Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste am 20. Juni 2003 nach Österreich ein. Sein am 23. Juni 2003 gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. September 2003 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen. Unter einem wurde gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien zulässig sei. Der Berufung des Beschwerdeführers gab der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 1. Dezember 2009 keine Folge. Die Behandlung einer gegen diese Entscheidung eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Jänner 2010 abgelehnt.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 18. November 2010 wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.
Begründend führte sie zusammengefasst aus, dass sich der Beschwerdeführer seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG vorlägen.
In Ansehung des § 66 FPG stellte die belangte Behörde fest, dass der seit knapp siebeneinhalb Jahren in Österreich aufhältige Beschwerdeführer im Bundesgebiet keine familiären Bindungen aufweise. Auf Grund der Aufenthaltsdauer sei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privatleben auszugehen. Es sei aber zu berücksichtigen, dass sich sein Asylantrag als unberechtigt herausgestellt habe, wobei der Beschwerdeführer spätestens nach der mit erstinstanzlichem Bescheid vom 11. September 2003 erfolgten Abweisung seines Asylantrages nicht mehr von einem gesicherten Aufenthalt in Österreich habe ausgehen dürfen. Eine berufliche Integration des Beschwerdeführers liege nicht vor, weil er bisher lediglich einer selbständigen Erwerbstätigkeit als "Zusteller" nachgegangen sei, nicht jedoch auf Grund einer nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bewilligungspflichtigen unselbständigen Beschäftigung in den Arbeitsmarkt integriert worden sei. Der Beschwerdeführer sei unbescholten und verfüge in Österreich über einen von ihm nicht näher beschriebenen "Freundeskreis". In seiner Heimat bestünden familiäre Bindungen zu seinen Eltern und einem Bruder. Der Beschwerdeführer habe in Indien die Volks- und Hauptschule absolviert.
Weil er sich seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, seien vom Beschwerdeführer die Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) in gravierender Weise missachtet worden. Dabei könne auch der Versuch, seinen Aufenthalt durch einen (Inlands-)Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu legalisieren, "nicht positiv gewertet" werden, weil Aufenthaltstitel gemäß § 21 Abs. 1 NAG grundsätzlich nur mehr vom Ausland aus erwirkt werden könnten. Überdies sei der Beschwerdeführer am 23. Juni 2010 wegen seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtskräftig bestraft worden.
Die privaten Interessen des Beschwerdeführers müssten somit gegenüber den - hoch zu veranschlagenden - öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund treten. Die Auswirkungen der Ausweisung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers würden keinesfalls schwerer wiegen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.
Im Hinblick auf das Fehlen besonderer zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG und des NAG Bezug genommen, so handelt es sich dabei jeweils um die im November 2010 geltende Fassung.
Gemäß § 53 Abs. 1 FPG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Unstrittig wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig negativ beendet und ihm auch kein Aufenthaltstitel erteilt. Die behördliche Annahme, der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG sei erfüllt, erweist sich daher nicht als rechtswidrig.
Die in der Beschwerde erwähnte Antragstellung des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 43 Abs. 2 NAG begründete gemäß § 44b Abs. 3 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach diesem Bundesgesetz und stand daher der Erlassung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegen.
Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 66 Abs. 1 FPG die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 66 Abs. 2 FPG insbesondere die dort näher angeführten Kriterien zu berücksichtigen.
Die Beschwerde bekämpft die von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG durchgeführte Interessenabwägung und bringt vor, im angefochtenen Bescheid sei der legalen Beschäftigung des Beschwerdeführers, der auch ordnungsgemäß versichert sei und über eigene finanzielle Mittel verfüge, nicht ausreichend Rechnung getragen worden. Er sei seit mehr als sieben Jahren in Österreich aufhältig und habe "in all diesen Jahren" über ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG verfügt. Nach Abschluss seines Asylverfahrens habe der Beschwerdeführer umgehend einen Antrag nach § 43 Abs. 2 NAG gestellt. Demnach sei er stets bemüht gewesen, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten und seinen Aufenthalt zu legalisieren. Weder die guten Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers noch seine familiären und sozialen Bindungen seien ausreichend berücksichtigt worden. Die behördliche Feststellung, es bestünden keinerlei familiäre Bindungen im Bundesgebiet, entspreche nicht den Tatsachen, erwarte doch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ein gemeinsames Kind.
