Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Moldau, reiste erstmals mit einem bis 13. Mai 2003 gültigen Touristenvisum in das Bundesgebiet ein, wo er nach dessen Ablauf unrechtmäßig verblieb. Am 11. Juli 2003 heiratete er die österreichische Staatsbürgerin G Am 16. Juli 2003 beantragte er - unter Berufung auf diese Ehe - die Erteilung eines Aufenthaltstitels.
Mit Bescheid vom 29. März 2007 erließ die Bundespolizeidirektion Wien gegen den Beschwerdeführer gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Ehe bloß geschlossen worden sei, damit der Beschwerdeführer fremden- und arbeitsmarktrechtliche Vorteile erlangen könne, wobei ein Eheleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt worden sei.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Jänner 2008 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" abgewiesen.
Mit dem - seit 8. September 2008 - rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 16. Juni 2008 wurde die Ehe des Beschwerdeführers gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. März 2009 gab die belangte Behörde der Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte diesen mit der Maßgabe, dass das Aufenthaltsverbot auf § 60 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Z 2 und 9 FPG gestützt wurde.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass sowohl die österreichische Ehefrau des Beschwerdeführers als auch deren tatsächlicher (damaliger) Lebensgefährte eingestanden hätten, dass es sich bei der Ehe des Beschwerdeführers um eine Scheinehe gehandelt habe. Dies decke sich auch mit den Ergebnissen einer Hauserhebung. Die Ehe sei schließlich - mit dem erwähnten Gerichtsurteil - für nichtig erklärt worden. Weiters sei der Beschwerdeführer am 15. Jänner 2007 mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 5 Abs. 1 und 2 StVO wegen zweimaligen Lenkens eines Kraftfahrzeugs im alkoholisierten Zustand sowie nach § 39 Abs. 5 FSG wegen Lenkens eines Kraftfahrzeugs ohne entsprechende Lenkberechtigung jeweils mit Geldstrafen bestraft worden. Aktenkundig sei weiters eine rechtskräftige Bestrafung des damaligen handelsrechtlichen Geschäftsführers der V-GmbH mittels Strafbescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 10. Bezirk vom 19. Februar 2008, weil er den Beschwerdeführer vom 16. April bis zum 11. Mai 2007 als Arbeiter in diesem Unternehmen beschäftigt habe, ohne dass dieser im Besitz der dafür erforderlichen Berechtigungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) gewesen sei.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass vor dem Hintergrund der ex tunc-Wirkung des Ehenichtigkeitsurteils der Beschwerdeführer "zu keiner Zeit als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des FPG" angesehen werden könne. Auf Grund der niederschriftlichen Angaben seiner ehemaligen Ehefrau, deren damaligen Lebensgefährten und den Hauserhebungen bestehe kein Zweifel daran, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG erfüllt sei, weil der Beschwerdeführer eine Ehe geschlossen und sich für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung auf diese Ehe berufen habe, mit der Ehegattin ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK aber nie geführt habe. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer sich selbst nur leugnend verantwortet und keinerlei Beweismittel zum Vorliegen eines tatsächlichen Familienlebens angeboten habe, bestehe eine "Bindungswirkung eines Ehenichtigkeitsurteils für Aufenthaltsverbote". Da der Beschwerdeführer darüber hinaus auch drei rechtskräftige, schwer wiegende Verwaltungsübertretungen im Sinn des § 60 Abs. 2 Z 2 FPG zu verantworten habe, lägen auch die diesbezüglichen Tatbestandsvoraussetzungen vor. Der Missbrauch des Rechtsinstituts der Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Vorteile stelle eine schwer wiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, die die Erlassung eines Aufenthaltsverbots nach § 60 Abs. 1 FPG rechtfertige.
Auch wenn der Beschwerdeführer außer zu seiner bisherigen Ehefrau keinerlei familiäre Bindungen im Bundesgebiet behauptet habe, sei in Anbetracht aller Umstände von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben auszugehen. Dieser Eingriff sei aber zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, somit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, dringend geboten.
Die belangte Behörde bejahte die Zulässigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbots im Rahmen der gemäß § 66 Abs. 2 FPG gebotenen Interessenabwägung. Nur auf Grund der durch seine Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin bevorzugten Stellung nach dem AuslBG habe der Beschwerdeführer eine unselbständige Beschäftigung eingehen können. Seine Integration infolge seines Aufenthalts im Bundesgebiet werde dadurch wesentlich gemindert, dass die von ihm eingegangene Scheinehe das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens beeinträchtige. Der Beschwerdeführer habe aber auch massiv gegen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Kraftfahrwesens verstoßen. Bei einer Abwägung der genannten Interessen ergebe sich daher, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet keinesfalls schwerer wiegen würden als das öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbots. Mangels besonderer, zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne auch nicht im Rahmen des Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbots Abstand genommen werden. Ein Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sei nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraums zu erwarten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei jeweils um die zu diesem Zeitpunkt (März 2009) geltende Fassung.
Die Beschwerde rügt im Zusammenhang mit der von der belangten Behörde festgestellten Scheinehe, dass es verfehlt gewesen sei, eine ex tunc-Wirkung des Ehenichtigkeitsurteils des Bezirksgerichtes Leopoldstadt anzunehmen, weil "dieser Status", ebenso wie die drei Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers, zum Zeitpunkt des Bescheides erster Instanz "noch nicht gegeben" gewesen seien. Auch sei dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit einer "kontradiktorischen Befragung" seiner vormaligen Ehefrau eingeräumt worden.
