eingriff in das Eigentumsrecht darstelle. Nach ständiger Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts seien daher die Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen eines solchen Eigentumseingriffes restriktiv zu beurteilen. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, ob die Verwendung der verfahrensgegenständlichen Parkflächen unumgänglich sei, um wesentliche Verkehrsbedürfnisse der Öffentlichkeit zu erfüllen, weil es z.B. als unzumutbar einzustufen sei, gewisse zeitliche Umwege bei weiter entferntem Parken in Kauf zu nehmen, und kein gelinderes Mittel als der Eigentumseingriff dafür ausreiche. Zu diesen Vorgaben fänden sich, wie die mitbeteiligten Parteien zutreffend eingewendet hätten, nur abstrakte Erhebungen über das Auseinanderfallen von Stellplatzbedarf und Bestand. Die Berufungsbehörde habe ein zwingendes Erfordernis, wonach konkret und genau die verfahrensgegenständlichen Parkplätze unmittelbar der Öffentlichkeit zugänglich bleiben müssten, nicht ausreichend dargetan, zumal diese Parkplätze (nur) 3 % des Parkplatzangebotes im Beobachtungsumkreis darstellten. Dieser Beobachtungsbereich sei vor dem Hintergrund, dass der Verwaltungsgerichtshof etwa bei einem Umweg von 300 m ein dringendes Verkehrsbedürfnis annehme (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1991, Zl. 89/06/0122), zu eng gewählt. Es erscheine überspannt, ein dringendes Verkehrsbedürfnis darin anzunehmen, dass an einer Straße nur ein abstrakter Parkplatzmangel in einem eng umgrenzten Bereich von 100 m bestehe. Der (gegenständlichen) Straße komme nämlich keine Verkehrsfunktion für Autos zu (gemeint vor dem Hintergrund der Ermittlungsergebnisse: es bestehe kein Durchzugsverkehr), aus der ein dringendes Verkehrsbedürfnis abzuleiten sei. Neben den Eigentümern und Dienstbarkeitsberechtigten müsse nur für das Erreichen der Parkplätze auf der betreffenden Straße zugefahren werden, die im nördlichen Teil für Autos unpassierbar sei. Allein mit der nachgeordneten Straßenfunktion des Parkens lasse sich jedoch nach dem Landesstraßengesetz ein dringendes Verkehrsbedürfnis der Allgemeinheit nicht begründen. Vor dem Hintergrund des Umstandes, dass das Instrument der stillschweigenden Widmung im Sinne des § 40 LStG als Eigentumseingriff restriktiv zu "behandeln" sei, vermöge daher die Argumentation der Berufungsbehörde nicht ausreichend zu überzeugen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Salzburger Landesstraßengesetz, LGBl. Nr. 119/1972 (kurz: LStG), in der Fassung gemäß LGBl. Nr. 58/2005 anzuwenden.
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen lauten
(auszugsweise):
"§ 2
(1) Plätze, Straßengräben und Kunstbauten jeder Art im Zuge von Straßen sind Teile der Straße, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie im Eigentum eines anderen stehen.
(2) Die zur dauernden Erhaltung und zum nachhaltigen und dauernd gesicherten Betrieb einer Straße erforderlichen Anlagen und Baulichkeiten sind Zugehör (§ 294 ABGB.) der Straße, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie im Eigentum eines anderen stehen.
(3) Das Eigentumsrecht oder sonstiges auf einem Privatrechtstitel beruhendes Recht dritter Personen an der Grundfläche von Straßen, ihren Teilen und ihrem "Zugehör" können jederzeit gerichtlich geltend gemacht werden. Doch kann die Benutzung einer Straße, die vom Grundeigentümer für Straßenzwecke gewidmet oder in langjähriger Übung auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses allgemein und unbehindert benutzt worden ist, wenn sie der Widmung und Übung entspricht, nicht vor den ordentlichen Gerichten angefochten werden.
(4) …"
"§ 3
(1) Der Gemeingebrauch einer Straße ist jedermann im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften gestattet und darf von niemandem eigenmächtig behindert werden.
(2) Über den Bestand und Umfang des Gemeingebrauches hat die Straßenrechtsbehörde (§ 4) zu entscheiden.
