Normen
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
SMG 1997 §39;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
SMG 1997 §39;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Gambia, reiste am 25. November 2004 illegal nach Österreich ein. Sein am darauffolgenden Tag gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamts vom 29. November 2005 abgewiesen. Das Verfahren über die dagegen erhobene Berufung war bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch anhängig.
Bereits zuvor war der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22. April 2005 wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt worden, weil er am 22. Jänner 2005 1,2 g Marihuana an einen anderen verkauft hatte.
Am 21. September 2005 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien abermals wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG sowie wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 und 2 Z 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Dem Urteil zufolge hatte der Beschwerdeführer von Mitte März 2005 bis 11. Mai 2005 eine nicht näher feststellbare, die Grenzmenge nach § 28 Abs. 6 SMG nicht übersteigende, Menge Marihuana in Teilmengen gewerbsmäßig weitergegeben und vom 23. April 2005 bis zum 11. Mai 2005 Cannabisprodukte zum Eigenkonsum erworben und besessen.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. September 2008 wurde der Beschwerdeführer schließlich wegen der Vergehen nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 5 erster Fall SMG sowie nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt; unter einem wurde die ihm im ersten Urteil gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen. Dem Schuldspruch lag zu Grunde, dass er im Zeitraum von Februar bis 9. Juli 2008 etwa 100 g Heroin und ca. 30 g Cannabiskraut in mehreren Fällen einer anderen Person verkauft und selbst bis zum 16. Juli 2008 Marihuana, Kokain und Heroin für den persönlichen Gebrauch erworben und besessen hatte.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 9. Jänner 2009 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 62 Abs. 1 und 2 iVm § 60 Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein unbefristetes Rückkehrverbot.
Begründend führte sie nach Darstellung der genannten strafgerichtlichen Verurteilungen aus, dass der Beschwerdeführer nach seiner ersten behördlichen Meldung in Österreich am 19. Jänner 2005 nur mehr entweder obdachlos oder in Justizvollzugsanstalten gemeldet gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei ledig, ohne Sorgepflichten und in Österreich ohne berufliche Bindungen. Nach seiner Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren habe er bei einer Freundin in Wien 5 gewohnt. Nach seinen Berufungsausführungen befinde er sich hingegen in einer "Lebensgemeinschaft" mit dieser Frau, von der er finanziell unterstützt werde, bei der er jedoch nicht gewohnt habe. Bereits vor der Verhaftung habe aber die feste Absicht beider Partner bestanden, zusammen zu ziehen. Dies wolle er nun nach seiner Haftentlassung machen und mit ihr einen gemeinsamen Haushalt führen.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass auf Grund der Verurteilungen der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG (mehrfach) erfüllt sei. Das den Verurteilungen zu Grunde liegende Verhalten lasse auch die im § 62 Abs. 1 Z 1 und 2 FPG normierten Annahmen als gerechtfertigt erscheinen. Eine Verhaltensprognose könne im Hinblick auf die (teilweise) gewerbsmäßige, wiederholte Tatbegehung über erhebliche Zeiträume, den relativ kurzen Zeitraum seit der letzten Tatbegehung und wegen der Suchtmittelergebenheit des Beschwerdeführers sowie der den Suchtmitteldelikten immanenten Wiederholungsgefahr in keinem Fall positiv ausfallen. Auch wenn sich der Beschwerdeführer nun um einen Therapieplatz bemühe, werde es unter Bedachtnahme auf sein bisheriges kriminelles Verhalten noch einer langen Phase des Wohlverhaltens in Freiheit bedürfen, um auf eine Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr schließen zu können.
Wegen der nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers bestehenden "Lebensgemeinschaft" und seines Aufenthalts im Bundesgebiet von etwas mehr als vier Jahren sei von einem mit dem Rückkehrverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben auszugehen. Auf Grund der besonderen Gefährlichkeit der Suchtmittelkriminalität sei diese Maßnahme im Grunde des § 66 FPG jedoch zulässig und zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Sein bisheriges, zum Teil gewerbsmäßig gesetztes, strafbares Verhalten bedeute eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die das Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung der besonders gefährlichen Suchtgiftkriminalität berühre.
Im Rahmen der Interessenabwägung führte die belangte Behörde aus, dass die für jegliche Integration erforderliche soziale Komponente durch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt werde. Es wäre die Erlassung eines Rückkehrverbots im Zusammenhang mit Suchtmitteldelikten aber auch bei sonstiger völliger sozialer Integration eines Fremden nicht rechtswidrig. Abgesehen davon gründe sich der gesamte Aufenthalt des Beschwerdeführers auf einen - in erster Instanz abgewiesenen - Asylantrag, wodurch eine aus seinem Aufenthalt ableitbare Integration auch insofern eine Relativierung erfahre. Die von ihm vorgebrachte Beziehung zu einer Frau sei zu einem Zeitpunkt eingegangen worden, als beiden der unsichere Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers in Österreich bewusst gewesen sein müsse. Im Übrigen habe ihn aber auch die behauptete "Lebensgemeinschaft" nicht davon abgehalten, straffällig zu werden. Der Beschwerdeführer sei nicht in den heimischen Arbeitsmarkt integriert und habe auch den Großteil seines Lebens in seiner Heimat, oder zumindest nicht in Österreich, verbracht. Es ergebe sich daher ein klares Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Erlassung des Rückkehrverbots gegen den Beschwerdeführer. Angesichts seines Gesamt(fehl)verhaltens, der Art und der Schwere der ihm zur Last liegenden Straftaten sowie des Fehlens von besonders berücksichtigungswürdigen Umständen könne auch nicht im Rahmen des Ermessens von der Erlassung des Rückkehrverbots Abstand genommen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die im Jänner 2009 geltende Fassung des genannten Gesetzes.