Diesem Vorbringen ist zunächst zu entgegnen, dass die Berufungsbehörde grundsätzlich berechtigt ist, auf neue, erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingetretene Umstände Bedacht zu nehmen und sie ihrer Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2005/21/0337, mwN). Die Berufungsbehörde hat nämlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. das Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0292, mwN). Da die Fremdenpolizeibehörde - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte - an die zivilgerichtlichen Feststellungen über das rechtsmissbräuchliche Eingehen einer Ehe gebunden ist, wurde durch das genannte Urteil des Bezirksgerichtes Leopoldstadt rechtskräftig und bindend festgestellt, dass der Beschwerdeführer eine sogenannte Aufenthaltsehe eingegangen ist. Dieser Umstand (in Verbindung mit der Berufung auf diese Ehe im Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels) verwirklicht den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG und gibt als schwere Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens Grund für die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene negative Prognose (vgl. zu all dem das Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0138, mwN).
Infolge der vorliegenden Bindung an das Ehelichkeitsurteil gehen die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe der Verletzung von Verfahrensvorschriften ins Leere, stand damit doch (auch für die belangte Behörde) bindend fest, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau kein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt hat (vgl. das Erkenntnis vom 13. November 2007, Zl. 2007/18/0789).
Die belangte Behörde hatte festzustellen, ob der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG erfüllt ist. Im konkreten Fall lag nun schon deshalb keine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG vor, die wie die Beschwerde meint, zu einem Zuwarten mit der Entscheidung Anlass gegeben hätte, weil einerseits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides die Nichtigkeit der Ehe - wie ausgeführt - bereits durch das zuständige Gericht ausgesprochen worden war. Andererseits war aber auch über den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftig negativ entschieden.
Für die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbots kommt es - wie ausgeführt - wesentlich darauf an, ob die vom Fremden ausgehende Gefahr die in § 60 Abs. 1 FPG genannte Annahme rechtfertigt. Dies wurde im vorliegenden Fall im Hinblick auf die dargestellte Erfüllung des Tatbestands des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG von der belangten Behörde zu Recht bejaht. Angesichts dessen kommt es auf eine Verwirklichung auch des Tatbestandes des § 60 Abs. 2 Z 2 FPG durch den Beschwerdeführer gar nicht mehr an.
Der Beschwerdeführer rügt weiters die Entscheidungsfrist der belangten Behörde und den Umstand, dass ihm von dieser kein Parteiengehör gewährt worden sei. Dem ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer nicht konkret darlegt, was er vorgebracht hätte, wenn ihm vor der Berufungsentscheidung noch einmal Gelegenheit zu einer (weiteren) Stellungnahme gegeben worden wäre. So werden in der Beschwerde allfällige Änderungen in den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers während des Berufungsverfahrens, auf Grund derer die belangte Behörde zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können, nicht ausreichend konkret dargestellt. Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang bloß ausführt, "der Beschwerdeführer steht kurz vor seiner neuerlichen Verehelichung", ist dieses Vorbringen zu vage, um darauf näher eingehen zu können. Die Beschwerde zeigt somit die Relevanz des gerügten Verfahrensmangels nicht hinlänglich auf.
Mit dem Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts in Österreich ungehindert einer Beschäftigung habe nachgehen können und überwiegend unselbständig arbeitstätig gewesen sei, sodass er - insbesondere auch auf Grund der Dauer des Berufungsverfahrens - davon habe ausgehen können, dass mit seinem Aufenthalt "alles in Ordnung sei", wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Abgesehen davon, dass vor Erlassung des angefochtenen Bescheides der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtskräftig abgewiesen und bereits im April 2007 in erster Instanz ein Aufenthaltsverbot gegen ihn erlassen worden war, musste dem Beschwerdeführer zweifelsfrei bewusst sein, dass er sich lediglich auf Grund einer zum Schein geschlossenen Ehe im Inland aufhielt. Auf welchen Tatbestand vertrauend er dennoch von einem rechtmäßigen Aufenthalt hätte ausgehen können, bleibt unerfindlich.
Wenn die Beschwerde weiters bestreitet, dass der Beschwerdeführer entgegen den Bestimmungen des AuslBG bei der V-GmbH gearbeitet hätte, vermag sie einen relevanten Mangel des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen, zumal es sich dabei um keinen tragenden Begründungsteil handelt. Die Beschwerde zeigt aber auch nicht auf, auf Grundlage welcher Bestimmung die - zugestandene - fast durchgehende unselbständige Beschäftigung des Beschwerdeführers rechtmäßig gewesen sein sollte, erweist sich sein Aufenthalt in Österreich - nach Ablauf der Gültigkeit des Sichtvermerks - doch als von Anfang an unrechtmäßig.
Auch die von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. So nahm die belangte Behörde auf die Dauer des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers und seine unselbständige Beschäftigung ausreichend Rücksicht. Sie durfte aber auch davon ausgehen, dass die vom Beschwerdeführer erlangten Aspekte seiner Integration dadurch relativiert werden, dass sie im Wesentlichen auf eine verpönte Aufenthaltsehe zurückzuführen sind. Dass die belangte Behörde den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich kein höheres Gewicht beigemessen hat als dem von ihm erheblich beeinträchtigten öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen ist somit auch unter Berücksichtigung seines Vorbringens, dass er infolge sechsjähriger Abwesenheit von seiner Heimat über keinerlei Bindungen bzw. Beziehungen mehr zu dieser verfüge, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
In der Beschwerde werden schließlich auch keine ausreichenden Gründe aufgezeigt, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre.
Soweit sich der Beschwerdeführer schließlich gegen die mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte zehnjährige Dauer des Aufenthaltsverbots wendet, legt er auch in diesem Zusammenhang keine überzeugenden Umstände dar, aus denen abzuleiten wäre, dass ein Wegfall der von ihm ausgehenden Gefährdung bereits nach einem kürzeren als dem genannten Zeitraum hätte vorhergesehen werden können.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 21. Juni 2012
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