(3) Durch die Erhebung von Mauten oder Benützungsentgelten wird der Gemeingebrauch einer Straße nicht berührt.
(4) Die Behebung unzulässiger Behinderungen des Gemeingebrauches ist durch die Straßenrechtsbehörde - erforderlichenfalls auch durch Anwendung unmittelbaren Zwanges - zu verfügen."
"§ 4
(1) Straßenrechtsbehörde im Sinn dieses Gesetzes ist:
a) die Landesregierung in den Angelegenheiten der Landesstraßen, der Privatstraßen gemäß § 6 Abs 1 Z 4 und der Straßen gemäß § 42;
b) der Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde in den Angelegenheiten der sonstigen Straßen.
(2) …"
"§ 40
(1) Eine Privatstraße dient dann dem öffentlichen Verkehr, wenn sie nicht durch äußere Kennzeichen (Abschrankungen, ausdrückliches Benützungsverbot usw.) diesen Verkehr ausschließt. Eine solche Ausschließung darf soweit nicht erfolgen, als
a) die Privatstraße durch den Grundeigentümer für den allgemeinen Verkehr dauernd gewidmet wurde,
b) die Privatstraße in zumindest zwanzigjähriger Übung auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses allgemein und ungehindert benutzt wurde.
(2) Über die Zulässigkeit und den Umfang der Ausschließung des öffentlichen Verkehrs entscheidet auf Antrag oder von Amts wegen die Straßenrechtsbehörde nach einer mündlichen Verhandlung, die durch zweiwöchigen Anschlag an der Amtstafel bekannt zu machen ist. Ein solcher Antrag kann gestellt werden:
- 1. vom Eigentümer der Privatstraße;
- 2. vom Straßenerhalter, wenn dieser nicht der Eigentümer der Straße ist;
3. von jeder die Privatstraße auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses benutzenden Person und
4. von der Agrarbehörde, wenn es sich bei der Straße um eine Bringungsanlage nach § 3 des Salzburger Güter- und Seilwegegesetzes 1970 handelt.
Partei im Verfahren ist außer dem Antragsteller der Eigentümer der Privatstraße und der Straßenerhalter sowie die Agrarbehörde, wenn es sich bei der Straße um eine Bringungsanlage nach § 3 des Salzburger Güter- und Seilwegegesetzes 1970 handelt.
(3) …"
In formeller Hinsicht wird geltend gemacht, der zweitmitbeteiligten Partei komme keine Parteistellung zu. Diese sei weder Eigentümerin noch Straßenerhalterin noch eine die Straße auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses nutzende Person. Die Erstbeschwerdeführerin hingegen sei ausschließlich Eigentümerin des Grundstückes Nr. 263/3, nicht aber des Grundstückes Nr. .69/1, das im Alleineigentum des Ing. H. stehe, der aber nicht Vorstellung erhoben habe.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Aus dem vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten Grundbuchsauszügen ergibt sich, dass die erstmitbeteiligte Partei Alleineigentümerin des Grundstückes Nr. 263/3 ist, nachdem sie das Eigentum am zweiten Anteil offensichtlich (Hinweis im Grundbuch auf einen Vertrag vom 24. Jänner 2008 iVm einer Tagebuchszahl aus dem Jahr 2008) im Jahr 2008 erworben hat. Das Grundstück Nr. .69/1 gehört weiterhin Ing. H. alleine.
Daraus ist aber für den Standpunkt der Beschwerdeführerin noch nichts zu gewinnen: Die belangte Behörde hat die Parteistellung der zweitmitbeteiligten Partei daraus abgeleitet, dass sie auf Grund eines Pachtvertrages als Straßenerhalterin anzusehen sei, was in der Beschwerde ohne nähere Ausführungen bestritten wird. Losgelöst von der Frage, ob die Zweitmitbeteiligte Straßenerhalterin ist, kommt ihr Parteistellung jedenfalls deshalb zu, weil ihr mit dem Berufungsbescheid vom 1. Juli 2010 Aufträge erteilt wurden.