Diesem Vorbringen ist zunächst zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer weder in seiner im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen schriftlichen Stellungnahme vom 5. Februar 2010 noch in seiner lediglich einen Monat vor Erlassung des angefochtenen Bescheides eingebrachten Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. Oktober 2010 auf ein Familienleben mit einer Lebensgefährtin, die ein gemeinsames Kind erwarte, hingewiesen hat. Er ist somit auch in seiner Berufung den im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass er im österreichischen Bundesgebiet über keine familiären Bindungen verfüge, nicht entgegen getreten. Beim gegenständlichen, nun erstmals in der Beschwerde erstatteten Vorbringen handelt es sich daher um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (§ 41 Abs. 1 VwGG).
Vor diesem Hintergrund und angesichts der von ihr berücksichtigten Aufenthaltsdauer von mehr als sieben Jahren ist die belangte Behörde zutreffend von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff (nur) in das Privatleben des Beschwerdeführers ausgegangen. Mit dem Vorwurf, die belangte Behörde hätte ihn auffordern müssen, nähere Angaben zu dem von ihm behaupteten "Freundeskreis" zu machen, zeigt der Beschwerdeführer schon deswegen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil er auch in der Beschwerde nicht konkret darlegt, welches in diesem Zusammenhang präzisierende Vorbringen er in diesem Fall erstattet hätte. Auch eine nähere Beschreibung der vorgebrachten "zahlreichen sozialen Bindungen" des Beschwerdeführers in Österreich erfolgt in der Beschwerde nicht.
Die belangte Behörde hat neben der strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers auch dessen selbständige Erwerbstätigkeit berücksichtigt, wenngleich sie keine daraus resultierende, ins Gewicht fallende berufliche Integration angenommen hat, worin im Ergebnis keine entscheidende Fehlbeurteilung zu erblicken ist. Sie durfte in diesem Zusammenhang nämlich in ihre Abwägung auch den Umstand einbeziehen, dass der Beschwerdeführer spätestens nach der bereits mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. September 2003 erfolgten erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages - auch wenn er allenfalls subjektiv berechtigte Hoffnungen auf ein positives Verfahrensende gehabt haben sollte - im Hinblick auf die negative behördliche Beurteilung des Antrages von einem nicht gesicherten Aufenthalt ausgehen musste (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. April 2012, Zlen. 2011/23/0403 bis 0406, mwN). Ein Großteil der Integrationsschritte, und somit auch die geltend gemachte berufliche Integration sowie der Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache, wurde somit in einem Zeitraum gesetzt, als der Beschwerdeführer nicht damit rechnen durfte, dauernd in Österreich verbleiben zu können, was den Stellenwert der dabei erlangten Integration relativiert.
Welche weiteren entscheidungsrelevanten Umstände im Rahmen der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers von der belangten Behörde nicht ausreichend ermittelt worden wären, legt die Beschwerde nicht konkret dar.
Der Beschwerdeführer bestreitet ferner nicht die im angefochtenen Bescheid festgestellten familiären Bindungen zu seinem Heimatland.
Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers stellte die belangte Behörde zu Recht das vom Beschwerdeführer auf Grund seines Weiterverbleibes im Bundesgebiet nach rechtskräftig negativer Beendigung seines Asylverfahrens beeinträchtigte maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften gegenüber.
Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde - auch im Falle einer, wie in der Beschwerde gefordert, stärkeren Gewichtung der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet - insgesamt nicht zum Ergebnis gelangen müssen, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers aus Österreich unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig und daher unzulässig sei.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 12. September 2012
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