VwGH 2011/17/0247

VwGH2011/17/024727.1.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der A G. in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 26. Juli 2011, Zl. Senat-PP-11-0006, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §53 Abs1 Z1 lita;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §53 Abs1 Z1 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 18. November 2010 ordnete die Bundespolizeidirektion St. Pölten gegenüber der beschwerdeführenden Partei die Beschlagnahme von zwei Glücksspielgeräten mit der Gerätebezeichnung ACT Multiplayer an.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung der beschwerdeführenden Partei keine Folge.

Begründend führte sie aus, S. (Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2011/17/0246) beschäftige sich als als nicht protokollierter Einzelunternehmer mit dem Aufstellen von Spielautomaten und Unterhaltungsgeräten. Die verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte habe er von der beschwerdeführenden Partei gemietet. Pro Gerät habe ein Mietzins von EUR 600,-- netto entrichtet werden müssen. Mit Zustimmung der Lokalverantwortlichen Frau G. habe S. diese Geräte am 7. Oktober 2010 im sogenannten Raucherbereich einer bestimmt bezeichneten Autobahnraststätte in St. Pölten aufstellen lassen. Der erzielte Gewinn sei zwischen S. und dem Betreiber der Autobahnraststätte je zur Hälfte aufgeteilt worden. Damit allfällige Gewinne gleich vor Ort hätten ausbezahlt werden können, habe S. eine Handkasse mit Geldscheinen im Wert von EUR 2.000,-- zur Verfügung gestellt.

Auf den verfahrensgegenständlichen Geräten seien im Wesentlichen virtuelle Walzenspiele angeboten worden, die durch Betätigen mechanischer Tasten bzw. virtueller Bildschirmtasten hätten aufgerufen werden können. Der maximale Spieleinsatz sei von S. mit 50 Cent pro Spiel beziffert worden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen-Taste" und Auslösung des Spieles durch die "Start-Taste" oder die "Automatik-Start-Taste" seien die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert worden, sodass für den Spieler der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht laufenden Walzen entstanden sei. Nach ca. einer Sekunde sei der "Walzenlauf" zum Stillstand gekommen. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten Symbolkombinationen habe dem Spieler gezeigt, ob er verloren oder etwas gewonnen habe. Der Spieler habe keinerlei Möglichkeit gehabt, auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen in irgendeiner Art Einfluss zu nehmen.

Am 2. November 2010 habe um 16.00 Uhr eine Kontrolle durch das Finanzamt Lilienfeld St. Pölten stattgefunden. Dabei sei festgestellt worden, dass die gegenständlichen Glücksspielgeräte betriebsbereit gewesen seien. Pro Gerät seien je drei Walzenspiele und je ein Kartenpokerspiel angeboten worden. Die Beamten des Finanzamtes hätten Probespiele unternommen. Es seien die im Akt ersichtlichen Lichtbilder aufgenommen worden. Bei einem Gerät sei bei einem Höchsteinsatz von EUR 5,-- ein Gewinn von EUR 20,-- plus 998 Super Games in Aussicht gestellt worden.

Dass die Geräte mit genehmigten Geräten in der Steiermark verbunden gewesen wären, habe seitens der Finanzbeamten nicht festgestellt werden können. Ob die verfahrensgegenständlichen Geräte mit genehmigten Geräten in der Steiermark verbunden gewesen seien oder nicht, habe auch von der belangten Behörde nicht verifiziert werden können, sei aber für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes nicht von Bedeutung. Diesbezüglich sei vom Beschwerdeführer lediglich eine Verständigung der Stadt Graz an eine bestimmt bezeichnete GmbH vorgelegt worden, wonach die Anzeige der Aufstellung und des Betriebes von sieben näher angeführten Spielapparaten für einen bestimmten Standort in Graz gemäß § 5a Abs. 3 Steiermärkisches Veranstaltungsgesetz zur Kenntnis genommen würde. Ob bzw. mit welchem dieser Geräte die verfahrensgegenständlichen verbunden gewesen seien, ergebe sich aus der vorgelegten Verständigung der Stadt Graz nicht. Es gehe daraus allerdings hervor, dass die bekanntgegebenen Spielapparate nur während der festgelegten Bewilligungsdauer und nur in den für den befugten Gastgewerbebetrieb erlaubten Öffnungszeiten betrieben werden dürften. Des Weiteren sei die Vernetzung der angezeigten Geldspielapparate mit gleichartigen Apparaten untersagt worden.

Es könne nicht nachvollzogen werden, dass sich das vorgelegte Sachverständigengutachten auf die verfahrensgegenständlichen Geräte beziehe.

Eine Landesausspielung nach dem Steiermärkischen Veranstaltungsgesetz scheide aus, da die verfahrensgegenständlichen Geräte einerseits nicht von der Steiermark bewilligt worden seien, und andererseits zumindest laut Angaben des Beschwerdeführers die Entscheidung über das Spielergebnis nicht durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Gerät selbst erfolge. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers seien die Daten hiefür über eine Internetleitung von in der Steiermark bewilligten Geräten geliefert worden.

Auch eine bewilligte Ausspielung nach dem NÖ Spielautomatengesetz sei nicht vorgelegen.