Richtig ist, dass Ing. H. keine Vorstellung gegen den Berufungsbescheid vom 1. Juli 2010 erhoben hat. Allerdings haben die Gemeindebehörden diese Parkflächen nicht differenzierend nach den jeweiligen Grundstücken behandelt, sondern vielmehr als einheitlichen Komplex. Insbesondere gibt es in den Akten keine planliche (zumindest skizzenhafte) Darstellung der Lage dieser Flächen in Bezug auf die beiden Grundstücke und auch keine präzise verbale Beschreibung. Die Gemeindebehörden sind davon ausgegangen, dass "Hinweistafeln" (Mehrzahl) mit der näher festgestellten Aufschrift auf den fraglichen Grundstücksteilen aufgestellt wurden, es wurde aber nicht festgestellt, um wieviele es sich handelt und wo diese aufgestellt wurden. Die belangte Behörde spricht im angefochtenen Bescheid überhaupt nur von einer Tafel (Einzahl), ohne die diesbezügliche Diskrepanz zu den gemeindebehördlichen Bescheiden näher zu begründen. Bei diesen Unklarheiten des gemeindebehördlichen Verfahrens ist eine Teilbarkeit des Berufungsbescheides in Bezug auf die jeweiligen Grundstücke jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu bejahen. Aus diesem Blickwinkel kann es daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde den bekämpften Berufungsbescheid zur Gänze behoben hat.
Zu prüfen ist allerdings, ob die Behebung zu Recht erfolgte. Diesbezüglich wird vorgetragen, der Hinweis der belangten Behörde auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (genannt werden die hg. Erkenntnisse Zlen. 94/06/0057 und 89/06/0122) spreche nicht gegen, sondern für das angenommene dringende Verkehrsbedürfnis. Es handle sich hier nicht um die Beurteilung eines unzumutbaren Umweges, sondern um die Frage des dringenden Erfordernisses an Parkplätzen im Zentrum der Gemeinde. Dazu gebe es keine Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes. Einerseits sei im Erkenntnis Zl. 89/06/0122 ein Umweg von 110 m nicht als zu gering angesehen, vielmehr sei diese Frage offengelassen worden. Andererseits werde in der Judikatur ein Umweg von 300 m jedenfalls als ausreichend erachtet.
Im Beschwerdefall sei klar, dass innerhalb eines Bereiches von 100 m von der betroffenen Fläche ein massiver Parkplatzmangel gegeben sei. Dies bedeute gleichzeitig, dass bei einem Parken außerhalb dieses Umkreises ein Umweg für die Parkenden von 200 m, gerechnet hin und zurück, auflaufen könne. Wenn nunmehr mit einem Fahrzeug ein Umweg von 300 m als untragbar angenommen werde, habe dies jedenfalls auch für Umwege von 100 oder 200 m zu Fuß zu gelten. Die dadurch entstehenden Zeitverluste stellten einen deutlich höheren Mehraufwand dar. In Anbetracht der Tatsache, dass für eine Gemeinde die Parkplätze eine deutlich höhere Bedeutung als der Durchzugsverkehr aufwiesen, sei auch klar ersichtlich, dass das Parken keinesfalls als untergeordnetes Bedürfnis angesehen werden könne.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Zunächst ist darauf zu verweisen, dass es sich hier um den zweiten Rechtsgang vor der belangten Behörde handelt, daher auf die Bindungswirkung der ersten Vorstellungsentscheidung Bedacht zu nehmen ist. Wird der Bescheid der obersten Gemeindebehörde durch die Aufsichtsbehörde aufgehoben, so sind die Gemeinde, aber auch die anderen Parteien des Verfahrens, an die die Aufhebung tragenden Gründe des in Rechtskraft erwachsenen Vorstellungsbescheides gebunden, gleichbleibende Sach- und Rechtslage vorausgesetzt. Diese Bindung erstreckt sich auch auf die Aufsichtsbehörde und den Verwaltungsgerichtshof, wobei selbst eine unrichtige Rechtsansicht für das weitere Verfahren bindend ist (sofern eben nicht eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes oder der Rechtslage erfolgt). Nur den tragenden Aufhebungsgründen kommt eine solche Bindungswirkung zu; soweit die Vorstellungsbehörde überdies andere Gründe in der Vorstellung als unberechtigt angesehen hat, handelt es sich dabei begrifflich nicht um tragende Aufhebungsgründe. Solche Abweisungsgründe binden nicht und können im fortgesetzten Verfahren erfolgreich in Zweifel gezogen werden. Aus dieser Bindungswirkung ergibt sich auch die Berechtigung einer Partei, deren Vorstellung zur Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides geführt hat, die tragenden Aufhebungsgründe zu bekämpfen, soweit sie diese als unrichtig erachtet (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 24. August 2011, Zl. 2011/06/0090, mwN).