Gemäß § 62 Abs. 1 FPG kann gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 62 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen iSd Abs. 1 u.a. insbesondere jene des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG. Nach dieser Bestimmung hat als bestimmte, die erwähnte Gefährdungsprognose rechtfertigende Tatsache zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht u.a. zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.
Ausgehend von den unbestrittenen rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sind die erwähnten Alternativen des genannten Tatbestands erfüllt.
Der Beschwerdeführer bringt jedoch vor, dass seine Straftaten auf seine eigene Drogenabhängigkeit und auf das deshalb erfolgte Abrutschen in ein ungünstiges Umfeld zurückzuführen seien. Den schlechten Umgang habe er mittlerweile total abgebrochen. Ihm sei vom Strafgericht ein Haftaufschub für eine professionelle Drogenentziehungstherapie gewährt worden, die gegenwärtig noch andauere und an der er vorbildlich mitarbeite. Nun habe er auch eine Lebensgefährtin. Bei dieser sei er gemeldet und wohnhaft. Sie komme nicht nur für "Kost und Logis" auf, sondern sei ihm vor allem eine emotionale und moralische Stütze.
Diesem Beschwerdevorbringen kann nicht gefolgt werden. Angesichts des vom Beschwerdeführer über einen langen Zeitraum gesetzten, gravierenden und wiederholten Fehlverhaltens geht von ihm eine erhebliche Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere der Suchtgiftkriminalität, aus. So ist dem Beschwerdeführer u. a. vorzuwerfen, dass er mehrfach - teilweise gewerbsmäßig - Suchtgifthandel betrieben hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bereits wiederholt dargelegt, dass die Deliktsform des Suchtgifthandels ein besonders verpöntes Verhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist - die sich beim Beschwerdeführer auch schon eindrucksvoll manifestiert hat - und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 29. März 2012, Zl. 2011/23/0172, mwN). An dieser Gefährdungsprognose vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass dem Beschwerdeführer ein Strafaufschub gemäß § 39 SMG gewährt wurde. Erst eine erfolgsreiche Therapie und ein längeres Wohlverhalten könnten zu einer Minderung bzw. zu einem Wegfall der Gefährdung führen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. September 2011, Zl. 2009/18/0147, mwN).
Der Beschwerdeführer hingegen wurde unmittelbar nach seiner ersten Verurteilung erneut einschlägig rückfällig. Auch die im Rahmen seiner zweiten Verurteilung ausgesprochene unbedingte Haftstrafe und die damit verbundene Haftverbüßung hielten den Beschwerdeführer nicht davon ab, abermals Suchtgift - u.a. Heroin -
über mehrere Monate hinweg zu verkaufen. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte eigene Suchtmittelergebenheit ist nicht geeignet, seine Straftaten in einem milderen Licht darzustellen; die Therapie seiner Suchtmittelergebenheit ist schon nach seinem eigenen Vorbringen noch nicht abgeschlossen. Von einem maßgeblichen Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit kann im konkreten Fall angesichts seiner letzten Haftentlassung am 25. November 2008 jedenfalls noch nicht gesprochen werden. Zu Recht hat schließlich bereits die belangte Behörde darauf verwiesen, dass sich der Beschwerdeführer auch durch die Beziehung zu seiner nunmehrigen Lebensgefährtin nicht von der Begehung der Straftaten hat abhalten lassen. Der mittlerweile bestehende gemeinsame Wohnsitz mit seiner Lebensgefährtin vermag die Gefährdungsannahme nicht maßgeblich zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Es erweist sich daher nicht als rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Gefährdungsprognose nach § 62 Abs. 1 FPG für gegeben erachtete.
Soweit die Beschwerde das Unterlassen weiterer Ermittlungen durch die belangte Behörde kritisiert, zeigt sie nicht konkret auf, welche Umstände noch zu erheben gewesen wären und inwieweit diese zu einem Sachverhalt geführt hätten, der eine Beurteilung zu Gunsten des Beschwerdeführers zugelassen hätte. Die Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels wird daher nicht ausreichend konkret aufgezeigt. Entgegen den Beschwerdeausführungen wurden die den Urteilen zu Grunde liegenden Straftaten im angefochtenen Bescheid auch ausreichend nachvollziehbar dargestellt. Der Beschwerdeführer unterlässt es aber auch in diesem Zusammenhang aufzuzeigen, inwiefern weitere Feststellungen zu einem für ihn vorteilhafteren Ergebnis hätten führen können.
Gleiches gilt im Übrigen für das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe nicht alle Aspekte des Art. 8 EMRK "gründlich" erhoben. Die von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung erweist sich auch nicht als rechtswidrig. Es ist schließlich auch kein Grund ersichtlich, wonach das Ermessen durch die belangte Behörde nicht in gesetzmäßiger Weise ausgeübt worden wäre.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 13. September 2012
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