Es handle sich somit um Ausspielungen, die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen seien.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setze die Beschlagnahme nicht voraus, dass zum Zeitpunkt der Beschlagnahme des Apparates die Eigenschaft als Glücksspielautomat nachgewiesen sei. Der Verdacht im Sinne des § 53 Abs. 1 GSpG beziehe sich vielmehr auf den Umstand, dass mit Glücksspielautomaten fortgesetzt in das Glücksspielmonopol eingegriffen worden sei. Gegenständlich habe sich ergeben, dass in der Autobahnraststätte verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG vom Beschwerdeführer insofern organisiert worden seien, als von ihm die beschlagnahmten Geräte in der Autobahnraststätte aufgestellt worden und damit für potenzielle Spieler zugänglich gewesen seien. Ungeachtet der ausdrücklichen Definition als Glücksspiel im neuen § 1 Abs. 2 GSpG handle es sich bereits nach bisheriger ständiger höchstgerichtlicher Judikatur insbesondere bei dem Spiel Kartenpoker, aber auch bei den sogenannten Walzenspielen um Glücksspiele, deren legale Durchführung nur mit einer Konzession nach dem GSpG und nur in konzessionierten Spielhallen zulässig sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 8. September 2005, Zl. 2000/17/0201).

Nach den Sachverhaltsfeststellungen liege der substantiierte und dringende Verdacht vor, dass auf den beschlagnahmten Spielautomaten Walzen- aber auch Kartenspiele und somit verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 GSpG angeboten worden seien.

Für die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme könne dahingestellt bleiben, ob die Ausspielungen mittels eines Internetterminals stattgefunden hätten, die mit einem genehmigten Gerät in der Steiermark verbunden gewesen seien oder nicht, zumal sich die Genehmigung in der Steiermark nur auf ganz bestimmte Geräte bezogen habe, keinesfalls aber auf die verfahrensgegenständlichen Internetterminals. Es liege daher der Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde, in der der Antrag gestellt wurde, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird zusammengefasst ausgeführt, die vorliegenden Glücksspielgeräte seien keine Glücksspielautomaten, weil die Spielentscheidung nicht im Gerät selbst stattfinde. Sie seien auch keine Videolotterieterminals, da die Spielentscheidung nicht zentralseitig erfolge. Die Geräte in Niederösterreich fungierten nur als Eingabeterminals sowie als Fernbedienung. Die Spielentscheidung treffe ein in der Steiermark angemeldetes Terminal. Es werde also mit dem Eingabeterminal in Niederösterreich an dem erlaubten Glücksspiel in der Steiermark teilgenommen. Vor Aufruf eines Spieles erkläre der Spieler, am erlaubten Glücksspiel in der Steiermark teilnehmen zu können, es lägen daher auch keine Realofferte vor, der Spielvertrag komme zwischen dem Veranstalter in der Steiermark und dem Spieler zustande. Die Teilnahme am Glücksspiel in der Steiermark erfolge nicht verbotenerweise, die Terminals, an denen die Spielentscheidung getroffen werde, seien in der Steiermark angemeldet und das Spiel sei erlaubt.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde beziehe sich die Genehmigung zwar nur auf ganz bestimmte Geräte, die in der Steiermark aufgestellt worden seien, der Bescheid oder auch das steirische Gesetz verböten aber nicht diese Geräte via Internet mit anderen Geräten zu verbinden bzw. das Spiel von einem anderen Bundesland aus auszulösen. Es gebe keine Bestimmung in der Steiermark und dies stehe auch nicht in steirischen Bewilligungen, dass eine derartige Vorgangsweise verboten sei.

Nachdem diese Vorgangsweise nicht ausdrücklich verboten sei, sei sie erlaubt, man könne von einem anderen Ort aus die Geräte in der Steiermark bedienen. Da die Mathematik der Spielentscheidung sowie die Mathematik über den Betrieb der Grafik (die Grafikdateien seien am Terminal in Niederösterreich vorhanden) innerhalb von einem Bruchteil einer Sekunde an den Eingabeterminal gesendet würden, handle es sich bei dem Gerät jedenfalls weder um einen Glücksspielautomaten noch ein Videolotterieterminal oder um einen sonstigen Eingriffsgegenstand, weil die Durchführung des Spieles in der Steiermark stattfinde und diese durch landesgesetzliche Genehmigung gedeckt sei.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2011, Zlen. 2011/17/0155 und 0150, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, bereits ausgesprochen, dass für den Fall, dass Spielbestandteile in einem Bundesland, in dem sich der Spieler aufhält (hier: Niederösterreich), stattfinden, die "Auslagerung" von Teilen des Spieles (Positionierung der virtuellen Walzen) in ein anderes Bundesland (hier: Steiermark), die am Aufenthaltsort des Spielers via Internet gesteuert und beobachtet werden, nichts an dem Umstand zu ändern vermag, dass Ausspielungen am Aufenthaltsort des Spielers (hier: Niederösterreich) stattfinden.

Es bestand somit gemäß § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a GSpG der Verdacht, dass die beschwerdeführende Partei im Sinne des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG verbotene Ausspielungen in Niederösterreich unternehmerisch zugänglich gemacht habe.

Selbst wenn daher die Sachverhaltsbehauptungen der Beschwerde zuträfen, wäre für den Standpunkt der beschwerdeführenden Partei nichts gewonnen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 27. Jänner 2012

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