Tragender Aufhebungsgrund der ersten Vorstellungsentscheidung war, dass das im Sinne des § 40 Abs. 1 LStG erforderliche dringende Verkehrsbedürfnis über die gesamte Dauer der 20 Jahre und nicht bloß zum Entscheidungszeitpunkt vorliegen müsse. Logische Voraussetzung für diese aufhebende Sachentscheidung ist, dass die Bestimmung des § 40 Abs. 1 LStG hinsichtlich der strittigen Parkflächen überhaupt anwendbar ist (zur Bedeutung der "logischen Voraussetzung" siehe abermals das genannte Erkenntnis vom 24. August 2011 und das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. 2008/06/0052, mwN). Aus der umschriebenen Bindungswirkung folgt umgekehrt, dass (mangels zwischenzeitiger Änderung der Sach- und Rechtslage) die Möglichkeit, dass die strittigen Parkplätze eine Verkehrsfläche im Sinne des § 40 Abs. 1 LStG darstellen können, nicht generell verneint werden kann (wobei auf Grund der Bindungswirkung die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung nicht zu hinterfragen ist).
Eine weitere logische Voraussetzung für die Aufhebung war vor dem Hintergrund des bescheidmäßigen Abspruches durch die Gemeindebehörden auch, dass die im September 2004 vorgenommene Beschilderung als eine Einschränkung der im Sinne der lit. b des § 40 Abs. 1 LStG entstandenen allgemein (das heißt für jedermann, nicht bloß für Kunden) gegebenen Nutzungsmöglichkeit dieser Parkflächen zu qualifizieren ist, freilich unter der Voraussetzung, dass die Voraussetzungen dieser lit. b im Beschwerdefall zutreffen. Das ist im Übrigen zutreffend.
Eine der Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 LStG ist das Bestehen eines dringenden Verkehrsbedürfnisses durch den dort umschriebenen Zeitraum von 20 Jahren. Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Auffassung, die Berufungsbehörde habe dieses dringende Verkehrsbedürfnis nicht ausreichend dargetan, was in der Beschwerde bestritten wird.
Der Umstand, dass in einem Umkreis von 100 m das Parkplatzangebot gegenüber dem Erfordernis an Parkplätzen zurückbleibt - die Berufungsbehörde geht von einem Angebot von 64 Plätzen gegenüber einem Bedarf von 100/110 Plätzen aus, wobei die Berufungsbehörde nicht auf die vom Sachverständigen überdies angeführten (weiteren?) 18 Stellplätze eingegangen ist - vermag für sich allein noch kein "dringendes" Verkehrsbedürfnis an den strittigen Parkflächen zu begründen. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung ist das Beobachtungsgebiet mit einem (nicht näher begründeten) Radius von 100 m hiezu zu gering angenommen, auch größere Wegstrecken sind in Bezug auf Parkplätze durchaus zuzusinnen (wobei freilich nicht auf das gesamte Gemeindegebiet abzustellen ist, wie im Zuge des gemeindebehördlichen Verfahrens zutreffend dargelegt wurde).
Zum Argument der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, es sei nicht aufgezeigt worden, warum es gerade auf die gegenständlichen Parkplätze entscheidend ankommen sollte, wird in der Beschwerde nichts vorgetragen.
Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde zur Beurteilung gelangte, das dringende Verkehrsbedürfnis im Sinne des § 40 Abs. 1 LStG an diesen Parkflächen sei nicht ausreichend dargetan worden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Aus verfahrensökonomischen Gründen ist noch auf Folgendes zu verweisen: Da die Schilder im September 2004 aufgestellt wurden, kommt es darauf an, dass der 20jährige Zeitraum des § 40 Abs. 1 lit. b LStG bis dahin abgelaufen ist; er begänne daher im September 1984 und nicht erst im Laufe des Jahres 1985.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 18. Oktober 2012
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